Etwa um diese Zeit wird am kommenden Sonntag, den 6. Mai, der neue Präsident Frankreichs feststehen. @FHollande (Sozialistische Partei), der Politiker mit den meisten Followern in ganz Frankreich, liegt laut Umfragen knapp vorne. Derweil ist @NicolasSarkozy zu allem bereit, um im Amt zu bleiben und wirbt mit rechter Rhetorik um die 17,9% der Wähler, die im ersten Wahldurchgang für die rechtsradikale Front National stimmten.
Viele Franzosen fanden die diesjährige Kampagne ziemlich unspannend und vom netzpolitischen Programm der Kandidaten hat man so gut wie nichts gehört. Hier nun ein kleiner Überblick.
Die Kandidaten
Lange wußte Hollande nicht so ganz, was er mit Hadopi anfangen soll. Seine Meinung zum Three-Stikes-Gesetz, das eine Internetzugangssperre für diejenigen vorsieht, die wiederholt bei Urberrechtsverletzungen im Netz erwischt werden, hat er mehrmals geändert.Erst hörte man im letzten Jahr von ihm, dass Hadopi weg muss, dann im Herbst irgendwie doch nicht und nun im Januar 2012 hieß es, diesmal wirklich ganz ganz sicher, dass er das “veraltete” Hadopi abschaffen will. Sollte er gewählt werden, möchte er ein generelles Umdenken: Vorhang auf für den “zweiten Akt der exception culturelle française (französische kulturelle Ausnahme)”. Eine Kulturflatrate möchte er zwar auch nicht, ist aber bereit, über Verwertungsgesellschaften, die Förderung des legalen Angebots und neue Finanzierungsmodelle nachzudenken.
Sarkozy geht in Sachen Urheberrecht natürlich in eine ganz andere Richtung und möchte repressive Maßnahmen auch auf andere Wirtschaftszweige im Netz ausgeweiten. Nicht nur Internetzugangsanbieter sollen in Zukunft zum Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen beitragen, sondern auch Zahlungs-, Werbedienste und Suchmaschinen sollten sich beteiligen. Sarkozy fordert zudem, dass jede Person, die terroristische oder zu Gewalt aufrufende Webseiten besucht, bestraft wird. Wie dies technisch durchgesetzt werden soll, ist unklar.
Zum Datenschutz findet man im Programm von Sarkozy rein gar nichts. Auch bei Hollande sieht es dort ein wenig mager aus: Zumindest will er einen sogenannten “habeas corpus numérique” einzuführen, der die digitalen Rechte und Freiheiten garantieren soll. Er fordert zudem, dass das Parlament zukünftig über polizeiliche Datenbanken entscheiden soll und will für Bürger das Recht auf Zugang zu ihren Kriminalakten schaffen.
Beide Kandidaten sind sich jedoch einig, dass freie Software in der Wirtschaft eine wichtige Rolle spielt und möchten die Entwicklung und Nutzung fördern. Beide erklären auch, wie wichtig offene Daten sind und preisen die Chancen der Interoperabilität und offenen Standards. Während Hollande sich jedoch gegen Softwarepatente ausspricht, will Sarkozy für sie freie Bahn.
Beim Thema Netzneutralität gibt es zwei verschiedene Definitionen. Beide sind zwar der Meinung, dass dieses Prinzip geschützt werden muss. Für Sarkozy ist die Netzneutralität bereits mit der Umsetzung des Telekom-Pakets genügend gesichert ist – er findet nicht, dass Zugangserschwerungen oder Internetsperren dem irgendwie widersprechen. Hollande ist klar gegen jegliche Diskriminierung und Einschränkungen im Netz, möchte aber ebenfalls keine zusätzliche gesetzliche Verankerung der Netzneutralität (denn Frankreich sollte sich nicht isolieren) und baut daher auf erhöhte Transparenz der Netzmanagement-Praktiken der Netzanbieter.
Die Franzosen
Am letzten Sonntag gab es in meiner französischsprachigen Timeline viel über Flans, Tomaten, dem Wetter, Schuhgrößen, rotem Käse und ungarischem Wein zu lesen und nette Bildchen anzuschauen. Die Franzosen sind recht kreativ geworden, das gesetzliche Verbot zu umgehen, am Wahltag Hochrechnungen vor dem offiziellen Termin zu kommunizieren – indem verschlüsselt getwittert und der hashtag #radiolondres benutzt wird. Auch am nächsten Sonntag darf vor 20:00 Uhr darf der Gewinner nicht bekannt gegeben werden, denn dies könnte noch die Spätwähler beeinflussen. Journalisten und Blogger kritisierten das Gesetz als nicht mehr zeitgemäß und erklärten, es verletze die Presse- und Meinungsfreiheit.
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