Pornhub im VisierMedienwächter wollen noch mehr Netzsperren für Pornoseiten

Nach jahrelangem Ringen gegen Pornoseiten bekommt die Medienaufsicht neue Instrumente. Ab 1. Dezember darf und will die Behörde mehr Netzsperren anordnen und Zahlungen unterbinden. Porno-Produzentin Paulita Pappel vergleicht das Vorgehen mit autoritären Regimen.

Porträt von KJM-Vorsitzendem Marc Jan Eumann
KJM-Vorsitzender Marc Jan Eumann – Alle Rechte vorbehalten IMAGO/Metodi Popow; Bearbeitung: netzpolitik.org

Die deutsche Medienaufsicht will nicht, dass Menschen in Deutschland einfach so eine Pornoseite besuchen können. Stattdessen sollen die Seiten die Ausweise der Besucher*innen kontrollieren oder ihre Gesichter biometrisch scannen lassen. Viele Pornoseiten weigern sich aber, das zu tun. Darunter sind Pornhub und xHamster, die zu den weltgrößten Pornoseiten gehören.

Mehrfach schon hat die Medienaufsicht versucht, widerspenstige Pornoseiten in Deutschland sperren zu lassen. Das heißt, Internet-Provider wie Vodafone, 1&1 oder Telekom sollten verhindern, dass Kund*innen eine Website wie gewohnt abrufen können. Aber diese Netzsperren hatten keinen Erfolg. Die Seitenbetreibenden hatten einfach alternative Domains eingerichtet.

Ab dem 1. Dezember erhält die Medienaufsicht zwei neue Instrumente, um Pornoseiten stärker unter Druck zu setzen. Die Grundlage dafür ist die Novelle des Gesetzes, auf dessen Basis die Behörde arbeitet: der Jugendmedienschutzstaatsvertrag, kurz JMStV.

Das sind die neuen Instrumente

Das erste neue Instrument sind Netzsperren für Ausweichdomains. Bisher hat es eine Weile gedauert, bis die Medienaufsicht eine neue Netzsperre anordnen konnte. Der Grund dafür waren aufwendige Verwaltungsverfahren. Nun soll es deutlich schneller gehen, wenn betroffene Angebote nur eine alternative Domain einrichten.

Mit dem zweiten neuen Instrument soll die Medienaufsicht Pornoseiten den Geldhahn abdrehen. Die Behörde soll Dienstleister anweisen können, keine Zahlungen mehr für eine bestimmte Seite zu erlauben. Solche Dienstleister sind zum Beispiel Visa, Mastercard, Klarna oder PayPal.

Die neuen Instrumente sind eine direkte Folge des bislang vergeblichen Vorgehens gegen Pornoseiten. Die Medienaufsicht hatte damit bewiesen, dass sie mit ihren bisherigen Mitteln keine Ergebnisse erzielt – und deshalb mehr Mittel bekommen. Nun will sie diese Macht auch einsetzen, wie der Evangelische Pressedienst (epd) berichtet. Im Visier sind demnach Pornhub und YouPorn, beides Angebote des Konzerns Aylo. Die Seiten dienen als Präzedenzfälle für die deutsche Medienaufsicht. An ihnen ackert sich die Behörde schon seit Jahren ab.

Geldhahn abdrehen: So soll das ablaufen

Die neuen Abläufe hat die Behörde auf Anfrage von netzpolitik.org näher erklärt. Um Pornoseiten den Geldhahn abzudrehen, ist ein formelles Verwaltungsverfahren vorgesehen. Ein Zahlungsdienstleister würde zunächst die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen, wie eine Sprecherin erklärt. Danach würde die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) als zentrales Organ der Medienanstalten eine Entscheidung treffen. Zum Beispiel: Ein bestimmter Dienstleister soll keine Zahlungen mehr für eine bestimmte Pornoseite durchführen. Das erfährt der Dienstleister dann über ein formelles Schreiben, einen sogenannten Verwaltungsbescheid.

Zahlungsdienstleister sind eine Achillesferse für Pornoseiten. Auch wenn viele Inhalte kostenlos sind, fließt Geld etwa für Werbeanzeigen oder Premium-Angebote. Davon abhängig sind auch die teils prekär beschäftigen Darsteller*innen, die oft als Selbstständige ihre Inhalte im Netz anbieten. Maßnahmen der Medienaufsicht könnten sie besonders hart treffen.

