Geheimes Gutachten zu Open Source auch in Freiburg

Nachdem sich die Stadtverwaltung in Helsinki kürzlich weigerte, jene Berechnungsmethoden offenzulegen, mit der die (vermeintlichen) Kosten einer Migration hin zu Freier/Open Source Software angesetzt wurden (vgl. „Freie Software in Stadtverwaltungen“), gibt es in Deutschland mit der Stadtverwaltung Freiburg einen ähnlich gelagerten Fall. Dort hatte der Gemeinderat 2007 beschlossen, auf das offene Dokumentenformat ODF sowie auf OpenOffice als Standardtextverarbeitung umzusteigen. Mittlerweile ist aber scheinbar eine Rückmigration auf ein proprietäres Office-System geplant. Ein diesbezüglich erstelltes Gutachten wird allerdings ebenfalls unter Verschluss gehalten.

In einem offenen Brief forderten deshalb vergangene Woche die Open Source Business Alliance, die Free Software Foundation Europe und der Bundesverbands Informations- und Kommunikationstechnologie die Verantwortlichen auf, zu folgenden zwei Fragen Stellung zu nehmen:

  1. Warum das den jetzigen Wechsel stützende Gutachten nicht öffentlich gemacht wird?
  2. Wie vor dem Hintergrund einer Umstellung auf Microsoft Office die Umsetzung des Gemeindaratsbeschlussses von 2007 zum Open Document Format sichergestellt sein wird?

Interessant ist der Fall auch deshalb, weil die Rückmigration im Widerspruch zum Gemeinderatsbeschluss aus 2007 steht, ohne dass es einen neuen diesbezüglichen Gemeinderatsbeschluss gegeben hätte. Eine Stellungnahme der Stadtverwaltung ist bislang ebenso ausständig wie eine Veröffentlichung des Gutachtens.

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22 Ergänzungen

  1. FOSS ist halt bei Politikern nicht mehr in. Jetzt kauft man sich lieber statt proprietärer Software gleich komplett proprietäre Plattformen wie iPads.

    Wer Sarkasmus findet kann ihn behalten.

    1. Klingt schlimm, aber ist war. „Word“ ist viel intuitiver sagte der Apple User zum Libre Nutzer. Recht haben sie.

      Aber manchmal macht es auch Sinn zu verstehen was man tut, dann kämpft man nicht immer verzweifelt und ohnmächtig gegen Automatismen oder Lock-In Fallen der Industrie an.

      Aber Mündigkeit und so. Wer will das schon? Hilflos und Entscheidungsfrei lebt es sich besser und Schuld hat immer der Computer …

      1. Du sprichst mir aus der Seele. Tag für Tag sehe (muss ich sehen) ich, wie wenig der Nutzer (resp. Mensch) mitdenkt. Und sich dann auch noch beschwert, dass das Gerät nicht für Ihn denkt. Es wird sich wohl nicht ändern … was mich dazu gebracht hat, aus dem „Pcbereich“ aus zu steigen. Ich lasse den Nicht-Denkern den vortritt …

  2. Eigentlich dürften Behörden schon aus sicherheitstechnischen Gesichtspunkten und der Spionage Gefahr keine zudem noch „Ausländische§ proprietäre Software und Plattformen Einsetzen.
    Jeder „Dau“ weiss doch längst das diese Betriebssyteme oder Software längst auch zur staatlichen Spionage eingesetzt werden und immer mehr Länder setzen deshalb auf FOSS um den Source Code überprüfen zu können oder glaubt jemand das zb. US Behörden ein wenn auch weit verbreitetes Betriebssystem einer chinesischen Firma einsetzen würden?
    Vermutlich vertraut man hier immernoch das Spionagefirmen kein Interesse an den Schriftverkehr deuscher Stadtverwaltungen haben?

    1. Ich stimme Ihren sicherheitsrelevanten Bedenken zu: Die Daten der Verwaltung müssen mit dem erforderlichen Verantwortungsbewußtsein vor Spionage geschützt werden. Während an anderer Stelle das Terror-Gespenst an die Wand gemalt wird, scheint hier ein ungewöhnlich hohes Vertrauen in private Unternehmen vorhanden zu sein. Selbst wenn z.B. Microsoft den Quellcode offenlegen würde: Wer will die zahlreichen Updates denn regelmäßig überprüfen? Dafür hat die Verwaltung nach meiner Einschätzung nicht die erforderlichen Resourcen. Bei OpenSource sieht die Sache anders aus: Dadurch, daß der Quellcode allen zur Verfügung steht, findet in der gesamten Gemeinschaft eine fortwährende Überprüfung statt.

