Nachdem Glenn Greenwald und ich uns in der J&N Folge über das American Empire, seelenlose politische Führer und die Macht der Überwachung unterhalten haben, nahm sich Glenn danach noch ein bisschen Zeit um noch ein paar naive Fragen von euch zu beantworten (Deutsche und englische Untertitel sind verfügbar)…
Wer lieber liest, hier die deutsche Übersetzung:
Wir fangen an mit einer Frage von Stefan. Er fragt: „Welche Erfahrungen hast du mit Rucksäcken?“ Kannst du einen Rucksack empfehlen?
Tatsächlich habe ich meinen Rucksack so lange ständig mit mir herum getragen, dass ich mir alle sechs Wochen einen anderen Rucksack gekauft habe, weil sie extrem verlottert, dreckig und schrecklich wurden. Daher weiß ich nicht. Ich habe mir einfach irgendwelche schwarzen gekauft und kann in dieser Sache nicht weiterhelfen.
Es gibt also noch keinen perfekten?
Nein, ich habe ihn noch nicht gefunden.
Hans: „Ist Edward Snowden in Moskau sicher?“
Ich denke er ist in Moskau sicherer als irgendwo sonst. Er kann sich frei bewegen ohne häufig erkannt zu werden. Er sieht jetzt tatsächlich etwas anders aus als in dem Video, aus dem ihn die meisten Leute kennen. Er sieht jetzt irgendwie aus wie der Junge aus Idaho, der von seinen Eltern auf eine Art Austauschprogramm geschickt wurde, die ihn sehr besorgt zum ersten Mal in ein fremdes Land schicken. Und er sieht keinesfalls ungewöhnlich aus und taucht in der Masse unter. Es steht ihm frei sich an der Debatte zu beteiligen, die er losgetreten hat. Also ja, ich denke er ist an einem guten Ort.
Ich habe gehört, dass du gesagt hast, dass er tatsächlich ein der glücklichsten Menschen ist, die du kennst. Woher kommt das?
Oh ja, daran gibt es keinen Zweifel. Ich meine mit unseren üblichen Metriken, mit denen wir das Glück anderer Menschen messen, oder diese irgendwie oberflächlichen Faktoren wie was du verdienst und welchen Job du hast, du weißt schon, all diese Dinge die er bewusst opferte. Aber eine viel größeren Rückschluss auf das Glück bekommt man davon, wie du dich selbst bewertest. Wie dein Gewissen dein Handeln beurteilt. Du weißt schon, er kann sich jede Nacht auf seinem Kissen ausruhen in der Gewissheit, dass er sehr bedeutsame selbstlose Taten vollbracht hat, um seine Prinzipien zu verteidigen und die Werte an die er nach eigenem Bekunden glaubt. Es gibt sehr wenige Menschen, die das von sich sagen können. Und das bringt einen tiefe innere Befriedigung und Frieden mit sich, dessen Ausstrahlung man fast sehen kann, wenn man mit ihm redet.
Jan möchte wissen: „Was denkst du, wie würden die US, deine Regierung, reagieren, falls Deutschland Edward Asyl gewähren würde?“
Ich denke sie wären wütend. Ich denke sie würden mit den Füßen aufstampfen. Ich denke sie würden ein paar symbolische Vergeltungsmaßnahmen ergreifen. Aber was kann die Regierung der Vereinigen Staaten Deutschland antun, dass von Bedeutung wäre oder eine dauerhafte Sanktion? Ich denke eigentlich nichts. Die Beziehung ist zu gegenseitig. Ich denke die USA brauchen Deutschland genau so wie Deutschland die USA braucht. Daher denke ich, dass politisches Führungspersonal sehr häufig darin übertreiben wie die Vereinigen Staaten sie bestrafen werden, als Vorwand für ihre Unterwürfigkeit. Als eine Möglichkeit jede klare Position zu vermeiden. Sie benutzen die Vereinigten Staaten fast wie einen Knüppel, der über den Köpfen der Bevölkerung schwebt. Der besagt, dass wir leider nicht tun können, worum ihr uns bittet, weil dieses große mächtige Regime auf uns wütend wäre und uns bestrafen würde und ihr die Leidtragenden davon wärd.