Theoretisch könnten sich betroffene Zahlungsdienstleiter vor Gericht gegen eine Anordnung der Medienaufsicht wehren. Das dürfte aber weniger wahrscheinlich sein, wenn man sich das bisherige Verhalten großer Anbieter wie Visa, Mastercard oder PayPal anschaut. Bereits in der Vergangenheit haben sie auf öffentlichen Druck ihre Dienstleistungen für Pornoseiten eingestellt.

Gerade Pornhub hat in dieser Hinsicht nicht mehr viel zu befürchten: Die großen Zahlungsdienstleister hat die Plattform schon verloren. Wer aktuell etwa ein Premium-Abo bei Pornhub abschließen möchte, kann nur noch per SEPA-Lastschrift oder Kryptowährung zahlen.

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Ausweichdomains sperren: Das ist geplant

Wenn es um Netzsperren geht, haben sich Angebote wie xHamster und Pornhub bisher ein Katz-und-Maus-Spiel geleistet. Auf angeordnete Sperren haben die Seiten schlicht mit alternativen Domains reagiert. Dadurch hatten die Sperren keinen Effekt. Das kann auch mit dem neuen Instrument der Medienaufsicht so weitergehen. Zwar kann die Medienaufsicht künftig schnell neue Sperren anordnen. Aber auch neue Ausweichdomains lassen sich schnell einrichten.

Wie viele Netzsperren möchte die Medienaufsicht in diesem Katz-und-Maus-Spiel also verhängen: Dutzende? Hunderte? Eine Sprecherin schreibt hierzu: „Eine entsprechende Prognose ist angesichts auch der von Ihnen beschriebenen Dynamik nur schwer zu stellen.“

Selbst wenn die Medienaufsicht mit Netzsperren um sich schießt, muss sich für Nutzer*innen nicht viel ändern. Denn Netzsperren lassen sich kinderleicht umgehen, zum Beispiel mit VPN-Diensten. KJM-Vorsitzender Marc Jan Eumann hat versucht, das gegenüber dem epd herunterzuspielen: „Nicht jeder minderjährige Nutzer richtet sich so einen Tunnel ein“.

Das mag stimmen, immerhin kann niemand seriös sagen, was ausnahmslos jeder Nutzer tut. Wenn sich Jugendliche jedoch für Pornos interessieren, dann werden sie einen Weg dorthin finden. Neben VPN-Diensten gibt es noch alternative DNS-Server oder den Tor-Browser, beides kostenlos.

Die Mühen der Medienaufsicht haben also wenig Aussicht darauf, Minderjährige praktisch und wirksam vor Pornos zu schützen. Aber das hat die Behörde auch bisher nicht aufgehalten. „Wir werden die neuen Instrumente erst einmal anwenden und dann sehen wir weiter, ob es noch weiterer Befugnisse bedarf“, erklärt eine Sprecherin.

Kritik: „Instrumente wie aus autoritären Regimen“

Netzsperren anordnen, Zahlungen untersagen: Beides sind scharfe Schwerter. Die Maßnahmen greifen in Grundrechte wie Netzneutralität, Informationsfreiheit und Berufsfreiheit ein. Sie müssen gut begründet sein.

Paulita Pappel ist davon nicht überzeugt und lehnt die neuen Instrumente vehement ab. Sie ist Buchautorin, Porno-Regisseurin, -Produzentin und -Darstellerin und setzt sich für die Interessen der Branche ein. „Netzsperren und das Blockieren von Zahlungsströmen sind Instrumente, wie wir sie sonst nur aus autoritären Regimen kennen“, schreibt sie auf Anfrage von netzpolitik.org. Sie befürchtet, dass die Pornoindustrie nur ein Testfeld ist. „Was hier etabliert wird, kann später auch gegen andere Branchen oder Inhalte eingesetzt werden.“

Tatsächlich sind die neuen Instrumente der Medienaufsicht nicht an Pornoseiten geknüpft. Sie lassen sich ebenso auf weitere Online-Angebote anwenden, die unter Aufsicht der Behörde stehen. Das Vorgehen gegen Pornoseiten ist also auch ein Werkzeug, um der Behörde neue Instrumente zu verschaffen.