      1. Ich habe mal irgendwo irgendwie gehört/gelesen, dass MS tatsächlich Windows-Quellen offen legt für einige Armeen bzw. militärische Geheimdienste. Hintergrund ist wohl auch, dass diese Behörden bestimmte Anpassungen vornehmen wollen/müssen.

        Freilich werden Updates dort weder überprüft noch eingespielt, so bleibt das System integer.

      2. Es ginge auch vorrangig darum ein Einheitliches sicheres kostengünstiges und Lizenzunabhängiges Verwaltungssystem Aufzubauen , vorrangig Scheitern die meisten Open Source Projekte daran das sie einzelne „Insellösungen“ sind.
        Dadurch viele einzelne Programme , Plugins, Tools und Sripte neu Erstellt oder Umprogrammiert werden müssen , auch eine Formatkompatiblität für den Datei Austausch mit dem Bürger, Firmen anderen Stadt oder Landesverwaltungen nicht mehr gegeben ist.
        Dies sind meist Hauptursachen neben Personal welches oft keine Notwendigkeit sieht Umlernen zu sollen, für hohe Kosten und Arbeitsaufwand.
        Es bräuchte daher ein einheitliches anpassungsfähiges sicheres Open Source Gesamtsystem für alle Länder und Gemeinden welches Gesamtfinanziert wird und keine Insellösungen.

  3. Was mich ein wenig wundert an der ganzen Sache ist auch, dass es für soetwas einen „Gemeinderatsbeschluss“ braucht. Kann nicht der Administrator oder „die IT“ oder auch einfach die Mitarbeiter bestimmen was das für sie wohl geeigneteste Datenformat (und ggf. auch Software) ist? Ich vermute auch da würde die Wahl auf MS-Office und .doc(x) fallen, aber ich bin mir einfach nicht sicher ob man dafür die Politik bemühen muss oder ob solche Entscheidungen nicht undemokratisch (nämlich auf Basis eines verantwortlichen Experten) gefällt werden sollten.

    1. Ich denke auch, dass solche Projekte oft an der Akzeptanz der User scheitern. Bei uns versuchen wir seit Jahren MS-Office durch opensource-Produkte abzulösen, nicht wegen irgendwelcher Sicherheitsbedenken o.Ä. sondern schlicht um die horrenden Kosten zu sparen. Es klappt einfach nicht, die Nutzer kommen mit den fantastischsten Gründen, warum sie trotzdem MS-Office brauchen.

  4. Nach den Berichten in den Lokalmedien hier in Freiburg ist tatsächlich die Akzeptanz der Nutzer das Hauptproblem. Es ist nicht ganz klar, ob bei der Einführung hier Fehler gemacht wurden bzw. die Nutzer nicht entsprechend in die Einführung eingebunden waren, aber ich vermute, dass die Beharrungskräfte hier eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Wenn dann der Change-Prozeß zur Umstellung nicht optimal geplant und durchgeführt wurde, sperren sich die Nutzer gegen Änderungen, da sie ihre Produktivität (erstmal) einschränken.

    Allerdings: wer aus Kostengründen auf Open Source umstellen will, begeht in meinen Augen einen Denkfehler. Was an Lizenzkosten gespart wird, muss zwingend in Nutzerschulung und Support und Betreuungsaufwand investiert werden, um sicherzustellen, dass die Umstellung auch gelingt. Wer die gewohnten Produkte ablösen möchte, muss durch Kompetenz und erstklassigen Service punkten.

    Open Source oder proprietäre Produkte – das ganze ist ein Nullsummenspiel.

    1. Aufwand für “ Nutzerschulung “ werden meiner Ansicht nach dabei reichlich Übertrieben , denn wer einmal auf ein Office Programm Ausgeblidet wurde sollte auch mit „OpenOffice“ klar kommen , die „Änderungen“ sind auch nicht Größer als zb. von einen Win Office 2000 zur 2012er Version. Annsonsten läuft hierzulande schon etwas bei der Berufsausbildung Falsch.
      Das Problem ist fast immer die Insellösung für Scripte , Tools oder auch nur der Datei Format Austausch.
      Einsparungen auf Kostenebene gibt es, aber meist nur Längerfristig und nicht Kurzfristig , das „Erschrecken “ und Überlegungen zur Open Source Lösung kommt immer dann wenn die nächsten Windows Version Ansteht mit neuen Lizenzgebühren.
      Einen Ausweg aus dem „Teufelskreis“ füe einzelne mittelgroße Stadtverwaltung sehe ich aber kaum ohne ein Überregionlales Gesamtkonzept zumindest auf Länderebene besser auf Bundesebene.

