Zensursula hat viele Gesichter

Spiegel Online hat Ursula von der Leyen interviewt. Das ist überaus lesenswert. Sie hat Kreide gefressen, ihre PR-Agentur arbeiten lassen und will ihr Image retten. Von „ich wollte nur“ bis „ich habs doch nicht so gemeint“ muss Mutter Beimer ihren Griff ins Klo rechtfertigen – und versagt nach wie vor auf ganzer Linie. Eine kleine Interview-Analyse ihrer verschiedenen Rollen:

Zensursula, die PR-Frau:

„Erst ist Schulterzucken da, dann gibt es kübelweise Kritik, aber dann stellen wir gemeinsam fest: Da ist ein Problem, wir müssen handeln. Es mag unterschiedliche Wege geben, aber im Ziel sind wir einig. Und jetzt ist das Gesetzesverfahren da.“ .. „Ich nehme dabei zwar die Bedenken aus der Petition ernst, weiche aber keinen Millimeter von meinem Ziel ab. Die offen zugänglichen Internet-Bilder von vergewaltigten Kindern sind zu lange nur in kleinen Zirkeln diskutiert worden. Jetzt ist es Zeit zu handeln.“

An diesem ersten Absatz wird deutlich, wie Ursula von der Leyen politisch vorgeht: sie rechtfertigt ihren PR-GAU damit, dass ohne ihren kopf- und sinnlosen Vorstoß das Thema nicht diskutiert worden sei. Kann man das noch Perfidie nennen? Nein, das ist nur die pure Angst der Schlange vor der Schlinge, die sie sich selbst geknüpft hat. An einen Klasse PR-Coup gedacht (hey, Kinder gehen immer!) und die Rechnung nur mit „Bild, Bams und Glotze“ gemacht. Dumm gelaufen.

Zensursula, die Aktionistin:

„Das sogenannte Access Blocking ist ja auch nur ein Teil unseres Gesamtplans, Kinderpornografie auf allen Ebenen zu bekämpfen. Das Wichtigste ist, die Täter zu verfolgen und zu stellen. Zweites Ziel ist, die Quellen zu schließen. Und der dritte, aber unverzichtbare Punkt bleibt: Web-Seiten zu blocken.“

Ursula von der Leyen hatte vier Jahre Zeit für ihren „Gesamtplan“. Passiert ist in dieser Zeit jedoch: nichts. Stattdessen tanzt sie wenig vor der Bundestagswahl mit einem schlecht inszenierten Politklamauk zurück in die Köpfe. Sie hat eine miserable Amtsbilanz und kann das ganz offensichtlich nur mit Kinderpornokrawall übertünchen. Angesichts dessen, was real Missbrauchsopfer erleiden müssen und mussten, verbietet sich hier jedoch der Gebrauch der Formulierung „politischer Missbrauch“, wenn er auch kaum von der Hand zu weisen ist.

„Nur beim Thema Access Blocking hat es zehn Jahre lang Gespräche hinter verschlossenen Türen gegeben, aber vergebens. Es hat sich nichts getan.“

Warum, Frau von der Leyen, warum nur?

Zensursula, die Kompromissbereite:

„Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir ein Gremium mit unabhängigen Experten schaffen, das die Blockierlisten unter dem Mehr-Augen-Prinzip anschaut.“

Appeasement-Policy. Dieser Gesetzesentwurf gehört einfach nur in die Mülltonne. Ob mit oder ohne Expertengremium.

Zensursula, die Lernbefreite:

Eine der seltsamsten Stellen im Interview ist diese hier. Das in scharfem Ton geführte Interview hat hiervor die Frage aufgeworfen, ob Kinderpornografie überhaupt über das WWW vertrieben wird.

„Spiegel: Wobei die meisten Kontakte nicht per WWW, sondern per Mail gewesen sein dürften…

Von der Leyen: …die auf verbotene Seiten verweist.“

Was sie hier nicht wiederholt, da es sich einfach nicht belegen lässt, von ihr aber früher zu Markte getragen und als Begründung benannt wurde:

„Noch einmal: Das ist ein Millionengeschäft. Es geht folgendermaßen: Das Anfixen geschieht über Spammails. Die permanente Beschäftigung mit solchen Inhalten führt dann zum Abbau von Hemmschwellen und löst den Hunger nach mehr aus. Die Nachfrage steigt. Das heizt den Markt an, wie wir alle hier im Raum wissen. Es ist eben so, dass 80 Prozent der User über das Internet, über diesen allgemeinen Weg, dort hineinfinden. “

(Ursula von der Leyen, Rede vor dem 16. Deutschen Bundestag am 26.03.2009)

Ursula von der Leyen verschweigt nun lieber, was sich als zu großer Unfug herausgestellt hat. An ihrer Denkweise und Bewertung ändert dies jedoch nichts.