Weiter schreibt Pappel von einem „weltweit besorgniserregenden Trend“. Immer mehr Länder, darunter Großbritannien, Frankreich oder US-Bundesstaaten würden auf verpflichtende Alterskontrollen setzen. „Das wirft massive Datenschutzfragen auf und diskriminiert die Pornoindustrie unverhältnismäßig, bis wirtschaftlich tragfähige Modelle kaum noch möglich sind.“

Pornhub hält neue Instrumente für nicht anwendbar

Pornhub wehrt sich schon jetzt vor Gericht gegen die von der Medienaufsicht angeordneten Netzsperren. Das Argument: Die Medienaufsicht sei inzwischen nicht mehr für Pornhub zuständig, sondern die EU-Kommission. Grundlage hierfür ist das Gesetz über digitale Dienste (DSA), das grundsätzlich gegenüber nationalen Vorschriften wie dem JMStV Vorrang hat. Als EU-Verordnung hat der DSA nämlich den Zweck, Internet-Regulierung europaweit zu harmonisieren. Auch die EU-Kommission pocht darauf und kritisiert den deutschen JMStV dahingehend.

Aber gilt der Anwendungsvorrang des DSA auch im konkreten Streit zwischen Pornhub und Medienaufsicht? Genau das will Pornhub gerade vor Gericht klären lassen. Pornhub müsste zwar auch mit Alterskontrollen rechnen, wenn Brüssel das Sagen hätte. Allerdings würde Pornhub durch einen Wechsel von Zuständigkeiten mindestens Zeit gewinnen.

Wir haben Pornhub-Mutter Aylo gefragt, wie sie die neuen Instrumente der Medienaufsicht bewertet. Auch in diesem Fall hält der Konzern die deutschen Behörden für nicht zuständig. Die Regelungen in Bezug auf Zahlungsdienstleister seien „nicht auf nicht-deutsche Plattformen wie Pornhub anwendbar“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage von netzpolitik.org. Darüber hinaus seien Zahlungssperren „hochgradig invasiv“. Dienstleister müssten massenhaft Transaktionen prüfen. Es käme zu Overblocking, also dem irrtümlich Sperren von unverfänglichen Zahlungen. Nutzer*innen würden bloß auf andere Pornoseiten ausweichen.

KJM-Chef irritiert mit irreführender Aussage

Beim Konflikt zwischen Pornoseiten und Medienaufsicht geht es vor allem um die Wahl der Mittel. Wie viel muss, wie viel darf passieren, um Minderjährige im Netz vor Pornos zu schützen? Während Behörden zunehmend strengere Maßnahmen ergreifen, sind bereits ganze Generationen mit jederzeit verfügbaren Online-Pornos groß geworden.

Teils argumentiert die Medienaufsicht unsauber. So schürte KJM-Chef Marc Eumann jüngst gegenüber dem epd Ängste. „Untersuchungen zeigen nach Angaben von Eumann, dass Minderjährige Pornografie viel mehr verstört als beispielsweise eine nicht sexuell motivierte Gewaltdarstellung in einem Fernseh-Krimi“, berichtet die Agentur.

Wir haben die Pressestelle der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen gefragt, auf welche Untersuchungen sich das Zitat beziehe. Eine Sprecherin verwies auf die KIM-Studie 2024 zum Medienumgang von 6- bis 13-Jährigen. Das Problem: Nach „verstörenden“ Inhalten wurden die Kinder in dieser Studie nicht befragt. Stattdessen ging es um Inhalte, für die Kinder „zu jung“ waren, die ihnen „Angst“ gemacht haben oder die ihnen „unangenehm“ waren.

„Jugendliche brauchen Angebote für sexuelle Bildung“

Der Studie zufolge sind Erotik-, Sex- und Pornoseiten der häufigste Inhalt für Ältere, den die befragten Kinder gesehen haben (35 Prozent). Angst gemacht hat den Kindern das aber offenbar nicht. Bei dieser Frage nannten die Kinder gruselige und gewaltsame Inhalte. Erotik-, Sex- und Pornoseiten führen allerdings die Liste der Inhalte an, die befragte Kinder „unangenehm“ fanden (56 Prozent).

