EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat eine Überprüfung des Safe Harbor-Abkommens mit den USA angekündigt. Auf dieser Grundlage sind derzeit Datentransfers in die USA erlaubt, obwohl dort schwächere Datenschutzgesetze herrschen. Schon 2010 kam das Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein zu dem Schluss, dass Safe Harbor sofort zu kündigen sei. Nach den NSA-Enthüllungen ist die von Reding angekündigte Überprüfung wohl das Mindeste.
In Redings Fahrwasser behauptet unser Innenminister unterdessen, dass er das Abkommen „nachschärfen“ will. Das ist mal wieder eine Bankrotterklärung im Voraus. Friedrich will laut eigenen Aussagen lediglich Transparenz („Datensouveränität“) für User und findet geheimdienstliche Verarbeitung von Daten (aka die Komplettüberwachung der Menschheit) rechtens. Eine „Nachschärfung“ des Safe Harbor-Abkommens soll und kann also nichts ändern, denn Datenübermittlung in die USA ist okay, weil ist ja alles verfassungskonform.
Übrigens: In den Verhandlungen zur EU-Datenschutzreform gab Deutschland – laut geleakten Verhandlungsdokumenten aus dem Juni – zu, dass die geltenden Angemessenheitsbestimmungen (wie Safe Harbor) in der Tat ausgehöhlt sind. Das hatte ich bereits gestern beschrieben. Konsequenz? Angemessenheitsbestimmungen sind eh Quatsch. Lieber wolle man sogenannte Binding Corporate Rules, d.h. lediglich unternehmensweit geltende Richtlinien, machen. So muss man nicht an den unbequemen Verhandlungstisch mit den amerikanischen Freunden.
Was heißt das nun? Im Innenministerium gibt es keinen politischen Willen, wirklich an Safe Harbor zu rütteln. Weder in Friedrichs Rhetorik, noch in den Verhandlungen zur EU-Datenschutzreform. Wie groß der Wille in der EU-Kommission ist, muss sich auch erst zeigen. Reding ist nicht immer repräsentativ für die Kommission und eine Überprüfung ist noch keine Neuverhandlung oder gar Aufkündigung.
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