Der Kampf um Netzneutralität ist auch in den USA noch nicht ausgefochten, wo eigentlich vergleichsweise klare Regeln herrschen: T-Mobile-USA hat angekündigt, vom 15. November an, ein Zero-Rating für spezielle Partnerdienste einzuführen. Eine unbegrenzte Datenflatrate ohne Drosselung oder Limit soll Video-Dienste wie Netflix, HBO Go, ESPN, Showtime auf die Überholspur im T-Mobile-Netz bringen. Im Gegensatz zum sonstigen Traffic werden diese Anwendungen also nicht auf die monatliche Volumenbegrenzung angerechnet. Das könnte zur ersten großen Herausforderung für die frischgebackenen Netzneutralitätsregeln werden, die von der Federal Communications Commission im Februar beschlossen wurden.
T-Mobile-USA gibt sich in dieser Hinsicht sorglos. Bestimmte Formen von Zero-Rating sind in den USA erlaubt, außerdem soll der neue Dienst „umsonst“ und automatisch für alle T-Mobile-KundInnen angeboten werden. Die Behauptung ist, dadurch entstehte kein unmittelbarer Nachteil für die KundInnen, wie in den neuen FCC-Regeln vorgeschrieben. John Legere, der CEO von T-Mobile-USA, erklärte, dass neue Formen des Datenmanagements die technische Grundlage für dieses Zero-Rating sind.
Was sich für einige VerbraucherInnen erst einmal positiv anhört, ist allerdings hochgradig besorgniserregend. Eine gezielte Bevorzugung von Diensten, die ihre Streams für das T-Mobile-Netz aufbereiten, führt langfristig zu einer Benachteiligung von anderen Anwendungen. Das gefährdet den gleichberechtigten Verkehr von Datenpaketen und unterminiert die Netzneutralität durch die Hintertür. Gleichzeitig versucht T-Mobile-USA durch dieses Angebot den größeren Konkurrenten AT&T und Verizon auf dem umkämpften US-Markt KundInnen abzulocken.
Schon schlau, den Abbau der Netzneutralitaet den Kunden als Geschenk zu verkaufen. Und dann sagt T-Mobile noch „ja die Firmen zahlen uns ja gar nichts“ und „da kann prinzipiell jeder Service mitmachen der sich bei uns meldet, wir bevorteilen hier keinen“. Alles Quatsch. Die Firmen zahlen (momentan) nichts, weil T-Mobile sich auf lange Sicht eh aus der Abschaffung von Netzneutralitaet mehr verspricht als die Firmen an Almosen geben wuerden. Und bevorteilen tut man eindeutig, naemlich Leute, die ueberhaupt im Stande sind, so eine Kooperation mit T-Mobile abzuschliessen. Dafuer muss man sich erstmal identifizieren, man muss bestimmt nen Vertrag unterzeichnen (wofuer man moeglicherweise einen Anwalt haben sollte), etc. pp und somit werden direkt Webseiten und andere Internet-Angebote von Leuten diskriminiert, wo das entweder zu viel Aufwand waere oder gar nicht moeglich. Und Tor-Traffic, VPN-Traffic, Proxy-Traffic, P2P-Traffic… ach, den koennen wir ja dann gleich vergessen. Hups, da gehoert ja dann auch BitTorrent dazu, was ja weithin bekannt ist als mehr oder weniger beliebtestes Internet-Protokoll wenn es um Bandbreite geht. Waer eigentlich ganz schoen fuer T-Mobile, das also direkt mal (unendlich oft mal) teurer als Netflix und Co. zu machen.
Frag mich sowieso wieso Netflix bei sowas mitmacht, von denen haette ich noch gehofft, die setzen sich gegen sowas ein. Naja, jetzt nuetzt es ihnen ja was, da sind dann moralische Bedenken eh vom Tisch.
Wieso Netflix dabei mitmacht?! Netflix hat doch gar keinen Anteil daran, so wie ich es verstehe, denn die Anpassung der Datenraten findet seitens T-Mobile US statt. Vermutlich werden einfach die Datenraten entsprechend limitiert, so dass lediglich maximal 480P für den Nutzer möglich ist, sei denn er stellt „Binge On“ über sein Kundencenter aus und lässt sein Datenvolumen schmelzen.
Zitat: „John Legere, der CEO von T-Mobile-USA, erklärte, dass neue Formen des Datenmanagements die technische Grundlage für dieses Zero-Rating sind.“
„Neue Formen des Datenmanagements“? So ein schwammiges Statement erinnert mich an die quasi freihändige „Ermittlung“ von Schadstoffwerten eines deutschen Automobil-Herstellers, die bei einer Überprüfung bekanntlich nur einen systematischen, mittels Computertechnik begangenen Betrug offenbarten.
Es wäre eine weitere Schande, wenn sich das Statement von T-Mobile als Lüge erweist und damit einmal mehr „Technologie mit deutschem Bezug“ mit Lug und Betrug in Verbindung gebracht wird.
Die Netzneutralität gilt in den USA ausdrücklich nur für das Festnetz. Mobil wird dort anders reguliert, was auch damit zusammen hängt, dass es im Mobil-Bereich einen funktionierenden Wettbewerb aufgrund der konkurrierenden Netze gibt.
Zudem hat T-Mobil in den USA die Rolle des Underdogs. Daher müssen die sich dort mehr einfallen lassen.
Was mich brennend interessieren würde ist die Frage, ob die Streaminganbieter dafür etwas an T-Mobil-USA bezahlen.
Laut den Angaben von TMUS zahlen die Betreiber dafür nichts.
Interessant wäre einmal zu wissen, ob durch die Komprimierung das Datenvolumen im Netz von TMUS effektiv verringert wird, bzw. sich doch effektiv erhöht und ob sich der ARPU (Average Revenue per User) erhöht, da „Binge on“ nur für Verträge ab 3 GB Inklusivvolumen gilt. Die These dahinter ist, dass Binge on eine solche „Sogwirkung“ hat, dass Nutzer Verträge mit höherem Inklusivvolumen abschließen.
Die interessanten Fakten enthält der Artikel leider vor:
– „Binge On“ verringert die Videoauflösung auf 480p („DVD-Qualität“) und somit die benötigte Datenrate
– „Binge On“ ist automatisch bei allen Kunden aktiv, die in ihrem Vertrag 3 GB und mehr Inklusivvolumen zur Verfügung haben
– Nutzer mit weniger als 3 GB Inklusivvolumen können Binge On nicht nutzen
– Bei Nutzern mit unlimitierten Verträgen wird das Tethering (Smartphone als mobiler Hotspot) Datenvolumen bei Nutzung von Diensten, die bei „Binge On“ dabei sind, nicht angebrochen – Ja, bei unlimitierten Verträgen ist das Tethering-Volumen nicht begrenzt.
– Mit Ankündigung von „Binge On“ und gleichzeitiger Verdoppelung der Inklusivvolumina in Neu- und Bestandsverträgen wurden Neuverträge mit unbegrenztem Datenvolumen von 80$ auf 95$ verteuert
– Nutzer können „Binge On“ in ihrem Kundencenter deaktivieren
– YouTube ist momentan aufgrund technischer Probleme wohl nicht dabei: http://blogs.wsj.com/digits/2015/11/12/t-mobiles-problem-with-youtube-whats-a-video-and-whats-not/?mod=rss_Technology
„T-Mobile says the problem is technical. The software it is using to deliver streaming video at lower-definition quality needs to be able to identify the incoming traffic as being video as opposed to, say, photographs or email. It can’t always do that with YouTube. […]“