Zensursula, die Problemlöserin:

Doch weiter im Interview. Nun wirds nämlich endlich einmal wirklich absurd:

„Bisher wurden eher sporadisch Seiten gemeldet oder identifiziert. Access Blocking wird die Suche systematisieren. Wir möchten, dass in Zukunft zugleich immer Interpol verständigt wird, die in 160 Staaten dieser Welt vertreten sind.“

Warum sollten Internetsperrungen die Suche systematisieren? Gibt es schon ein Microformat für den schnellen Austausch der Internetsperrer in UK, Schweden, Dänemark und Deutschland? Oder gar eine offene API? Internetsperrungen sind keine Systematisierung der Suche nach Inhalten, deren Entstehung und Vertrieb das Problem darstellen.

Zensursula, die Belehrende:

Etwas später kommt ein neuer Höhepunkt:

„Es geht um Kinderpornografie und nichts anderes. … Wenn ein künftiger Gesetzgeber Sperren ausweiten will, muss er ein völlig neues Gesetz schaffen, mit Anhörungsverfahren, Petitionen und allem, was noch dazugehört. Niemand kann ein Gesetz unbemerkt ändern.“

Das stimmt. Deshalb wollte Ursula von der Leyen zuerst auch nur Verträge mit den Provider abschließen, korrekt? Und auch die Protokollierungspflicht ist Dank der Transparenzleistung des BMFSFJ ins Spiel gekommen?

Zensursula, die Zicke:

Achtung, hier kommt jetzt aber eine politische Messerspitze, über die die Netzgemeinde bitte Nachdenken sollte:

Die Interviewer fragen:

„Wenn ich aus Versehen durch das Anklicken einer Spam-Mail auf eine Stoppschild-Seite gelange, muss ich damit rechnen, auf eine Ermittlungsliste zu kommen, und dann meine Unschuld beweisen zu müssen?“

Von der Leyen:

Generalverdacht? Nein. Den auszuschließen war ausdrücklich mein Anliegen. *Und ich denke, das Bundesjustizministerium hat sich gründlich überlegt, wie die von ihm gewünschte Regelung aussehen muss.*“

Ursula von der Leyen sagt hier: die Protokollierungspflicht ist vom Justizministerium, dem von der SPD-Ministerin Brigitte Zypries geführten BMJ, gewünscht worden. Das ist überaus interessant. Das sollte man beim BMJ in Erfahrung bringen. Wer ruft da an?

Mehr zum Thema bietet unsere kommentierte Zensursula – Linkliste.

73 Ergänzungen

  1. Sehr gelungene Analyse. Danke, Markus!

    Zu dem Zitat „Niemand kann ein Gesetz unbemerkt ändern“ möchte ich noch folgendes ergänzen:

    Es wird gar nicht nötig sein, dass ein zukünftiger Gesetzgeber das Gesetz ändert. Ist die Sperr-Infrastruktur erst einmal installiert, werden die Gerichte unter Anwendung der Mitstörerhaftung schon dafür sorgen, dass die Provider auch andere Inhalte sperren.

    Unbedingt http://www.heise.de/ct/artikel/138426 lesen! (letzte drei Abschnitte)

    Meine Befürchtung: Sperrung ist die neue Abmahnung

  2. Tja, unsere Uschi ist doch die Beste… *seufz*

    Ich frage mich gerade, da Frau von der Leyen von anfixen sprach, was sie wohl damit meinte in Bezug auf KiPo? Wenn man oft genug derartige Bilder sieht, beginnt man automatisch süchtig danach zu werden? Darauf zu stehen??

    Hey, ich stehe nicht auf Kerle, obwohl ich schon oft welche nackt gesehen habe. Nach Frau von der Leyens augenscheinlicher Logik müsste ich – da ich ja schon „angefixt“ wurde – mittlerweile Stockschwul sein und Butter aus drei Metern Entfernung zum Schmelzen bringen, zumal ich auch noch gerne mit schwulen Kumpels abhänge und Klöne. Seltsam nur das ich es nicht bin…

    Es ist ja bei manchen Leuten eine unangenehme Angewohnheit von sich auf andere zu schließen, das eigene Verhalten auch dem Anderen anzulasten. Da stellt sich mir die Frage, wieviele KiPo’s hat Frau von der Leyen bereits im Rahmen ihrer „Tätigkeit“ betrachtet? Sollte man ihre Überlegung zum Thema „anfixen“ auch einmal auf Sie anwenden?