Wie ein transatlantisches Stockholm-Syndrom.
Ja, ja, so ähnlich. Ich denke es gibt eine Art vorsätzliche Instrumentalisierung dessen, von dem die Herrschenden profitieren.
Ich habe einmal Sigmar Gabriel, den Vizekanzler gefragt „Was würde passieren, wenn wir ihm Asyl gäben?“ und er antwortete „Nun, hast du gesehen, was mit dem Präsidenten Boliviens passiert ist?“
Genau, Bolivien ist nicht Deutschland. Das ist ein ganz wichtiger Unterschied.
Ok, noch einer. Daphne fragt „Ist Kapitalismus oder Überwachung die größte Gefahr für die freie Presse?“
Die stehen in einer engen Beziehung. Ich denke einer der größten Aspekte der Überwachung ist die riesige Gewinnerwartung durch die Unterhaltung eines solchen Systems. Darüber hinaus glaube ich, dass einer der Hauptgründe dafür, diesen Überwachungsstaat zu errichten der ist, dass die Eliten in den Vereinigten Staaten diese Art der Instabilität fürchten, die sie andernorts gesehen haben, die von der extremen Einkommensungleichheit herrührt. Und Überwachung ist eine Form es zu kontrollieren. Es ist ein Mittel um die Macht zu festigen. Daher denke ich, dass du Kapitalismus und Überwachung nicht trennen kannst. Der Überwachungsstaat ist ein kapitalistischer Staat. 70% des Budgets der NSA geht an Privatunternehmen. Das ist ein sehr privatisierter…
Arbeitsplatz-Schaffer!
Ja genau. Die Arbeitsplatz-Schaffer sind diejenigen die den Überwachungsstaat unterhalten. Es ist nur dem Namen nach der Regierung unterstellt, aber ich Wirklichkeit ist es ein privatisiertes, ausgegliedertes System.
Und hast du aufgehört…
Ist das die letzte Frage? Hast du eine Anschlussfrage?
Nein, die letzte. Wann hast du aufgehört naiv zu sein?
Ich glaube als ich angefangen habe über Politik zu schreiben war ich schon ziemlich naiv. Ich habe nicht viel auf die politischen Debatten geachtet. Ich habe einfach nur die New York Times und ein paar politische Magazine gelesen, von denen ich glaubte, dass intelligente Menschen sie lesen würden, um sich über die Welt zu informieren. Und ein Grund weswegen ich so ein aggressiver Medienkritiker wurde ist, weil ich die Sachen geglaubt habe, die sie gesagt und ich gelesen habe. Ich dachte, dass diese Institutionen die Rahmenhandlung wiedergeben. Und dann musste ich feststellen, dass es nur so in Propaganda und Täuschungen ersoffen ist und ich musste alle meine Vorstellungen über die Weltpolitik über Bord werfen und sie von Grund auf neu erzeugen.
Denkst du, dass du sie beleidigst wenn du sie kritisierst? Denn selbst wenn du in Deutschland bist und das System kritisierst dann fühlen sie sich beleidigt.
Ja klar, deswegen waren so viele Journalisten so schlecht auf mein Buch zu sprechen, weil das letzte Kapitel eine Verdammung der Medien ist, denen sie angehören. Also, ich muss los.
Ok.
Vielen Dank.
Schön, dass meine Frage beantwortet wurde, auch wenn ich sie nicht gestellt habe :)
Also diese Gleichsetzung halte ich für sehr gewagt. Vor allem, wenn man an Russland, China oder die ehemalige DDR denkt.
Auch dort gelten kapitalistische Prinzipien.