Zusammenarbeit der Deutschen Bahn mit Auskunftei Arvato Infoscore (Update)

Kostenloses WLAN soll künftig zum Standard im Regionalverkehr werden, fordert Verkehrsminister Alexander Dobrindt. CC BY-SA 2.0, via flickr/kaffeeeinstein

Gestern berichtete die tagesschau über einen Datendeal zwischen der Deutschen Bahn und der Auskunftei Arvato Infoscore, einer Bertelsmann-Tochter, der ohne Wissen der Kunden stattgefunden haben soll. Es ging um die Datenweitergabe von Bahn-Kunden bei Vorfällen von Fahrpreisnachzahlungen, die mehr als eine Million mal pro Jahr eingetrieben werden.

Den Vorwurf, Kundendaten bei Fahrkartenkontrollen an Auskunfteien weiterzugeben, versucht die Deutsche Bahn heute zu entkräften. In einer Pressemeldung mit dem Titel „Deutsche Bahn gibt keine Kundendaten weiter“ räumt sie ein, Kundendaten weiterzugeben, nämlich an Arvato Infoscore („Wir minimieren Ihre Zahlungsausfälle“), die als Dienstleister bei Inkassoverfahren beauftragt sind.

Allerdings erfolge diese Auftragsdatenverarbeitung nach den „strengen Vorgaben“ der DB und nach Maßgabe des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), versichert der Konzern. Dabei soll es bleiben:

Aufgrund der bisherigen guten Erfahrungen gibt es für die DB keinen Anlass, an der vertragsgemäßen und datenschutzkonformen Arbeit von Arvato Infoscore zu zweifeln.

Entgegen der Darstellung des SWR, nach der Kundendaten auch für Scoring-Zwecke missbraucht worden sein sollen, gibt die DB an, dass alle von Arvato Infoscore „im Rahmen der Fahrpreisnacherhebung gespeicherten Daten“ ausschließlich zur Abwicklung der Inkasse-Vorgänge erhoben werden.

Arvato Infoscore gehört zu einer Reihe von Unternehmen der Arvato-Gruppe von Bertelsmann, die mit etwa 33.000 Mitarbeitern 3,8 Milliarden Euro Jahresumsatz erwirtschaftet. Arvato Infoscore hat seinen Sitz in Baden-Baden und arbeitet neben dem Geschäftsfeld Inkasso auch im Bereich Kreditscoring, Risikoprüfung und Direktmarketing. Es hat nicht den besten Leumund, in den letzten Jahren wurde immer wieder über ungenaue oder unrichtige Bonitätsauskünfte berichtet.

Aus der Behörde des Landesdatenschutzbeauftragten Baden-Württemberg hört man entsprechend ganz andere Töne, die durchaus Anlass geben könnten, an der Einschätzung der DB zu zweifeln. Denn nach Angaben der Behörde sei jede zweite Beschwerde gegen Arvato Infoscore berechtigt:

Bei Infoscore hat man den Verdacht, dass alles gespeichert wird, was von Dritten reinkommt, oftmals völlig undifferenziert.

Anders als bei der Bahn ist auf der Website von Arvato Infoscore keine Stellungnahme zu finden. Wir haben daher angerufen und um eine Reaktion gebeten. Die wurde uns schriftlich zwar versprochen, traf aber bis jetzt nicht ein. Wir reichen sie natürlich nach, falls wir sie noch bekommen.

Update: Wir haben die Stellungnahme der arvato infoscore GmbH bekommen. Die „falsche Berichterstattung von tagesschau.de“ wird darin zurückgewiesen, und zwar „entschieden“:

Die infoscore Forderungsmanagement GmbH (IFM), ein Tochterunternehmen von arvato Financial Solutions, und die DB Vertrieb arbeiten im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung nach § 11 Bundesdatenschutzgesetz zusammen. IFM arbeitet auf Weisung und nach Vorgaben der DB Vertrieb. Umfang und Inhalt der Bearbeitung sind im Auftragsdatenverarbeitungsvertrag genaustens festgelegt. Sinn und Zweck einer Auftragsdatenverarbeitung ist es, bestimmte – vorab fest definierte – Tätigkeiten für einen Dritten in dessen Namen auszuführen. […]
Die IFM übernimmt von der Deutschen Bahn die debitorische Verwaltung inkl. kaufmännischem Mahnwesen für die Fahrpreisnacherhebung im Namen der Deutschen Bahn. Dies ist ein übliches Vorgehen, das auch weitere namhafte Unternehmen in Anspruch nehmen. Im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes ist die infoscore Forderungsmanagement GmbH als beauftragter Dienstleister nicht als dritte Stelle anzusehen. Alle von der IFM im Rahmen der Fahrpreisnacherhebung gespeicherten Daten werden ausschließlich zur Abwicklung dieser Vorgänge erhoben. Eine Einmeldung an eine Auskunftei erfolgt nicht.

