Das WWW wird 25! Tim Berners-Lee will eine Internet-Verfassung

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Heute ist nicht nur Welttag gegen Internetzensur, sondern auch der 25. Geburtstag des World Wide Web. Am 12. März 1989 präsentierte Tim Berners-Lee, damals Informatiker am Kernforschungszentrum CERN, seinem Chef die Idee von einem Informationsaustausch- und Verwaltungssystem für Forscher. Seitdem ist vieles passiert. Das „Internet“ wird oftmals synonym für das World Wide Web genannt, auch wenn letzteres genaugenommen nur aus den verbundenen Websites besteht, die wir über das http(s)-Protokoll anrufen können. Dieses Netz ist größer geworden und aus der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Aber neben aller Euphorie gibt es auch Probleme. Tim Berners-Lee hat zum heutigen Anlass mit The Guardian geredet und einige davon adressiert.

Regierungen und Unternehmen greifen das Netz in seiner ursprünglichen offenen und neutralen Art an. Ohne diese Eigenschaften könne es keine offenen Regierungen, keine funktionierende Demokratie, keine gute Gesundheitsversorgung, keine verbundenen Communities und keine kulturelle Vielfalt geben. Er kritisiert die NSA und GCHQ dafür, Verschlüsselungsstandards zu kompromittieren und damit Möglichkeiten, sich frei und anonym im Netz zu bewegen, zu unterlaufen.

Es brauche auch neue Prinzipien bei der Rechtsprechung über Copyright und ein größeres Bewusstsein für ethische Aspekte bei Technologien. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Firmen das Internet für kommerzielle Zwecke ausnutzen. Die Kontrolle des Internets müsse dezentralisiert werden. Zum Beispiel im Fall der Internet Assigned Numbers Authority (IANA), die für die Zuordnung von IP-Adressen zuständig ist und weitgehend in den Händen des US-Handelsministeriums liegt.

Berners-Lee zählt nicht nur die Probleme auf, er schlägt auch einen Lösungsweg vor:

We need a global constitution – a bill of rights.

Eine neue Magna Charta für das Internetzeitalter soll dabei helfen, Richtlinien festzulegen und diese gegenüber Regierungen, öffentlichen Einrichtungen und Privatunternehmen durchzusetzen. Seine Vorstellung treibt auch die „Web We Want“-Kampagne an, die dazu verhelfen will, in jedem Land einen Rechtekatalog für das Internet zu erstellen. Das alles ist seiner Meinung nach unerlässlich, damit das Internet nicht von einem Instrument der Freiheit zu einem Werkzeug der Überwachung und Freiheitsbeschneidung wird.

[…] take the web back into our own hands and define the web we want for the next 25 years.

Auch die Digitale Gesellschaft hat den 25. Geburtstag des WWW genutzt, um über die Chancen und Gefahren nachzudenken. Sie hat ähnliche Kritikpunkte wie Tim Berners-Lee gefunden und sieht die Errungenschaften des Internets durch Angriffe auf die Netzneutralität, anlasslose Massenüberwachung und ein unzeitgemäßes Urheberrecht in Gefahr.

4 Ergänzungen

  1. Die Analogie mit der Magna Charta ist natürlich völlig misslungen – wer ist der König des Internets, der diese Erklärung unterzeichnen soll?

    Ähnlich halbgar die Mädels und Jungs der „Web We Want“-Kampagne die immer noch nicht verstanden haben, dass eine Verfassung im Kern eine Handlungsvollmacht ist, die anderen ermöglicht, in unserem Namen zu sprechen und zu wirken. Wollen wir das? Ich jedenfalls nicht.

    1. Vorher hatten wir den Wilden Westen. Das war so lange schön, bis wir feststellen mussten dass die andere Gang mehr Geld hat, und dabei ist das Internet für sich zu beanspruchen.
      Mir ist Anarchie im Netz auch lieber, aber die Option haben wir nicht mehr. Die Wahl liegt jetzt irgendwo zwischen Demokratie und Diktatur, und wenn wir nicht bei der Verhandlung dabei sind, läuft die Entscheidung auf Diktatur hinaus.

      1. Die Analogie mit dem Wilden Westen ist auch unzutreffend. Sie vermittelt unterschwellig den Eindruck, das Internet wäre eine beschränkte Ressource wie Land und andere würden diese Ressource durch die Nutzung in Besitz nehmen. Viele, auch ich, nutzen das Internet, das hindert doch niemanden das Internet auch zu beanspruchen. Willst Du ernsthaft Zugangsbeschränkungen für die Internetnutzung?

        Mir ist Anarchie im Netz auch lieber, aber die Option haben wir nicht mehr.Wieso? Die nötige Normierung der Transportprotokolle funktioniert per RFC hervorragend, da brauchen wir keine Behörde, die dies per Verordnung regelt. Für den Betrieb von erforderlichen Datenbanken haben wir bereits Handlungsvollmachten an Dienstleister wie die oben zitierte IANA vergeben. Wer soll nun per Magna Carta eine Generalvollmacht bekommen, und zu welchem Zweck?
        Die Wahl liegt jetzt irgendwo zwischen Demokratie und Diktatur, und wenn wir nicht bei der Verhandlung dabei sind, läuft die Entscheidung auf Diktatur hinaus.Welche Verhandlung meinst Du denn hier? Über was wird verhandelt? Wer hat wen dazu legitimiert?

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