  5. Wenn OpenOffice nur nicht so endlos lahm wäre … Arbeitszeit kostet nämlich auch Geld.
    Oder liegt es daran, dass Freiburg, anders als München, nur halbe Sachen machte (d.h. nur MS-Office durch OpenOffice ersetzte statt zugleich auch MS-Windows durch Linux)?
    Klingt zunächst mal plausibel, denn z.B. auch Apples Betriebssysteme sorgen ja vor, dass man mit unerwünschter Konkurrenz-Software, wie von Google, nicht wirklich glücklich wird, sondern bald wieder reuig zum Monopolisten zurückkehrt.

    Ganz so einfach ist es aber nicht: Auch eine Hauptstadt Wien hat 2012 zur Kehrtwende geblasen, siehe http://www.muenchen.de/rathaus/dms/Home/Stadtinfos/Presse-Service/Rathaus-Umschau-2012/1-Jahreshaelfte/054.pdf (Seite 11) und dort lag es wohl nicht am fehlenden Linux („Wienux“).

    Das Problem, das Außenstehende nicht verstehen, ist in Wirklichkeit nämlich ein Problem-Bündel. Eine Stadt ist keine Einheits-Firma, wo Word nur als bessere Schreibmaschine dient und Excel nur die alte Rechenmaschine ersetzt. Sie ist eine Ansammlung verschiedenster „Behörden“ (Sozialleistung, Baugenehmigung, Einbürgerung …) die jede auf eine andere hochspezialisierte (Kommerz-)Software zurückgreift. Die Schnittstelle zum Bürger, nämlich eine Office-Anbindung, ist dabei der billigste Teil der IT-Ausstattung, selbst wenn er nicht gratis sondern von Microsoft ist.

    Die Anbieter der Fachsoftware bieten standardmäßig eine Schnittstelle zu MS-Office. Wer das kostenlose OpenOffice anbinden will, muss für diesen Sonderwunsch viel Zeit, Nerven und natürlich auch Geld investieren! Er muss sich das „Sparen“ also ganz schön was kosten lassen!

    Darüber abgesehen kann Writer es evtl. mit Word aufnehmen, aber versuche man mal mit Calc z.B. so einfach Makros zu programmieren wie mit Excel!
    Klar, 90-99 % der Beschäftigten „brauchen keine Makros“, aber oft nutzt eine Mehrheit von Excel-Usern Makros (oder deren Ergebnisse), ohne es zu merken!

    1. In diesem Zusammenhang sollten aber noch ein paar andere Sachen beachtet werden:

      Erstens: Die meisten User nutzen bei Tabellenkalkulation „sum()“ für … alles … Darüber hinaus ist man schon Experte …

      Zweites: Die hochspezialisierte (Kommerz-)Software ist meistens ziemlicher Murks. Es wäre auch mal sinnvoll darüber zu reden.

      Drittens: Das gilt auch für die kaputten Multiplan123 Makros die man mühselig nach Excel portiert hat. Manchmal ist neu machen besser.

      Vielen Leute verbringen ihren Tag in Behörden damit Programm auf abenteuerliche Weise zu umgehen, deren Bedienbarkeit und Fehlerbehandlung so grottenschlecht ist, dass Arbeitsplätze oft mit zwei Monitoren ausgestattet werden, so das man es „abtippen“ kann.

      Das tut mehr als weh.

      Viertens: Oh, noch schlimmer: Man schaue sich mal ohne Würgreiz die Kosten und Funktionen von sogenannten „Rats“ Dokumentenmanagementsystemen (DMS) an. Auaua. Aua, Aua.

      Oder für Projektdatenbanken und Drittmittel.

      Und: Frei Software ist nicht immer besser. Aber sie ist das bessere Fundament für vieles und das was viele kleine Klitschen abliefern, ist meist leider Müll.

      Daher wird dann lieber IBM und MS genommen, auch wenn es Overkill ist.

      1. 1.: Richtig, viele User befüllen komplexe Formulare, deren hinterlegte Funktionen sie weder verstehen noch verstehen müssen. Sie merken aber schon, wenn es mit dem reibungslosen Weitertransport ihrer Daten nicht klappt.