Sind Pornos für Kinder also verstörender als Gewalt? Das lässt sich aus der KIM-Studie nicht seriös ableiten. Die irreführende Aussage des KJM-Chefs erzeugt ein Framing. Pornos werden als Extremfall potenziell schädlicher Inhalte für Minderjährige dargestellt. Die Vorstellung besonders verstörter Kinder weckt Emotionen. Das kann ein außergewöhnlich hartes Vorgehen der Behörde gegen die Seiten legitimieren.

Stattdessen macht es aus Sicht des Kinder- und Jugendschutzes wenig Unterschied, ob Inhalte brutal oder pornografisch sind, denn in beiden Fällen ist Schutz gefragt. So spiegelt es sich auch in einschlägigen EU-Gesetzen wider. In der Richtlinie über audiovisuelle Medien (AVMD-RL) gibt es keine nähere Abstufung. Dort gelten Pornos ebenso wie „grundlose Gewalttätigkeiten“ als „schädlichste“ Inhalte, die „den strengsten Maßnahmen“ unterliegen. Wie viel Strenge das genau ist, werden Unternehmen wie Pornhub wohl vor Gericht erfahren.

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17 Ergänzungen

    1. Krypto-Zahlungen stehen schon längst unter zunehmender regulatorischer Beobachtung durch Anti-Geldwäsche- und Alterskontrollvorschriften (KYC).

      1. Ja, versuch mal XMR zu tracken. Immer diesea verweisen auf irgendwelche deutschen Regulierung, erschaffen von Ahnungslosen ohne IT-Kenntnisse, so wie es die Medienanstalten tagtäglich beweisen.

        1. Naja Tracking…
          das ist Sache der Implementation zunächst, nicht Regulierung.

          Regulierung betrifft den Teil wo man was mit anfangen kann, also Umtausch von und zu Geld. Sowie Buchhaltung für wer was verkauft und Steuer.

  1. Wenn man sich anguckt, mit welchem Mangel an Schäden seit Jahrzehnten weltweit und in Deutschland Jugendliche ohne „Schutz“ im Internet aufwachsen, ist einem klar, dass man das ganze in die Tonne treten kann.

    Es geht nicht um Jugendschutz, es geht um Kontroll- und Zensurmaßnahmen gegen alle Bürger. Gibt ja nicht umsonst keinerlei Evaluation.

  2. >> Darüber hinaus seien Zahlungssperren „hochgradig invasiv“. Dienstleister müssten massenhaft Transaktionen prüfen.

    Wenn Aylo (als Mutterkonzern) den Zugang zum Global Credit Card Network von Mastercard verliert, besteht überhaupt keine Veranlassung mehr irgendwelche Transktionen massenhaft zu prüfen.

    MasterCard is a global credit card network that regulates and processes credit/debit/prepaid cards. It is of the four major credit card networks, including Visa, Deliver, and American Express. In 2019, MasterCard earned a total revenue of $16.9 billion, with a payment volume of $6.5 trillion. MasterCard’s main products include consumer credit, consumer debit, prepaid cards, and commercial product business.

    Ein Verlust der von Aylo gezahlten transaction fee wird das Mastercards payment volume nur wenig beeinflussen.

    https://www.globallegallawfirm.com/your-guide-to-understanding-mastercard-match-reason-codes/

    High-risk merchants are those categorized by payment processors and acquiring banks as having an elevated risk of chargebacks, fraud, or other potential issues. Industries such as adult entertainment, online gaming, and travel services are often considered high-risk due to factors like high chargeback ratios or regulatory complexities.

    The Role of Merchant Accounts
    A merchant account is a type of bank account that allows businesses to accept credit and debit card payments. It serves as a conduit for funds from customers’ credit card transactions to be deposited into the merchant’s bank account.

    Terminated Merchant File (TMF)
    The Terminated Merchant File (TMF), also known as the MATCH list, is a database maintained by Mastercard that stores information about merchants whose merchant accounts have been terminated due to various reasons, including excessive chargebacks, fraudulent activities, or violations of their merchant agreements.

