In unserer Reihe „Mems im Alltag“ präsentieren wir euch im März regelmäßig Mems – neue und alte, interessante und obskure, mal (netz-)politisch, mal quatschig. Zum Anfang wollen wir den Bundestagswahlkampf Revue passieren lassen und euch einige (deutschsprachige) Mems vorstellen, die uns die letzten Wochen vor der Wiederwahl Merkels versüßt haben – oder eben auch nicht.
Was sind Mems überhaupt? Mems werden als kulturelle Informationen verstanden, die sich schlagartig und massenhaft in einer Gesellschaft verbreiten können und sich oft durch Techniken des Remixes als verankerte Zeichensprache äußern. Vom gesenkten, auf der Hand liegenden Kopf der Philosophinnen bis hin zu Grumpy Cat sind diese Phänomene für viele Menschen auf Anhieb nachvollziehbar, bedeutungsaufgeladen oder zumindest bekannt. Sie sind fester Bestandteil der Internetkultur, wohl auch deshalb, weil uns das Internet eine Kommunikationsstruktur ermöglicht, von der die Entstehung und Verbreitung von Mems maßgeblich profitieren.
Die Merkel-Raute ist der hochoffizielle Name (steht sogar bei Wikipedia!!1) einer Körperhaltung Angela Merkels, in der sie sehr regelmäßig vor allem bei öffentlichen Auftritten verweilt. Dabei hält sie ihre Zeigefinger und Daumen vor ihren Bauch, sodass eine Raute gebildet wird. Ende 2012 auf den Grund angesprochen sagte sie, die Raute helfe ihr dabei, eine gerade Rückenhaltung zu haben. Am Anfang mag es auch nur eine Frage der Haltung gewesen sein, mittlerweile ist die Raute aber fester Bestandteil der Politikerin Merkel, ihre Corporate Identity und nicht selten sehen Feuilletonistinnen in der Raute DAS Symbol für die gesamte bundesdeutsche Politik.
Aber die Verknüpfung mit einer Person in der Öffentlichkeit macht noch kein Mem. Die stete mediale Berichterstattung und nicht zuletzt der genaue Blick vieler Karikaturistinnen, Fotografinnen und Kamerafrauen haben den Prozess ziemlich erleichtert, und irgendwann auch in der eigenen Partei von Merkel dazu geführt, dass ein Bewusstsein für die Handbewegungen ihrer Kanzlerin entstanden ist. Eine besonders süffisant kommentierte Adaption des Mems, welche im Wahlkampf nichtsdestotrotz eine große Verbreitung gefunden hatte, stammt aus dem Hause der Jungen Union. Auf Plakaten und T-Shirts thronte eine Vektorgrafik der Raute, und darunter ein “Cool bleiben und Kanzlerin wählen“. Damit kombinierte die Kaderschmiede der Unionsparteien nicht nur das alte britische Propagandaplakat (welches selber erst 2000 wieder entdeckt wurde) und später zum Mem gemachte „Keep Calm and Carry On“, sondern sie praktizierten auch echte Remix-Kultur – auch wenn sich hier wieder zeigt, dass Praxis und politisches Wirken hin zu einer echten Urheberinnenrechtsreform noch etwas weit auseinander liegen.
Auch die CDU war sich im Wahlkampf der Symbolkraft der Raute bewusst geworden und deshalb fertigten sie ein riesiges 140m² großes Plakat einer Rauten-Collage an und hingen es direkt neben dem Hauptausgang des Berliner Hauptbahnhofes auf. Nicht nur wird diese überdimensionierte Demonstration der inhaltlichen Vielfältigkeit der Unionsparteien noch Politik- wie Kunstwissenschaftlerinnen noch über viele Jahre beschäftigen, sie ist darüber hinaus der Moment, in dem eine einfache Handgeste endgültig in der politischen und kulturellen Bildsprache unserer Gesellschaft zementiert wurde. JedeR kennt die Raute und fast jedeR macht die Raute – auch ausländische Politikerinnen.
Und dies rief das Internet auf den Plan. Plötzlich thronten über der Merkel-Raute Mr. Burns, Darth Vader, Faultiere oder Mario Sixtus. Blogs wie merkelraute.tumblr sammelten und archivierten die neu hinzugekommenen Variationen des CDU-Plakates – und trugen damit massiv zu dessen Bekanntwerden bei. Natürlich waren viele Beiträge belustigend und ironisch, aber nicht selten äußerte sich in diesen Bildern eine klare Kritik an Angela Merkel, ihrer Partei und dem Politikstil, den sie verkörperte.
Egal ob diese Raute dazu diene, eine gesündere Rückenhaltung zu ermöglichen, das Ergebnis einer umfangreichen spirituellen Beratung sei oder gar ein archaisches Fruchtbarkeitssymbol darstellen sollte, die Merkel-Raute ist Merkels Symbol. Sie ist zum selbstverständlichen Erkennungszeichen der Bundeskanzlerin geworden. Zu Merkels Mem, welches über die Grenzen ihrer Politik hinaus in den Köpfen der Menschen untrennbar mit ihr verbunden bleiben wird. Wenigstens etwas.