    Aber das wäre ja unfair und würde ihr unterstellen ein labiler Mensch zu sein, jemand der charakterlich nicht gefestigt ist, einer dwelcher sich von Bildern zu stark beeinflussen lassen würde, was ich natürlich nicht will.

    Eines muss ich jedoch feststellen: Eine solch bescheuerte Argumentation habe ich lange nicht gesehen!

    Grüße
    Ingo

  3. Ich frage mich, ob das jetzt Unwissenheit, ein gekränktes Ego,Starrsinn oder Machtgeilheit ist.

    Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.

  4. @Martin Grandrath (#1): Sperren werden wohl kaum die neuen Abmahnungen, denn mit Sperren können die Rechtsanwälte kein Geld machen. Sollte es aber tatsächlich so kommen, wäre das für Webseitenbetreiber sogar besser, denn gesperrte Seiten können weiter einfach von Interessierten betrachtet werden und die Sperrung ist im Vergleich zur Abmahnung für den Betreiber unschlagbar günstig.

    >:->

  5. das Interview hat sicher das Zeug zum Klassiker auch für den Deutschunterricht .. aber, hmm, welche Kreide?
    Wie geht denn eine klarere Absage an den Rechtsstaat als
    „dieser Straftatbestand muss nicht täglich durch einen
    Richter noch einmal wiederholt werden“?

  6. Hallo,

    guter Artikel.

    Zur Zypresse ähm Zypries:

    Von der Leyen ist hier mit einem Gesetz vorgesprescht und Zypries musste zu Beginn schon einstecken, als sie ins Gesetz gleich Musikindustrie und Glückspielseiten einbringen wollte.

    Das Urschel hatte dann aber mit dem Gesetz einfach so viel Aufmerksamkeit, das sie nach Punkten einfach vorne lag. Es blieb Zypries einfach nichts anderes übrig, im Blick auf Wahlkampf noch irgend einen Schwachfug mit einzubringen, um wenigstens dort nachziehen zu können.

    Zwischen von der Leyen und Zypries ist ein Krampf ähm Kampf, teilweise sogar Krieg, ausgebrochen den beide zusätzlich untereinander ausfechten.

  7. Vorsicht Ingo!
    Bitte nicht Schwule und Kinderpornographen in einen Topf schmeissen, auch wenn du es sicher nicht so gemeint hast.
    Ansonsten: Tolle Analyse Markus und – leider – weitermachen! So leicht kommt die Frau nicht davon! Vor allem was ihre wirkliche Motivation hinter dem ganzen Schmu ist, sind sicher noch nicht alle Details ausgiebig genug beleuchtet.
    Ich bin gerade ernsthaft überrascht von dem echt nicht schlechten Interview auf SPON!

  8. So langsam könnte man echt mal aufhören ständig neue, beleidigende Namen für Ula zu erfinden. Damit macht sich die Anti-Sperren Bewegung doch nur selbst zum Horst.

  9. Gut dass du angefangen hast, Markus, da kann man sicher in den Kommentaren noch einiges ergänzen.

    Ein Satz stört mich allerdings:
    „Sie hat eine miserable Amtsbilanz und kann das ganz offensichtlich nur mit Kinderpornokrawall übertünchen.“

    Inwiefern hat sie als Familienministerin generell eine „miserable Amtsbilanz“? Das sollte hier nicht einfach so behauptet werden. Soweit ich das überblicke, hat sie mindestens gegen die Konservativen in der Union die Elternzeit und das Elterngeld durchgekämpft. Das war schon eine imposante Leistung.

    Meiner Einschätzung nach hat sie während der Vorbereitungen zum Rio-Kinderschutzgipfel Ende letzten Jahres zum ersten Mal von diesem Thema gehört und ist dann – nachvollziehbar und gut gemeint – darauf angesprungen. Leider war sie dabei extrem schlecht beraten, sowohl was die Inhalte als auch was die Kommunikation angeht. Es ist eigentlich tragisch, dass sie sich mit der Zensur-Debatte die öffentliche Wahrnehmung ihrer Amtsbilanz so verhagelt hat. Das wäre nicht nötig gewesen.