  3. Das Erpressen von Zahlungsdienstleister könnte schwieriger werden: Zumindest US-Zahlungsdienstleistern drohen künftig empfindliche Strafen, wenn sie aus politischen Gründen diskriminieren. Donald Trump war selber Opfer solcher Praktiken geworden und hat eine Verordnung erlassen, um Debanking zukünftig zu unterbinden.
    https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/usa-kein-konto-aus-politischen-gruenden-banken-drohen-kuenftig-strafen/100147125.html

    1. FYI
      >> Das Erpressen von Zahlungsdienstleistern könnte schwieriger werden

      Wenn Aylo sich aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt fühlt, so bliebe hinreichend Zeit dies dann im Klageverfahren zu erörtern.

      >> Denn Gott segnete einst Aylo und sprach zu den Kunden: Seid fruchtbar und mehret euch.<<

      https://www.reuters.com/sustainability/boards-policy-regulation/us-lenders-weighed-reputation-rules-not-politics-closing-accounts-sources-say-2025-08-07/

      While banks have been careful not to contradict the president directly and provoke his ire, two industry sources cited regulations under the former President Joe Biden's administration that forced them to weigh reputational risks as the reason lenders have dropped clients or avoided others. The sources declined to be identified because of the sensitivity of the matter.
      One bank was concerned about this issue when dealing with Trump because of his legal woes during the Biden administration, the first source said. Spokespeople for JPMorgan and Bank of America both said they do not consider political affiliations in banking decisions and welcomed Trump's efforts to change regulations.

      Da Aylo als ein kanadisches Medien-Unternehmen im Bereich der Internet-Pornografie firmiert sind die US-Regularien nicht sonderlich bindend.

  4. Ganz ehrlich, haben die echt nichts besseres zu tun? Dieses Herumreiten auf dem Thema seitens Medienaufsicht und Politik ist unverständlich. Es gibt viel wichtigere Dinge zu regulieren und kontrollieren. Die Argumente sind immer an den Haaren herbeigezogen oder schlichtweg erfunden. Ja, man sollte es Kindern und Jugendlichen nicht zu einfach machen, entsprechende Inhalte zu finden. Mit der Safe-Search, die in praktisch allen Suchmaschinen immer standardmäßig aktiv ist und aktiv ausgeschaltet ist, ist es doch recht unwahrscheinlich, dass ein neugieriges Kind zufällig über Pornos stolpert. Und wenn aktiv danach gesucht wird, und etwas gefunden wird, ist es vermutlich eher kein verstörender hardcore fetisch Porno. Die muss man schon gezielt aufsuchen. Die Vorschläge aus den anderen Beiträgen zum Thema (z.B. Weiterleitung an Bildungsprogramme zu Pornos für unter 18 Jährige) sind völlig ausreichend. Wer noch zu jung ist, wird am ehesten wieder wegklicken und sich denken „unangenehm“ oder „iiih, eklig, die sind ja nackt“ oder man findet es irgendwie lustig.

    Und was ist mit der Verantwortung der Eltern? Internet besorgen sich die Kleinen ja nicht von allein.

    „Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um zu verhindern, dass ihr Kind Dritte schädigt. Sie müssen verhindern, dass ihr Kind Urheberrechte verletzt, indem es an Tauschbörsen teilnimmt.“ Quelle https://kanzlei-nonnenmacher.de/rechtstipps/aufsichtspflicht-der-eltern-wenn-kinder-das-internet-nutzen
    …und Eltern sind natürlich ebenso verantwortlich dafür, sicherzustellen, dass ihre Kinder entwicklungsgerechte Inhalte aufrufen. Das ist alles schon geregelt und bedarf keiner weiteren Gesetze oder Einschränkungsmaßnahmen. Eltern, die ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen, brauchen sich nicht zu beschweren.

    Anstatt sich Überwachungsphantasien hinzugeben, sollte die Medienaufsicht lieber Bildungsprogramm machen.

  5. Was wollen die Politiker denn machen, wenn Jugendliche, die keine Pornos mehr konsumieren können, einfach selbst Pornos mit ihrem Handy machen? Alle wegsperren, weil der Koitus unter 18 als Missbrauch gilt? Kriegen die Eltern einen auf den Deckel? KI-Zwang auf Smartphones, sodass Aufnahmen nackter Haut nicht gespeichert werden? Volksbank und Sparkasse sperren das Konto?

