Gastbeitrag von Martin Husovec, Jurist beim Think-Thank EISi. EISi kämpft unter anderem gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem slowakischen Verfassungsgericht. Martin befasst sich mit der Überschneidung von Technologien, Recht & Informationsgesellschaft.
Im letzten Monat hat das slowakische Gericht Bratislava I in einem Wettbewerbsstreit zwischen zwei Zugangsprovidern dem Internetanbieter UPC eine Verletzung der Netzneutralität untersagt.
Die Streitigkeit fing bereits im Mai diesen Jahres an, als UPC die IP-Fernsehdienste (IPTV) von Antik für seine Kunden blockierte. Infolgedessen hatten UPCs Internetkunden mit ihren Set-Top-Boxen keinen Zugang mehr zu Diensten von Antik und mussten plötzlich nach einer Alternative zu Antik-IPTV suchen. Diese Alternative bietet zufälligerweise UPC selbst – und zwar Digital-TV (UPC und Antik sind beide Internetprovider, aber bieten gleichzeitig auch Dienste zu TV-Übertragung an).
Als dieses Problem publik wurde, hat der slowakische Think-Thank EISi ein kurzes Gutachten zu Frage der Netzneutralität nach bestehendem Recht veröffentlicht. Die Geschäftspraktiken von UPC hat EISi als “höchstwahrscheinlich rechtswidrig“ bezeichnet, weil sie möglicherweise gegen das Slowakische Lauterkeitsrecht verstoßen. Die Argumente galten sowohl für die Business-to-Business-Beziehung (B2B) als auch das Verhältnis von Betreiber und Kunden (B2C).
Im B2B-Bereich sei die Geschäftspraktik rechtswidrig, da UPC sich mit einer solchen Blockierung von Konkurrenz einen wesentlichen und unzulässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber Antik verschafft habe. Im B2C Verhältnis sei die Geschäftspraktik unzulässig, weil eine solche Blockierung für Dienste die als “Internet-Flatrate“ gezeichnet ist, irreführend sei (laut Transparenzargument nach Artikel 6 Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken). Und noch wichtiger, weil sie künstlich mit technischen Mitteln den Entscheidungspielraum der Verbaucher beschneide, was als wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers nach Artikel 2(e) und Art. 5 Richtlinie 2005/29/EG unzulässig ist.
Antik hatte inzwischen Anklage gegen UPC erhoben. Die Argumente basieren auf dem Gutachten, das von EISi erstellt wurde. Letzten Monat hat das Gericht Bratislava I. in erster Instanz eine einstweilige Verfügung gegen UPC erlassen. UPC darf nun die IPTV-Dienste von Antik bis Ende des Verfahrens nicht mehr blockieren oder drosseln. UPC hatte zunächst Berufung einlegt, aber sie danach wieder zurückgenommen. Die einstweilige Verfügung ist damit rechtskräftig und Antik muss jetzt die Klage im Hauptverfahren vorlegen.
Der Think-Thank EISi hat bereits angekündigt als Nebenkläger die Rechte der Verbraucher im Verfahren zu verteidigen. Falls Zweifel an der Interpretation von europäischem Recht bestehen bleiben, könnte der Fall auch beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg landen.
Der ausführliche Bericht in Englisch findet sich hier.
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