  10. Kleiner Zusatz:
    Die Ansicht vdL „Und Sie meinen, es führt zum Ziel, wenn in jedem einzelnen Fall ein Richter entscheidet: Ja, es ist 184b. Wir haben einen scharf umrissenen Straftatbestand im Gesetz, dazu sind Gesetze da.“ steht in krassem Gegensatz zu Art 101 I 2 GG (Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.)

    Aber man darf natürlich den Ministern nicht immer ständig dieses dämliche Grundgesetz vorhalten. Dann ist man wieder Karlsruhe-Tourist.

  11. @12:
    „…Meiner Einschätzung nach hat sie während der Vorbereitungen zum Rio-Kinderschutzgipfel Ende letzten Jahres zum ersten Mal von diesem Thema gehört…“

    Als Familienministerin?
    Wohl kaum.
    Jeder halbwegs gebildete und informierte Otto-Normal-Bürger ist sich dieses Problems bewusst.
    Also das kann sie keinem glaubhaft weismachen.

  12. Ich vermisse den Punkt „einfaches Umgehen der DNS-Sperren durch Verwendung. eines anderen Nameservers“ im Interview. Mich hätte da echt mal ihre Meinung interessiert.

  13. Ralf: Bei der eigenen Klientel gehört Elterngeld zur schlechten Bilanz – Männer werden finanziell bestraft, wenn sie nicht Zwangsurlaub machen? So etwas kann nur entschuldigt werden, wenn denn die Geburtenzahlen explosionsartig ansteigen. Tun sie aber nicht.

  14. „Das sollte man beim BMJ in Erfahrung bringen. Wer ruft da an?“

    Ich habe Frau Zypries eine entsprechende Frage über abgeordnetenwatch.de gestellt. Mal sehen, ob sie darauf antwortet.

  15. Ralf: beim Elterngeld kommt der Hammer hinterher. Das Geld fällt unter den Progressionsvorbehalt, so daß wir nächstes Jahr wohl einige Hundert Euro Steuern zahlen dürfen. Toll, wo jetzt das Einkommen meiner Frau wegfällt und wir eh nix zurücklegen können.

    Früher war das alles problemloser, 300 Euro 2 Jahre lang und gut wars. Und was glaubst Du, was mir mein Chef erzählt, wenn ich ’n paar Monate Erziehungsurlaub nehmen will?

  16. @wolle, #9: „Bitte nicht Schwule und Kinderpornographen in einen Topf schmeissen, auch wenn du es sicher nicht so gemeint hast.“

    Ja, doch. Und nicht nur Kinderpornographen & Schwule, auch Heterosexuelle gehören in den gl. Topf.

    Die Frage: Wie gestaltet sich die Objektwahl – wird man durch Umgang mit Tieren zum Sodomisten? Durch Anblick von Bildern nackter Frauen von ‚Homosexualität geheilt‘? Von Kinderbildern zum Pädophilen?

    Und die Antwort ist: Nein, nein, nein. So entstehen sexuelle Präferenzen nicht. Nicht bei Hetero-, nicht bei Homosexuellen, und auch sonst nicht.

    Da sind alle in einem Topf, sowie – auch wenn es Dir nicht gefällt – Pädophile den gleichen Stoffwechsel haben wie nicht Pädophile, atmen, schlafen, träumen – Menschen sind.

    Statt die Wissenschaft wir hier das Märchenwunderland befragt um Politik zu machen. Und zwar von einer Ärztin, die es besser wissen müßte. Sie verrät die Wissenschaft, sie verrät ihre Ausbildung, sie verrät den Beruf des Arztes, wenn sie derartige Legenden in Umlauf bringt.

    Mir graust vor derartigen Täuschern und Betrügern – was führt sie wirklich im Schilde?

  17. Mich hat übrigens überrascht, daß das ehemalige Nachrichtenmagazin mit den gestellten Fragen etwas zur alten Schärfe zurückgefunden hat. Vielleicht war Frau v.d. Leyen auch überrascht, soo kritische Fragen gestellt zu bekommen.

  18. Die Protokollierungspflicht war tatsächlich eine Forderung von Frau Zypries. Das war damals ganz klar in der Presse zu lesen. Keine der Koalitionäre sollte für Demokraten noch wählbar sein.