  6. Lustig.
    Eine eine Firma (limited) zu gründen braucht zwei Klicks.
    Eine neue Domain zu registrieren braucht zwei Klicks.
    Die Services auf die neue Domain zu leiten braucht zwei Klicks.
    Das alles dauert zehn Minuten.

    Das Verwaltungsverfahren dauert mindestens ein paar Monate.
    Bis dahin sind die Anbieter also zigmal umgezogen. Inkl. Zahlungsdienstleister.

  7. Einfache Lösung! IP publizieren das sie nicht per DNS aufgelöst werden müssen. http://xxx.xxx.xxx.xxx gut bei IPV6 etwas länger aber direkte sperren sind gesetzlich „noch“ nicht möglich.

    Das Thema Zahlungsdienstleister ist schon seit Jahren durch, viele haben Pornografie in ihren AGBs ausgeschlossen. FansMine,OnlyFans haben noch größere Schwierigkeiten Zahlungen von Kunden überhaupt zu bekommen. Argumente waren damals Betrug, entweder wurde mit gestohlenen Daten bezahlt oder die Portale verwickelten die Kunden häufig unwissend in Abos die nur schwer zu kündigen waren.

  8. Man kann ja schon fragen, ob der Jugendschutz nicht eher ein Elternschutz ist, nämlich vor unangenehmen Fragen. Es ist doch so, dass sich Kinder eher nicht für Pornographie interessieren. Sobald sie damit anfangen, kann man sie wahrscheinlich kaum davon fernhalten. Neben VPN und Tor gibt es ja auch noch Airdrop. Am wichtigsten ist eigentlich eine Begleitung durch Erwachsene. Wie gesagt, unangenehme Fragen. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

    Die Rechtslage ist nun, wie sie ist. Selbstverständlich müssen Pornographieanbieter eine Altersverifikation durchführen. Und die Medienaufsicht ist natürlich gehalten, das durchzusetzen. Und natürlich braucht sie die Mittel dazu. Es ist folgerichtig, dass die Politik sie zur Verfügung stellt. Die Beschleunigung von Verwaltungsverfahren bei der Sperrung von Ersatzdomains ist komplett nachvollziehbar und richtig, wenn man denn schon Domain-Sperrungen durchführt. Dass nun Zahlungssperren verhängt werden können, halte ich da eher für ein praktisches Werkzeug der Rechtsdurchsetzung als für die Morgendämmerung eines autoritären Staates. Der Staat kann das schon lange. Natürlich kann man die als widersinnig sehen, sind doch die Kunden mit Kreditkarte gerade die Volljährigen. Aber es geht ja darum, die Anbieter zu zwingen, endlich ihren Pflichten nachzukommen.

    Die haben nun ein Problem. Selbst wenn sie wollten, können sie die Altersverifikation nicht einführen, weil den Seitenbesuchern wohl in der Regel einiges an Anonymität gelegen ist. Natürlich außer denen, die zahlen. Die digitale Vorlage des Personalausweises kommt nicht in Frage.

    Der Druck könnte dahin führen, dass sich endlich mal Lösungen etablieren. Am Horizont sind sie schon zu sehen: Die spanische Cartera Digtal Beta, wo man digitale Coupon-Heftchen anfordert, mit denen man sein Alter nachweisen kann, und auf europäischer Ebene wird fleißig an eIDAS 2 gewerkelt. Nebenbei gibt es Lösungen mit KI-Gesichtsscan – …

  9. … hier muss man wohl von einem Scheitern ausgehen, wo das Verfahren die gefühlte Anonymität doch erheblich einschränkt.

    Die Perspektiven für einen funktionierenden Jugendschutz waren jedenfalls nie so gut. Die Porno-Anbieter kommen unter Druck, und die technischen Lösungen sind in den Startlöchern. Hoffen wir einfach, dass sich eine Lösung ohne App-Zwang, Datenschutzprobleme und digitale Wegelagerei durchsetzt. Und wenn die erst mal etabliert ist, können auch die DNS- und Zahlungssperren wieder weg.

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