Transparency International: Schöner abmahnen [update]

Jetzt ist nunmal der Brief des Justiziars von TI online und der restliche Textberg auch. Und innerhalb der Blogosphäre gibt es eine gewisse Übereinstimmung, daß die Wortwahl des Justiziars verfehlt war und die Art, wie TI sein Begehren durchsetzen wollte auch.

Was mir bisher fehlt, ist ein konstruktiver Gegenvorschlag. Wie bringt ein Verein, der sich zu Unrecht niedergemacht fühlt, diesen Unmut zum Ausdruck?

Es folgt ein Versuch.

Disclaimer: Nein, dieser Brief ist nicht von TI. Nein, er ist nicht real. Nein, er wurde nicht vom Justiziar geschrieben. Und ja, ich glaube, er hätte sich vielleicht daran orientieren können, als er den echten Brief schrieb. Und ja, ich bin dankbar für Kommentare (auch von Juristen), ob man so eine Herangehensweise für effektiver hält als juristische Nastygramme.

Sehr geehrte Frau S…,

mein Name ist J. M. und ich arbeite für Transparency International Deutschland, einen Verein, der vor allem gegen Korruption käpft. Unter www.transparency.de gibt es einen Einblick in unsere Arbeit.

Ich schreibe Ihnen wegen eines Eintrages in ihrem privaten Weblog der unter http://wasweissich.twoday.net/stories/1407348/ abgelegt ist. Er handelt von einer Personalentscheidung bei Transparency International, der ihre Freundin betrifft und von der Sie wohl auch die Schilderung haben.

Bei uns hat dieser Eintrag für Irritationen gesorgt und wir halten diese Schilderung für falsch. Es ist natürlich klar, daß alle Beteiligten unterschiedliche Meinungen haben und dies ist völlig zulässig. Problematisch wird es dann, wenn es um Tatsachenbehauptungen geht, von denen wir wissen, daß sie so nicht stimmen.

Transparency International nimmt die Rechte von Menschen ernst. Dazu gehört, daß wir interne Informationen über (ehemalige) Mitarbeiter nicht nach außen tragen. Ich kann also Ihnen nicht einfach so weitere Details oder Richtigstellungen geben.

Der Vorstand von Transparency International hat lange über dieses Posting diskutiert. Wir möchten Ihrer Freundin anbieten, mit Ihr noch einmal über die Gründe zu sprechen, die zu dem Ende des Arbeitsverhältnisses geführt haben. Ich denke, daß dies etwas ist, daß vor allem Transparency International und Ihre Freundin betrifft.

Ich möchte Sie bitten, den Eintrag in Ihrem Weblog in der gegenwärtigen Form nicht weiter online zu stellen und glaube, daß dies auch im Interesse Ihrer Freundin ist. Es geht nicht darum, Ihre Solidarität oder Freiheit zu einer Kommentierung zu beschneiden. Genauso möchte ich Sie um Verständnis dafür bitten, daß mit dem Text in der gegenwärtigen Form unserem Verein Unrecht getan wird.

Sie können mich unter Tel. 030/….. jederzeit erreichen und ich freue mich über eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
J. M.

[update – 29.03.2006 – 09:30]

Moni hat einen Textvorschlag für eine mögliche Antwort, die auf ein solches Schreiben gekommen wäre. Und sie hat mir erlaubt, ihn hier online zu stellen. Danke.

Sehr geehrter Herr J.M.,

nach so langer Zeit hätte ich nicht einmal gedacht, dass überhaupt noch jemand mein Posting lesen würde. Meine Freundin hatte seinerzeit mit einem Brief an alle Vorstandsmitglieder versucht, noch einmal über die Angelegenheit zu sprechen, da sie gar nicht verstanden hat, warum der unerwarteten Kündigung keinerlei Verhandlungen vorangingen. Für sie gab es Klärungsbedarf, aber keiner der Briefe an die Vorstandsmitglieder wurde beantwortet. Dass ausgerechnet mein kleines Forum – zumal der Beitrag ja längst in den Untiefen des Archivs verschwunden ist – dazu führt, dass nun doch kommuniziert wird, ist mir nun wiederum eine unerwartete Freude.

Ich bin zwar der Meinung, dass die Angaben in meinem Text richtig sind, aber das wird sich nun hoffentlich in dem Gespräch zwischen der von ihnen repräsentierten Organisation und meiner Freundin klären. Derweil werde ich den Text vorerst offline stellen, ohne ihn zu löschen. Ich behalte mir allerdings vor, das Posting später wieder online zu stellen. Vorerst erwarte ich mit Interesse die Ergebnisse der Gespräche ab.

Mit freundlichen Grüßen,

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5 Ergänzungen

  1. Das ist ein PR-Geschwurbel, bei dem ich kotzen würde, müsste ich es lesen. Da ist mir der Text von Herrn M. noch lieber. Da kann ich mich drüber aufregen und ihn meinem Anwalt geben, da hab ich wenigstens was davon.

  2. Der Brief würde erst recht albern wirken.

    Es geht doch nicht um die Form der Bedrohung, sondern um die Zensur einer wahren Behauptung. Wenn TI eine Bitte nett vortragen möchte, dann sollte TI klar zum Ausdruck bringen, dass sie nicht probieren werden, dagegen juristisch vorgehen.

    Den Prof. Dr. jur. im Briefkopf wäre dann auch nicht notwendig.

  3. @Jan. Es ist doch kein Geheimnis, dass ein Großteil der Blogger entweder freiberuflich oder arbeitslos ist, insofern kann man davon ausgehen, dass sie etwas nicht unbedingt mal eben locker an ihren Anwalt weitergeben können.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.