Kürzlich hatte die Deutsche Bahn wegen der Ankündigung der Öffnung einiger ihrer Datensätze in Open-Data-Manier noch Lob geernet, aber vielleicht haben sie das mit „Open Data“ etwas missverstanden.

8 Ergänzungen

  1. Die Aussage von dem zuständigen Landestadenschutzbeauftragten finde ich schon komisch. Wenn die für diese Firma zuständige Dauenschutzaufsichtsbehörde, welche übrigens auch saftige Bußgelder von 30000 Euro je Sachverhalt verhängen kann, den Verdacht hat das bei Infoscore alles gespeichert wird was von Dritten reinkommt warum überprüft sie nicht genau vor Ort ob alles nach dem angeblich so hohen Datenschutz in Deutschland korrekt verarbeitet wird? Wer wenn nicht die zuständige Landesdatenschutzbehörde in Baden-Würtenberg soll es den sonst machen? Hallo Landesdatenschutzbeauftagter des Landes Baden-Würtenberg bitte aufwachen und macht euren Job wofür ihr fürstlich bezahlt werdet. !!!
    Überprüft den Laden Infoscore persönlich vor Ort oder macht eure dubiose Landesdatenschutzbehörde zu!!! Ist ja einfach unglaublich was man hier so liest.

  2. Inkassokosten sowie die Kontoführungsgebühren eines gewerblichen Inkassounternehmens sind vor einen dt. Gericht nicht durchsetzungsfähig.

    Die Beauftragung eines Inkassounternehmens gilt vor Gericht als unnötig, da der Gerichtsweg (gerichtliches Mahnverfahren beim Amtsgericht, Mahnbescheid) als kostengünstige Alternative jedem freisteht. Und das Mahnverfahren kann auch jeder selber durchführen.

    Auszug aus [3]: Lagert eine Firma bewußt die Einziehung von Forderungen, das Forderungsmanagement, an eine Tochtergesellschaft aus, können die Inkassokosten von Ihnen als Schuldner nicht verlangt werden, weil dadurch nur ein künstlicher Schaden erschaffen wird. Ursprünglich hätte das Forderungsmanagement ja auch im eigenen Hause belassen werden können.

    Voraussetzung ist, dass man sich mit seinem Gläubiger direkt in Verbindung setzt, die Einschaltung und die Kostenübernahme eines Inkassobüros ablehnt, und Zahlungen nur an den Gläubiger tätigt. Und dass man das Inkassounternehmen gleichlautend informiert. Bei Bestreitung der Forderung geht man genauso vor.

    Bei Zahlungsverzug sind nur die Kosten zu tragen, die auch bei Bearbeitung im Haus des Gläubigers (Mahnkosten, Zinsen) unter Einhaltung des gerichtlichen Mahnverfahrens entstanden wären. Die darüber hinaus veranschlagten Gebühren, Kosten, Auslagen eines Inkassounternehmens kann man ablehnen.

    Das gilt seit über 40 Jahren.

    [1] http://www.shopbetreiber-blog.de/2013/06/07/verbraucher-inkassokosten-schadensersatz/
    [2] http://www.schuldnerberatung-schickner.de/news/inkassokosten-zulassig-oder-nicht-/
    [3] http://www.recht-hilfreich.de/inkasso-frankfurt/inkasso/inkassokosten-erfolgreich-abwehren-so-gehen-sie-richtig-vor/
    [4] https://www.google.de/search?q=Geb%C3%BChren+Inkassounternehmen&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=F0nCVfGPNYa7swG1xK3IAQ

  3. Eine Fahrpreisnacherhebung i.H.v. 60€ wurde mit 5€ Mahnkosten angemahnt. 4 Wochen später erhält der arabischsprachige Freund eine infoscore-Mahnung über 124,63 !
    Ich habe nun die Basisforderung bei der DB beglichen.

    1. Falsche Karte gekauft für 7,10€ ( richtige Karte kostet 4,65€ ) Kontrolle- ich sei Schwarzfahrer. 60€ Knolle. Nach der Kostenaufforderung kam Infoscore 124,70€. Trotz Anwalt bezahlt. Hab mich an die Medien gewendet…. Ich fahre nie wieder Bahn. Das war das erste und das letzte Mal!!!

  4. Jetzt bekommt der arabischsprachige Freund eine Aufforderung des Inkassobüros, dass er für die Kosten der Inkasso Beauftragung aufkommen müsse. Bei der Kontrolle sei ihm ein Hinweisschreiben ausgehändigt worden، dass bei nicht fristgemäßer Bezahlung ein Inkassobüro beauftragt wird.

    Die Inkassovergütung würde eben als Verzugsschaden gemäß 280 286 BGB vom Schuldner der Vergütung gefordert.

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