*Klugscheissermodus*
Gen -> Gene
=>
Mem -> Meme
*/Klugscheissermodus*
Hier darf aber „superglue“ nicht fehlen: http://www.gigaviral.com/images/original/superglue_1330605099.jpg
Und hier noch ne merkelsche Raute, die ihr vergessen habt; gefunden auf reddit (irgendwo).
http://imgur.com/UTiRn1l
Die Kontur hat was vom Superman-Logo :)
Also entweder „Meme“ oder memes. Da Ihr auf Deutsch schreibt, würde ich das erste empfehlen. „mems“ ist in jedem Fall Blödsinn.
Meme sind übrigens viel mehr als verbreitete Symbole oder Internet-Hypes. Viel mehr sind es die kleinsten Bewusstseinseinheiten in Kommunikationsprozessen. Am Besten konnte das immer noch Vera F. Birkenbihl erklären:
http://www.youtube.com/watch?v=XY60DBP4UQk
Susan Black erklärt es auch ziemlich gut:
http://www.ted.com/talks/susan_blackmore_on_memes_and_temes
Und, ja, »Mems«: Aua! Ehrlich. Lässt mich doch glatt an meiner Netzpolitik-Spende zweifeln, so weh tut das.
bitte bitte „Meme im Alltag“ oder englisch „Memes im Alltag“ bitte bitte bitte. Und ja, worüber ihr schreibt sind eigentlich nicht Meme allgemein, sondern Internet-Meme, wie nk schon schrieb.
Wie wär’s mit „Internet-Phänomeme im Alltag“?
Moin!
Da Mem noch kein etablierter Begriff ist und zum Beispiel noch nicht im Duden steht sind für mich sowohl „Memes“ wie auch „Mems“ beides legitime Pluralformen von „Mem“ sind. Klar ist „Memes“ im Englischen die akzeptierte Form, in der deutschen Sprache bin ich mir da aber nicht wirklich sicher. Die Form „Mems“ ist zum Beispiel in Aussprache wie Gebrauch in meiner Filterblase sehr verbreitet. Ich bin doch etwas verwundert, dass Unstimmigkeiten über den Plural eines recht jungen Wortes so sehr die Gemüter erhitzen können. ;-)
Ich würde mich aber damit schwer tun, Mem(e)s als „Internet-Phänomene“ zu umschreiben bzw. zwischen einem „Real-Mem“ und einem „Internet-Mem“ zu unterscheiden, da die Grenzziehung auch aus kulturwissenschaftlicher Sicht immer schwieriger wird und wir ja zum Beispiel bei den ACTA-Demos gesehen haben, dass sich Mem(e)s aus dem Internet sehr schnell in analoge Demofolklore hinein pflanzen können. Internet-Phänomene sind nichts anderes mehr als Kultur-Phänomene, nur ihre Entstehungs- und Verbreitungswege sind näher bestimmbar.
Moin.
Einhellig beziehen sich allerdings alle Quellen auf den Begriff Gen als Wortschablone für die Bezeichnung Mem. Ich denke man darf getrost davon ausgehen, dass sich demzufolge auch die entsprechende Pluralform im Deutschen etablieren wird. Gerade auch, weil die -s-Form eben nicht mal mit dem engl. Plural übereinstimmt.
Hinreichend:
„meme“ 79.100.000/ 69,900,000 [en] Ergebnisse
„memes“ 47.500.000/47,500,000 [en]
„mems“ 5.130.000/4,560,000 [en] Ergebnisse
Was an Dawkins Idee an dir verloren gegangen ist, ist das eine Mem, um zu bestehen, so wie eine Gene, auch seine FORM behält. Da, auf deutsch, das s nur nach Vokalen benutzt wird und genau dies auch ein Mem ist, erwartet man Meme oder memes. Verlangt das Gehör förmlich danach. It’s that low a level.
Sonst, zum Konsens im Netz:
Wikipedia: Mem, Meme
Wiktionary: Mem, Plural: Me·me
Leo: Mem, Meme
Wo immer ich auch hinsehe finde ich eine, wie von deutsch zu erwarten ist, Deklination, tja, wie bei Gen. Einige Beispiele (mehr oder weniger einer der reihe nach):
http://www.heise.de/tp/artikel/2/2081/1.html
http://www.bertramkoehler.de/memetik.htm
http://www.wissenschaft-online.de/page/fe_seiten?article_id=585272&skip=1
http://dbpedia.org/page/Meme
http://www.zeit.de/digital/internet/2010-05/twitter-mem-studie/seite-2
http://www.pm-magazin.de/a/meme-der-code-unserer-kultur
etc., etc. Obwohl ich Kanadier bin (zwar mit german as my mother tongue) hört sich Mems schrecklich an. Like castrated memes. Certainly not like GERMAN.
Na, ja. Reconstruct my search query. Auf jedem Fall habe ich nirgendwo Mems gefunden. Sogar der neuste Beitrag auf NP unterscheidet sich. Aber die Grammatik hier ist auch nicht Konsistent.
Ah, und sehr hilfreich ‚den Konsens‘ zu sehen:
http://www.linguee.com/english-german/search?source=german&query=Meme