        2.: Viele „hochspezialisierte Programme“ bedeutet leider zunächst mal, dass für jedes einzelne dieser Programme nur ein Nischenmarkt existiert und die Anbieter an einer Hand abzuzählen sind. Deren Fast-Monopol ist andererseits dennoch nicht so einträglich, dass sie die Besten der Besten als Programmierer anheuern könnten.
        Daher: Über Murks reden – jederzeit! Schöner noch wäre allerdings, die Open-Source-Jünger würden programmierend dem kommerziellen „Nischen-Murks“ brauchbare Gratis-Alternativen gegenüberstellen. Das wird aber Wunschtraum bleiben; eher werden wir die hundertste Gratis-Textverarbeitung erleben, die keiner braucht, als dass jemand gratis viele Stunden opfert, um den ständig sich ändernden Bedürfnissen eines Verwaltungsablaufs hinterherzuprogrammieren.

        3.: Auch innerhalb Excel (z.B. von Version 5 auf 2000, als das deutsche VBA durch englisches ersetzt wurde) kann Neu-Programmieren unumgänglich oder zumindest besser sein als das laut MS ausreichende reine Portieren, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Zwei Monitore braucht man dafür aber nicht.
        Keine Frage hingegen, dass die Schnittstellen zwischen zwei Nischenprogrammen oft lausig sind. Aber auch hier warten wir (vergebens?) auf die Open-Source-Jünger, siehe Nr. 2. Vielleicht sind ja Sie unser „weißer Ritter“, der nicht ständig das Rad / Word neu erfinden will, sondern sich gratis mal in solche Alltags-Niederungen begibt?

        Vorletzter Punkt: „Freie Software ist das bessere Fundament“ – in der Welt der Programmierer mögen freie Programmiersprachen ja willkommener sein als proprietäre. Den Anwender kümmert es dagegen nur am Rande, ob der Programmierer sein Werkzeug bezahlen musste. Er will vom Programmierer ein gutes (Spezial-)Produkt, und das gibt es eben – siehe Nr. 2 + 3 – nicht geschenkt.

      2. Es geht nicht ums schenken. Es geht um klare Pflichten und Lastenheften. Etwas, was Verwaltungen nicht hinbekommen. Und das einfordern der selben. Das dauert und ist kompliziert. Dies sollte man nur machen, wenn es mit Standardtools nicht möglich ist.

        Zweitens: Man will keine Excel Dateien als Formulare benutzen. Man will eine Datenbank/Formular Verwaltung und offene Export Standards für diese Daten (nach ODF oder Excel oder csv — falls es mal sein muss.)

        Tut mir leid das jetzt so hart zu sagen: In vielen Behörden arbeiten ziemlich selbst gerechte Leute, die in der freien Wirtschaft normalerweise als „Minderleister“ entlassen werden. Ein neues Programm „stresst“ sie und sie könne Ihre „Arbeit“ (übertragen von Formularen in Computer Formulare) nicht mehr machen …

        Wie man Fehler beschreibt und Screenshots macht, weiß dort auch niemand … Da kann es mal sinnvoll sein, einen jungen Praktikanten einzustellen, der zwischen beiden Seiten vermittelt.

        Mit freier Software oder nicht freier hat das alles wenig zu tun. Freie Software hilft nur, dass wenn Änderungen gemacht werden müssen, man nicht das Rad neu erfinden kann und man die Leistung der Firmen gerecht bewerten kann.

        SAP und Roland Berger kommen bei dt. Behörden doch aus dem Lachen nicht mehr raus.

    2. …Die Anbieter der Fachsoftware bieten standardmäßig eine Schnittstelle zu MS-Office…..

      Ein Problem ist doch die fehlende Marktmacht gegenüber den Herstellern wenn jedes „Dorf“ seine Software selber Einkauft , Aushandelt oder die Systeme Festlegt.
      Dies sollte zumindest auf Zentral auf Länderebene geschehen , welche dann mit den Herstellern von proprietäre Software und Anbietern von Open Source Lösung verhandeln und Schnittstellen oder Eigenschaften festlegen.
      Um dann den Verwaltungen beide Varianten zur Verfügung zu stellen.
      Selbst Weltkonzerne kaufen Software Zentral und haben dadurch eine ganz andere Verhandlungsbasis viele dieser setzen übrigens mehr Open Source Lösung ein als Allgemein gedacht wird.

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