In einer schriftlichen Anfrage hatte sich Die Linke an die Bundesregierung gewandt und wollte zum Beispiel die Position der Regierung in Bezug auf die Ausdehnung der Fluggastdaten-Überwachung auf Bahnreisen erfahren. Die Regierung antwortet ausweichend, es bleiben viele Fragen offen und neue Fragen stellen sich.
Nachdem DER SPIEGEL Ende letzten Jahres über die Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten berichtete stellte die Fraktion Die Linke eine kritische Anfrage an die Bundesregierung, deren Antwort (.pdf) nun vorliegt.
Auf die Frage, welche Position die Bundesregierung bei der Diskussion im Rat eingenommen hat, erfahren wir:
Deutschland hat sich beim Rat der Justiz- und Innenminister im April 2012 einer Wortmeldung enthalten, weil innerhalb der Bundesregierung noch gegen mehrere Regelungen des RL-Vorschlags (Anm.: Richtlinien-Entwurf der Kommission) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erhebliche Bedenken bestanden, vor allem bezüglich der Ausweitung des RL-Entwurfs auf innereuropäische Flüge, der fünfjährigen Gesamtspeicherdauer und der Ausdehnung der Nutzung des unmaskierten Datensatzes auf zwei Jahre.
Das verblüfft: Gerade wenn Bedenken bestehen, sollten diese doch vorgetragen werden! Zwar verweist die Bundesregierung auch auf ihre „kritische“ Haltung, die sie zuvor im Rat kundgetan hat, im April 2012 vor der Abstimmung blieb sie aber stumm. Das die Bundesregierung in diesem Fall schweigt ist nicht nur peinlich sondern hochgefährlich. Denn der Rat hat am 26. April 2012 der Vorratsdatenspeicherung von Fluggasdaten mehrheitlich zugestimmt.
Auch sind die Stimmen der Hardliner keinesfalls verstummt, die noch immer eine Ausweitung der neuerlichen Vorratsdatenspeicherung fordern und „andere Verkehrsmittel“, wie zum Beispiel Züge, überwachen wollen. Angesprochen auf die drohende Total-Überwachung des Reiseverkehrs meint die Bundesregierung nur lapidar:
Eine Erfassung von europäischen Schiffs- und Bahnreisenden ist weder im RL-Entwurf der Kommission vom 2. Februar 2011 vorgesehen noch in dem RL-Entwurf, der dem Rat am 26. April 2012 vorlag. Auch seitens der Bundesregierung wurden keine entsprechenden Forderungen vorgetragen. Darüber hinaus bestand für die Bundesregierung bisher kein Anlass, sich zu dieser Frage zu positionieren.
Das erschreckt insbesondere vor dem Hintergrund, dass jene Forderung nach einer Ausdehnung des EU-PNR keineswegs neu sind. Warum die Bundesregierung keinen Anlass sieht, sich zu positionieren, erscheint daher höchst befremdlich. In der folgende Antwort gibt die Regierung zu Protokoll:
Ungeachtet dessen hat sich die Bundesregierung in den zuständigen Ratsgremien für datenschutzrechtliche Verbesserungen des RL-Entwurfs eingesetzt und sich insbesondere unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten mit bestimmten ergänzenden Vorschlägen anderer Mitgliedstaaten kritisch auseinandergesetzt (…)
Das ist zwar durchaus löblich, warum die Bundesregierung allerdings dann die Frage nach der Ausdehnung auf den Bahnverkehr völlig außer Acht ließ bleibt unverständlich.
Was bleibt sind viele offene Fragen: Warum befasst sich Deutschland nicht mit der drohenden Total-Überwachung des Reiseverkehrs? Warum bezieht Deutschland keine klare Position und warum spricht sich Deutschland nicht deutlich gegen diese offensichtlich rechtswidrige und völlig unverhältnismäßige Maßnahme aus?
In der EU wird die Total-Überwachung des Reiseverkehrs diskutiert, während die Bundesregierung keinen klaren Weg findet. Deutschland weicht dem Problem auf Kosten der Bürgerrechte aus. Dieses Verhalten ist nicht zu akzeptieren, Deutschland muss in dieser Frage umgehend zeigen, dass von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten gelernt hat und sich unmissverständlich gegen das EU-PNR sowie etwaige Ausweitungen aussprechen.
Übrigens: Die Position des Rates ist scheinbar furchtbar geheim. Das Dokument ist nicht öffentlich verfügbar. Hier könnt ihr einen Antrag bei Rat auf Veröffentlichung stellen. Einfach die Dokumentennummer (8448/2/12) eintragen und ab geht die Post.
Crosspost von nopnr.org
http://database.statewatch.org/article.asp?aid=31446
Danke für den Link – eine Dok-Anfrage beim Rat ist dennoch wichtig. Es kann ja wohl nicht sein, dass sowas als geheim eingestuft wird!
Stimmt! Aber anstatt einzelne Anfragen zu machen muss die Access to Documents Reg endlich geändert werden. Was nicht sein kann ist das der Zugang zu Ratsdokumenten reiner Selbstzweck ist. Es muss der oeffentlichen Meinungsbildung dienen. Das waere eine nützliche EU Buergerinitiative.
Da hat sich ein Fehler eingeschlichen. Bei „Darüber hinaus bestand für die Bundesregierung bisher kein Anlass, sich zu dieser Frage zu positionieren.“ muss es heißen: Darüber hinaus bestand für die Bundesregierung bisher kein Anlass, sich zu dieser Frage zu positionieren, insbesondere da im September Bundestagswahlen stattfinden.