  19. Ich vermisse einen Kommentar zu Uschi’s revolutionärer Äußerung zum Richtervorbehalt:

    „Wir sprechen nur über den Straftatbestand der Kinderpornografie, der geregelt ist im Paragraf 184b StGB. Und dieser Straftatbestand muss nicht täglich durch einen Richter noch einmal wiederholt werden.“

    Das finde ich doch ziemlich bemerkenswert. Wozu brauchen wir überhaupt noch das teure Richtergesocks? Das Urteil kann doch auch gleich der ermittelnde Polizist aussprechen, steht ja sowieso alles klar im Gesetz!

  20. Es ist eine wirklich bodenlose Unverschämtheit von dieser Frau, Alle Männer als potentiell Pädophil hinzustellen!
    Das lässt tief blicken und nimmt ihr jede Seriosität.
    Haben wir nur noch traumatisierte Psychowracks in der Regierung? Da gehören einige in eine Therapie anstatt ins Parlament.

  21. Mir stellt sich immer mehr die Frage, bei wem ich bei der nächsten Wahl überhaupt meine Kreuze machen soll …

    SPD & CDU – haben sich in letzter Zeit ausreichend selbst disqualifiziert.
    Grüne – Das politische Rückgrad wurde scheinbar mit der letzten Wahl und dem damit verbundenen Mit-Regieren-Dürfen abgegeben.
    FDP – Hm, vielleicht. Zumindest machen die mal den Mund auf. Allerdings kann mich auch hier das Programm nicht wirklich vom Hocker reissen.

    Was bleibt noch? Nicht wählen zu gehen ist für mich keine Alternative. Schon wegen der rechten (Linken) Partei(en).

    Bleiben wohl nur die Piraten momentan, zumindest bei der Europawahl, und zu hoffen dass die bis zur nächsten lokalen Wahl groß genug geworden sind für die Listen.

  22. Interessant finde ich auch das Detail zu der Initiative von Spiegel Online:

    Zitat von der Leyen:
    „Sie hatten auf SPIEGEL ONLINE vor vielen Jahren die Aktion „Netz gegen Kinderporno“. Ich frage mich, warum diese Aktivitäten eingeschlafen sind.“

    Ich sehe das als Darstellung falscher Tatsachen. Die Meldestelle, die von Heise, Spiegel Online und Stern Online damals (1998) aufgebaut worden ist, ist aufgrund der Änderung der Meldemöglichkeiten und dem Absehen von Bestrafungen von Meldern eingestellt worden.

    Die gute Frau scheint ein Talent dafür zu haben Dinge falsch darzustellen…

    Quellen:
    http://www.anti-kinderporno.de/seite/erklaerung.php (da steht wer ursprünglich dabei war)
    http://www.heise.de/ct/Netz-gegen-Kinderporno–/artikel/134102

  23. Schade, dass Du auf den skandalösen Absatz mit der Frage nach dem Richtervorbehalt nicht eingehst. In ihrer Begründung, der Straftatbestand sei ja hinreichend im StGB geregelt, der müsse also nicht mehrmals täglich noch von einem Richter überprüft werden, stellt Zensursula den Rechtsstaat vollständig in Abrede.

    Dieser Ausführung folgend brauchen wir auch nicht mehr die Schuld oder Unschuld von Mördern durch ein Gericht ermitteln zu lassen — Mord ist hinreichend im StGB geregelt, bei Verdacht also einfach wegsperren.

  24. Ich wähl die Grünen bei der Europawahl. Die kommen rein und haben uns im Europaparlament immer bei Sachen wie dem Telekom-Paket unterstützt.

  25. Ich habe beim BMJ schon vor einiger Zeit angerufen. Man hat dort keine Ahnung und ist nicht verantwortlich. Mein Angebot, sie auf einen fundamentalen juristischen Fehler im kommenden Gesetz aufzuklären, wurde nicht angenommen.
    Es werden nur Luftblasen produziert. Ich habe icht den Eindruck gewonnen, irgenwer der beteiligten Politiker oder Beamten hätte wirkliches Interesse daran, dass Problem zu verkleinern.

  26. Ich fand es schade, dass die Interviewer nicht die entscheidende Frage gestellt haben, ob es gute Gründe für die Annahme gibt, dass es ein umfangreiches kommerzielles Geschäft mit Kinderpornographie gebe und dass das Blockieren von Webseiten dieses Geschäft stören würde. Denn nur, wenn man dies beides annimmt, würde das Gesetz möglicherweise wirklich helfen, Kinder vor Missbrauch zu schützen. Dass in einem so langen Interview überhaupt nicht von den Kindern die Rede ist, ist traurig und bezeichnend. Es belegt eindrucksvoll, dass das Gesetz bloß eine Scheuklappen-Strategie verfolgt.

