Digitask mahnt Hedonistische Internationale ab

Die Firma Digitask hat viele deutsche Sicherheitsbehörden mit Überwachungstechnik und auch Werkzeugen zur Onlinedurchsuchung beliefert. Die Lieferung einiger Staatstrojaner sorgte diese Woche für viel Aufmerksamkeit. Am Montag gab es auf einmal einen Twitter-Account namens @digitaskgmbh, der sich in die Debatte einschaltete und vorgab, als offizieller Kommunikationspartner des Unternehmens zu agieren. Dort wurde aber eigentlich auch nur getwittert, was bereits offiziell von Vertretern des Unternehmens kommuniziert wurde. Der Account und einige Tweets schafften es auch in die mediale Berichterstattung, bis sich auch bei Journalisten rumsprach, dass es sich um einen Fake-Account handelte, was man auch auf der Webseite des Unternehmens nachlesen kann:

Aus aktuellem Anlass weisen wir darauf hin, dass die DigiTask GmbH keinerlei Aktivitäten in sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook etc. betreibt. Entsprechend anmutende Accounts sind widerrechtlich erstellt worden und entziehen sich unserer Einflussnahme.

Auf der Webseite der Hedonistischen Internationale tauchte daraufhin ein Bekennerschreiben auf: Sektion „Innovation durch Kompetenz – Büro für spezielle Kommunikationslösungen“ bekennt sich zu DigiTask-Twitter-Fake. Darin heißt es:

Die DigiTask GmbH steht dabei stellvertretend für unzählige Überwachungsunternehmen weltweit, die das große Geschäft damit machen, dass Regierungen und autoritäre Regime ihre Bürgerinnen und Bürger – oftmals auch gegen die bestehende Rechtsordnung – nicht nur überwachen und ausspionieren, sondern Inhalte, Medien und Kommunikation zensieren können. Das Unternehmen steht stellvertretend für eine Branche, die weltweit gegen Grund- und Freiheitsrechte agiert, und keine Scheu davor hat, mit Diktaturen wie Syrien, Saudi-Arabien, Bahrein, Iran oder China zu kooperieren. Wegen dieser Kooperationen werden Menschen politisch verfolgt, gefangen genommen, gefoltert und getötet. Wer hierfür Infrastrukturen schafft, macht sich mitschuldig an diesen staatlichen Verbrechen.

Genau deswegen hat die Digitask GmbH jetzt eine Abmahnung an die Hedonistische Internationale geschickt und fordert die Löschung des Artikels bis Freitag. Das Schreiben erklärt, dass dies irreführend formuliert sei, weil man nur in demokratische Staaten wie Deutschland, Niederlande, Schweiz und Österreich liefert und nicht mit repressiven Staaten kooperieren würde:

In dem fraglichen Text, der leider keinen Verfasser aufweist, heißt es u.a. „Das Unternehmen steht stellvertretend für eine Branche, die weltweit gegen Grund- und Freiheitsrechte agiert, und keine Scheu davor hat, mit Diktaturen wie Syrien, Saudi-Arabien, Bahrein, Iran oder China zu kooperieren. Wegen dieser Kooperationen werden Menschen politisch verfolgt, gefangen genommen, gefoltert und getötet. Wer hierfür Infrastrukturen schafft, macht sich mitschuldig an diesen staatlichen Verbrechen.“ Nach dem Verständnis des Durchschnittslesers muss daraus entnommen werden, dass auch meine Mandantin mit diesem oder einem von diesen Staaten kooperiert. Dies ist eindeutig nicht der Fall.

Eine Frage an die Juristen: Ist dieser kritisierte Abschnitt von der Meinungsfreiheit gedeckt, bzw. wie ist die Androhung einer Unterlassungserklärung rechtlich einzuschätzen?

(Unklar, ob das jetzt eine richtige Abmahnung oder nur die Ankündigung einer Abmhnung zur Einschüchterung ist)

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26 Ergänzungen

  1. hmmmm, ich bin kein Jurist, aber ich werde mit einem noch heute darüber sprechen.
    Die Unterstellung:“Das Unternehmen steht stellvertretend für eine Branche, die weltweit gegen Grund- und Freiheitsrechte agiert, und keine Scheu davor hat, mit Diktaturen wie Syrien, Saudi-Arabien, Bahrein, Iran oder China zu kooperieren. Wegen dieser Kooperationen werden Menschen politisch verfolgt, gefangen genommen, gefoltert und getötet. Wer hierfür Infrastrukturen schafft, macht sich mitschuldig an diesen staatlichen Verbrechen.” unterstellt die Kooperation ja nicht der Digitask selbst, sondern „nur“ der Branche.

    Ich warte noch auf die Verfikation durch meinen Juristen und melde mich nochmal.

      1. Na ich weiß ja nicht. Wie würde es denn wirken, wenn irgendwo stünde, „netzpolitik.org steht stellvertretend als ein Vertreter einer großen Anzahl unterschiedlichster netzaffiner Aktivistengruppen, die zum Teil auch mit illegalen Aktionen öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen suchen“? Doch wohl so, als würde man euch mit Teilen der Netzgemeinschaft über einen Kamm scheren, auf die das vielleicht zutrifft.

        1. @gf: Ob das jetzt schön klingt oder nicht, die Frage ist, ob das von der Meinungsfreiheit gedeckt ist oder eine falsche Tatsachenbehauptung darstellt?

