Musikindustrie klagt weiter

Und schon wieder meldet sich der deutsche Phonoverband mit einer weiteren Klagewelle zu Wort. Gerd Gephardt, der sympathische Vorsitzende hat dabei wieder brilliante Stilblüten von sich gelassen:

„Die Anzeigen gegen illegale Musikanbieter in so genannten ‚Tauschbörsen‘ haben erkennbar abschreckende Wirkung.“ Mit diesen Worten zieht Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände, eine positive Zwischenbilanz des Vorgehens gegen illegale Musikanbieter in so genannten ‚Tauschbörsen‘. „Die Zahl der Nutzer und der getauschten Musikdateien hat spürbar abgenommen, vor allem bei Kazaa. Wir haben in den letzten Wochen deshalb weitere 100 Anzeigen gegen illegale Musikanbieter in mehreren ‚Tauschbörsen‘ gestellt.“

Irgendwie lese ich überall, dass die Nutzerzahlen trotz Klagewellen weiter steigen. Klar haben die Nutzer von Kazaa nachgelassen, aber das ist einfach eine Marktwirkung, denn es gibt mittlerweile viel bessere Tauschbörsen. Aber nun weitere 100 Anzeigen, das ist immerhin eine Steigerung von ca. 130% mehr – wenn das nicht mal kommunizierbare Erfolge der Musikindustrie sind. Es gibt doch noch Wachstum, wenn auch nicht mit Phonoline.

Die Verfolgung von Piraterieangeboten in Deutschland ist übrigens nicht, wie gelegentlich fälschlicherweise spekuliert, auf Kazaa-Teilnehmer beschränkt: Auch Anbieter bei eMule, eDonkey, Bittorrent, Bearshare, WinMX und anderen ‚Tauschbörsen‘ müssen damit rechnen, identifiziert und angezeigt zu werden. Ein erstes Verfahren gegen einen Teilnehmer bei WinMX ist bereits mit einer Zahlung von 8.000 Euro Schadensersatz abgeschlossen.

Hab mich eh schon gewundert, wieso die immer nur Kazaa meinten, wo doch kaum jemand in Deutschland das nutzt. War aber abzusehen, dass ihnen irgendwann auffällt, dass sie da einen gewaltigen Kommunikationsfehler gemacht haben.

Seit heute wird nach dem deutschen Vorbild auch in Frankreich, Großbritannien und Österreich mit Rechtsverfahren gegen illegale Musikanbieter vorgegangen. Dies ist ein Beleg für den Erfolg des Vorgehens, das bisher in den USA, Deutschland, Dänemark und Italien gewählt wurde.

Diese Argumentation muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen. Weil die deutsche Klagewelle so erfolgreich ist, exportiert man sie. Wenn das schon nicht mit den deutschen Künstlern klappt, dann wenigstens mit Klage-Kampagnen. Wachstum muss her, egal welches…

Alleine in Deutschland wurden im August mehr als eine Million Musiktitel aus legalen Quellen heruntergeladen – Tendenz stark steigend.

Ja, zum Glück gibt es viele Musikseiten, wo man sich MP3s von Nachwuchskünstler kostenlos herunterladen kann, da kommt sicherlich eine Million zusammen.

„Wer Musik aus dem Internet beziehen will, dem stehen heute allein in Deutschland rund eine Million Titel auf mehr als 20 Portalen zur Auswahl.

20 ist so die magische Zahl, die immer wiederholt wird. Alle 2 Wochen. Allerdings ist in den vergangenen Woche Phonoline abgesetzt worden, müsste jetzt eigentlich wieder unter 20 (20 – 1=19) sein, oder? Abgesehen davon stehen mir immer noch nicht eine Millionen Titel auf mehr als 20 Portalen zur Auswahl, weil ich Linux nutze. So bleibt nur Finetunes, eine prima Indie-Plattform, die offene Ogg-Dateien ausliefert.


Golem kommentiert das ganze
dann auch treffend:

Die angeführten Fälle lassen Zweifel an der Darstellung der Musikindustrie aufkommen, vor allem gegen die „Großen“ vorzugehen. Die genannten Zahlen dürften beim Herunterladen einiger Alben schnell zusammenkommen und so mancher Musikliebhaber dürfte über die zehnfache Menge an legal erworbenen Titeln verfügen. Zudem könnte man spekulieren, dass der von der IFPI beobachtete Rückgang der Angebote in Tauschbörsen, insbesondere bei Kazaa, nur eine Verschiebung hin zu anderen P2P-Systemen ist.

Wobei noch die Frage bleibt, wieso sind in der ersten Klagewelle 16-jährige Schülerinnen auf Schadensersatz in vierstelliger Zahl verklagt worden, die 400 Lieder zum tauschen angeboten haben? Wo doch Teil der Kommunikation des Phonoverbandes war, dass man nur an die ganz grossen dran will und niemand unter 1000 Titeln verklagt? Legalisiert endlich Filesharing!

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