  27. @41 & 44
    ncht nur hoffen das sie auch bei der wahl im september zugelassen werden, sondern dafür auch unterschreiben. dann kannst du dein kreuz auch da machen…..

    ich bin tatsächlich am überlegen das erste mal meine stimme unkenntlich zu machen. mir graust es nur noch, egal wohin ich gucke….

    eine traurige demokratin

  28. @ Wolle

    Ich würde mir eher die Zunge abbeissen und die Pulsadern öffnen bevor ich Schwule und Kinderschänder in einen Topf werfe!!!

    Der Vergleich war auf das von von der Leyen ausgepsrochene Anfixen bezogen.

    Ihrer Logik nach müsste ich schwul sein weil ich eben mit Schwulen rumhänge. Ich hätte auch schreiben können das man automatisch Briefmarken sammelt, wenn man Briefmarken oft genug sieht.

    Ich würde niemals im Leben auf die Idee kommen jemandem mit Kinderschändern zu vergleichen, nur weil er das gleiche Geschlecht liebt.

  29. Vielen Dank für das Auseinanderpflücken, dadurch erscheinen einige der Äußerungen in einem Licht, das die Hintergründe ausleuchtet.

    „Zensursula, die Zicke“ bietet den BMJ-Unterpunkt, der mir beim ersten Lesen schlicht entgangen ist!

    Nochmal danke!

  30. ja, das gesetz ist ein fall für die mülltonne, und ja, frau von der leyen weckt auch in mir allergische reflexe (v.a. nachdem ich die rede in tutzing sehen und hören konnte). aber es ist stumpf und sinnlos, unter gleichgesinnten sich begeistert immer nur neu die eigenen aversionen zu bestätigen, wie es häufig (durchaus nicht immer) geschieht.

    drei punkte sind für mich nachdenkenswert:

    (1) wahr ist ja, dass eine intensive debatte und das crowdsourcing von web-kompetenz zum schlüssel- und auch symbolthema „kinderpornographie“ tatsächlich erst durch von der leyens vorstoß ausgelöst worden ist. warum?

    schön wäre es, wenn in zukunft eine digital-direkte demokratische bewegung selbst imstande wäre, diese beeindruckende energie, die man jetzt sieht, auf lohnende ziele zu richten. nicht nur über den staat zu jammern (mit grund, natürlich), nicht nur zu reagieren, sondern selbst politik zu *machen*.

    (2) und, das hängt zusammen, es ist hochinteressant, erstaunlich und erschreckend, wie wenig *irgendwer* zum thema „Kinderpornographie im Internet“ weiß. es sieht ja für mich laien so aus, als ob Alvar Freudes recherchen (und ihre vorläufer) überhaupt der erste ernstzunehmende versuch sind, sich auch nur eine annähernde idee davon zu verschaffen. traditionell wäre das ja die (inoffizielle) aufgabe „der medien“ gewesen, also der alten medien, die da, wie es scheint, versagen. auch das spricht für eine plattform für web-basierte politik, wie sie jetzt gerade zu emergieren scheint.

    (3) was auch hier für mich zum ersten mal so richtig greifbar wird, ist die notwendigkeit, ein projekt „Mainstream 2.0“ zu beginnen und voranzutreiben. was jetzt nicht mehr geht, ist die bisherige gemütliche aufteilung in ahnungslose ausdrucker draußen und web-insider innen (die wieder in 1990er-Linux/Admin-Veteranen und Web2.0er zerfallen).

    das großartige an der ganzen sache: in den letzten zwei monaten ist plötzlich eine ganz neue qualität von deutscher web-öffentlichkeit und web-politik entstanden. Tipping Point?

  31. Frau von der Leine setzt sich (auch) FÜR Sammelklassen ein und schickt IHRE Nachkommen in Privatschulen, KEINE Sammelklassen.

    Das war nach dem Krieg nachweislich als nachteilig abgeschafft, mein alter Vater war noch in Sammelklassen als die Schule zerbombt war.

    Jetzt wird das „Rad neu erfunden“ und Vorteile raus gestellt.

    Frau von der Leine gibt ihre Nachkommen sicher in keine Sammelklasse, wo mehrere Schuljahre „gesammelt“ unterrichtet werden.

    (Ich wähle nur grün, „die Leute“ nicht mehr.)

    LG

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