          1. Das Beispiel mag durch die Einschränkung „zum Teil“ noch etwas milder formuliert sein als das, was für das Unternehmen behauptet wird. Wenn es dem Unternehmen an der die dadurch charakterisierte Branche definierenden Eigenschaft fehlt, wie soll es da Stellvertreter sein können? Dann müsste man wohl auch von einem beliebigen Politiker, der es vielleicht nicht ist, behaupten bzw. „meinend äußern“ können, stellvertretend für eine korrupte Berufsgruppe zu stehen.

  2. Ich bin zwar kein Jurist, aber m. E. ist das sauber formuliert. Die Vorwürfe richten sich gegen die Branche, für die das Unternehmen stellvertretend steht, nicht aber explizit gegen DigiTask. Na ja, wem der Schuh paßt, der zieht ihn sich an.

  3. ENTSCHEIDEND:
    Die Unterstellung:”Das Unternehmen steht stellvertretend für eine Branche, die weltweit gegen Grund- und Freiheitsrechte agiert…
    … die auch Kirschbäume klauen
    … die auch Holunder Tee kochen
    etc.
    etc.

  4. Ich halte die Frage für irrelevant. Das Verbrechen besteht darin, solche Software überhaupt an Staaten zu verkaufen. Jeder Staat kann zur Diktatur werden, und auch in sog. Demokratien ist der Einsatz von Überwachungssoftware undemokratisch (und verfassungswidrig). Die Formulierung „Wer hierfür Infrastrukturen schafft, macht sich mitschuldig an diesen staatlichen Verbrechen.” ist klar genug. Das hatten wir doch bei der Diskussion über Zensursula alles schon.

    1. Jeder Staat kann zur Diktatur werden, und auch in sog. Demokratien ist der Einsatz von Überwachungssoftware undemokratisch (und verfassungswidrig).

      Dann kritisier doch die Staaten und nicht die Haus- und Hofliferanten. Wir armselig ist das denn!?

  5. Ach was, Digitask will doch nur in den Medien bleiben. Da werden die heute lautstark abmahnen, dann gibt es die diversen Artikel darueber, ob das gerechtfertigt ist oder nicht, dann wird die eigentlichen Abmahnung kommen, die wird auch wieder breitgetreten werden etc. etc.

    Ich finde, die Leute von Digitask sollen sich nicht so in die Medien draengen, denn diese Art von Werbung ist ja wirklich unangemessen. ;-)

  6. Mal ganz davon abgesehen, das ich dem Laden nicht glaube das sie Skrupel hätten ihre Software auch an die Saudies zu verkaufen.
    Vermutlich haben die Diktaturen im Nahen Osten nur aus Qualitätsgründen auf den Trojaner verzichtet. Da überwacht man ja professioneller als hier ;)

  7. Die sind ja wirklich lustig! Einerseits täuschen sie die Urheberschaft von Microsoft in den von ihnen produzierten gesetzwidrigen Computer-Schädlingen vor und andererseits wollen sie anderen für eine Meinungsäußerung mit Abmahnung drohen?

    Die Firma wäre gut beraten, wenn sie die Bälle jetzt mal etwas flacher halten würde, denn Angriffsflächen gibt es genug. Die Heldentaten dieses Ladens reichen für mindestens ein halbes Dutzend Strafanzeigen.

    Außerdem könnte mal jemand auf die Idee kommen, sich mit den „Ausschreibungen“ zu beschäftigen, bei denen es jeweils nur einen Anbieter gab.

  8. Bis der Twitter-Account nicht gelöscht wird, haben sie mit dieser Aktion seine Leserschaft bestimmt vervielfacht. Streisand-Effekt in Aktion…

  9. Dass DigiTask Überwachungstechnik und Werkzeugen zur Onlinedurchsuchung herstellt, ist zu kritisieren. Das verstößt gegen das Grundgesetz und Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Ein Scheiß-Unternehmen.

    Aber sorry, wenn die nicht an autoritäre Regime liefern, dann können sie auch nicht stellvertretend dafür stehen. Sollte es sich dann tatsächlich nur um die „Ankündigung einer Abamhnung“ handeln, die nicht einmal Kosten verursacht, muss man sogar noch sagen, dass DigiTask recht vernünftig reagiert – nicht gleich mit der großen Keule.

    Ne kleine Umformulierung und gut ist. Alles andere halte ich für Aufmerksamkeit erzeugen um jeden Preis. Das ist assig.

    1. Also Aufmerksamkeit ist glaube ich das Letzte was Digitask jetzt möchte, die wollen so schnell wie es geht aus den Medien verschwinden. Die habenja keine Privaten Kunden, sondern nur staatliche Stellen und die werden dort nicht mehr Einkaufen wenn er Ruf bei den Bürgern total versaut ist….

    2. Wenn aber die Aussage grundsätzlich richtig ist, warum sollte dann auf diesen Zensur- und Einschüchterungsversuch eingegangen werden? Warum sollte sowas nicht publik gemacht werden, wie es die Hedonistische Internationale getan hat? Immerhin wird hier versucht, das Recht auf freie Meinungsäußerung mit Juristentricks einzuschränken.

      1. Sorry, ist einfach ne billige Art, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Digitask kann man auch mit den bekannten Tatsachen angreifen. Sich auf das“stellvertretend für“ rauszureden und angesichts eines offenbar kostenfreien Schreibens über Einschüchterung zu jammern…

        Das langweilt.

  10. Ich denke das erste „stellvertretend“ kann man stehen lassen, wogegen das Zweite semantisch betrachtet tatsächlich nur dann stehen bleiben kann, sollte DigiTask die angeführten Länder mit Software beliefern.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.