ACTA-Internetkapitel ist geleakt

Das ACTA-Internetkapitel ist wohl geleakt und kann hier angeschaut werden. Die Computerworld hat eine Zusammenfassung: „Leaked ACTA draft reveals plans for internet clampdown. ISPs must snoop on subscribers or face being sued by content owners.“

Da das ACTA-Abkommen im Geheimen verhandelt wird, kann das Papier nicht 100% verifiziert werden. Die verwendete Sprache ist aber üblich für solche Verhandlungen. Computerworld ist sich aber sicher, dass das geleakte Dokument der letzte Verhandlungsstand ist.

Das Dokument offenbart das ganze Horrorszenario des ACTA-Abkommens. Cory Doctorow hat auf BoingBoing einen ersten Eindruck gepostet: ACTA „internet enforcement“ chapter leaks.

Der größte Paradigmenwechsel ist wohl das Haftungsrisiko für Provider, was von Seiten der Rechteindustrien immer gefordert wird und mit ACTA Realität werden könnte. Man stelle sich vor, Telekommunikationsanbieter würden dafür haftbar gemacht, was ihre Kunden übers Telefon einander erzählen. Diese Haftung soll jetzt für ISPs Realität werden. Das würde dazu führen, dass ISPs den Internetverkehr ihrer Kunden überwachen müssten, um nicht Gefahr zu laufen, von der Rechteindustrie pleite geklagt zu werden. Und das würde auch zu Internetsperrungen (ohne 3-Strikes) führen, weil Provider lieber schnell die Internetanschlüsse ihrer Kunden kappen werden, wenn sie haftbar gemacht werden.

Eine weitere Einschätzung gibt es auch bei Michael Geist: ACTA Internet Chapter Leaks: Renogotiates WIPO, Sets 3 Strikes as Model.

The contents are not particulary surprising given the earlier leaks, but there are three crucial elements: notice-and-takedown, anti-circumvention rules, and ISP liability/three strikes.

Im April wird in Neuseeland die nächste ACTA-Verhandlungsrunde stattfinden.

Eine Frage, die heute schon auf Twitter diskutiert wurde: Wo ist eigentlich die Globalisierungskritische Bewegung, wenn man sie braucht? ACTA sollte und muss Thema von Attac & Co werden!

Die ganze Chronologie zum ACTA-Abkommen steht bei uns im Archiv.

11 Ergänzungen

  1. Die Aussage ist irreführend, da aus den Unterlagen klar hervor geht, dass in der Runde in Mexico das Thema noch gar nicht diskutiert werden konnte.

    Die Sprache des Dokumentes entspricht dem Charakter eines Memorandums, das ist keine Rechtssprache.

    Und man sollte sehr genau schauen, wer das Dokument ins Spiel bringt, es ist Paul Meller von IDG.

    Die Leute, die Paul Meller das zu gespielt haben, nutzen es zum Fundraising für ihre Lobbyorganisationen. Das ist im Moment alles.

    Das bedeutet, dass ISPs sich nun besser organisieren sollten, entsprechende Kapazität abstellen, aber sich auch nicht ins Bockshorn jagen lassen sollten von frühen Vorschlägen.

    1. @A. Rebentisch: Teile des Internetkapitels wurden laut einem Dokument der EU-Kommission in Mexico diskutiert. Das hatten wir vergangene Woche schon berichtet: http://www.netzpolitik.org/2010/eu-kommission-berichtet-ueber-acta/

      Soweit ich gehört habe, war das Papier schon etwas länger im Umlauf. Thomas Hoeren wurde vergangene Woche dazu interviewt und berichtete, dass er das schon gesehen hat: http://www.netzpolitik.org/2010/radio-breitband-ueber-acta/ Aber wer nutzt das Papier jetzt zum Fundraising?

  2. Du musst Dir das so vorstellen, die Kommission sagte zur Verwerter-Lobby, wir haben hier eine Wundertüte und die ist der Wunschtraum für Eure Auftraggeber. Nun, davon kriegst du als Consultant aber keine Butter aufs Brot, weil du nur Mittler bist und nicht Nutzniesser.

    ACTA hat keinen festen Kanon, sondern die Kommission GD Handel will alles mögliche erreichen, was man irgendwie erreichen kann, das ist reiner Maximalismus. Es wird jetzt so getan, als würde das schon irgendwie akzeptiert. Das Gegenteil ist der Fall.

    Im Bericht von Mexico stand hervorgehoben: „Long meeting with detailed technical discussions, which allowed progress, but parties not yet ready for major concessions. Due to lack of time, internet discussions could not be concluded.“

    Diplomatisch dekodiert ein Reinfall. Es zeigt die Schwierigkeiten bei den Verhandlungen. Die Internetdiskussionen sollten nämlich im Vordergrund der Mexico-Runde stehen. Es war von einem US-Vorschlag die Rede zu dem es Kommentare gab. Kein gemeinsamer Text.

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