Die EU-Kommission soll intern ihre Untersuchungen zu großen Unternehmen in der Digitalwirtschaft auf den Prüfstand gestellt haben. Das berichtete heute die Financial Times mit Verweis auf interne Quellen. In der vergangenen Woche hatte Le Monde ähnliches geschrieben, sich dabei allerdings auf den Digital Services Act (DSA) bezogen.
Laut der Financial Times geht es um Untersuchungen unter dem Digital Markets Act (DMA), mit dem die EU die Übermacht von Plattformen wie Google und Facebook einschränken will. Dabei soll die Kommission alle ihre Untersuchungen überprüfen, die sie bisher unter dem DMA eröffnet hat. Laut der Zeitung soll in dieser Zeit nicht über mögliche Strafzahlungen entschieden werden. Die eigentliche Arbeit an den Untersuchungen soll aber weitergehen.
Der DMA betrifft in erster Linie sogenannte Gatekeeper. Damit sind sehr große Digitalunternehmen gemeint, die zentrale Plattformdienste zur Verfügung stellen und eine Schlüsselposition in digitalen Märkten einnehmen. Insgesamt sieben Unternehmen erfüllen derzeit die Bedingungen, um derart eingestuft zu werden. Dazu zählen etwa Alphabet, Apple oder Meta, aber nicht das zuletzt hoch umstrittene X des US-Milliardärs Elon Musk. Für sie gelten besonders strenge Regeln, bei Verstößen drohen ihnen Geldbußen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes.
Nur normale Treffen, sagt Kommission
Die Kommission bestreitet auf Anfrage die Darstellung. Sie sei weiterhin fest entschlossen, den Digital Markets Act und sein Schwestergesetz, den Digital Services Act, durchzusetzen, betonte heute ein Sprecher der Kommission. Es gebe keine solche Überprüfung.
„Was wir haben werden, sind Treffen, um die Ausgereiftheit von Fällen zu bewerten und die Verteilung von Ressourcen sowie die allgemeine Bereitschaft der Untersuchungen zu beurteilen“, so der Sprecher weiter. Das seien normale Schritte, die im gesamten Lebenszyklus von Fällen im Tech-Bereich passieren würden.
Auch ansonsten betont die Kommission, dass die technische Arbeit in den DMA-Fällen sehr komplex sei. Deshalb würden die Untersuchungen weiterhin andauern. Der letzte Schritt aus den Untersuchungen, der öffentlich geworden ist, war die Verkündung von vorläufigen Ergebnissen gegen Apple und Meta im vergangenen Sommer.
Ergebnisse müssen wasserdicht sein
Bei Apple geht es dabei um die Regeln für App-Entwickler:innen. Diese sollen unter dem DMA eigentlich Kund:innen frei auf Angebote außerhalb des App Stores weiterleiten können. Hier reichten die Anpassungen von Apple laut Sicht der Kommission nicht aus. Bei Meta bemängelte die Kommission das „Pay or Consent“-Modell des Unternehmens. Unter diesem müssen Nutzer:innen entweder ihre Daten hergeben oder bezahlen, wenn sie Facebook oder Instagram nutzen wollen.
Die Kommission schickte diese vorläufigen Ergebnisse an die beiden Unternehmen – und die durften dann Widerspruch dagegen einlegen. Dafür bekommen sie auch Zugang zu allen Dokumenten, die die Kommission im Laufe der jeweiligen Untersuchung angelegt hat. Und es sind Konzerne mit prall gefüllten Geldbeuteln, für die es in diesen Fällen um sehr viel Geld geht. Man kann davon ausgehen, dass sie für ihre Verteidigung absolut hochwertige Anwält:innen angeheuert haben.
Der Sprecher der Kommission betonte heute deshalb auch: „Bevor wir eine solche Entscheidung beschließen, müssen wir uns sicher sein, dass wir diesen Fall vor Gericht gewinnen werden.“
Die orange Bedrohung
Neben der juristischen Absicherung gibt es aber noch ein zweites, politisches Problem, das Auswirkungen auf die europäischen Regeln haben könnte. Dieses Problem ist orangefarben, jähzornig und wird am kommenden Montag zum zweiten Mal als Präsident der USA eingeschworen werden.
Donald Trump hatte seit der Zeit rund um die US-Wahl verstärkt Kontakt mit Big-Tech-Chefs. Der Kniefall Mark Zuckerbergs in der vergangenen Woche war das neueste Signal in diese Richtung. Zuckerberg hat sich schon über die angebliche „Zensur“ durch europäische Digitalgesetze beschwert und versucht, mit nationalistisch gefärbten Appellen an Trump, EU-Vorgaben abzuwehren.
Auch Apple-Chef Tim Cook hatte Berichten zufolge bereits Kontakt mit Donald Trump und nutzte die Gelegenheit, um EU-Strafen zu kritisieren. „Ich werde nicht zulassen, dass sie sich an unseren Unternehmen bereichern“, will Trump darauf geantwortet haben.
Zivilgesellschaft macht Druck
Der Bericht über mögliche Bedenken bei der Kommission rief kritische Reaktionen hervor. Wenn die Kommission ihren bisherigen starken Kurs zum DMA ändern würde, wäre das ein sehr großer Fehler, sagte Lucas Lasota von der Free Software Foundation Europe (FSFE) zu netzpolitik.org. Die FSFE unterstützt die Kommission aktuell in einem DMA-Gerichtsverfahren gegen Apple.
„Die FSFE hält ihn für ein sehr wichtiges Gesetz“, so Lasota. Der DMA wolle ein ebeneres Spielfeld für alle schaffen. Es gehe nicht um einen Gegensatz EU gegen USA, sondern um Big Tech gegen alle.
Dem stimmt auch Jan Penfrat von Europan Digital Rights zu. „Die DMA-Untersuchungen zu den Gatekeepern zu verlangsamen, herunterzufahren oder zu pausieren, wäre ein großer Fehler der Europäischen Kommission“, sagte er zu netzpolitik.org.
„Wenn die Kommission sich von der Angst vor politischem Gegenwind aus der Trump-Regierung dazu schikanieren lässt, seine DMA-Untersuchungen neu zu bewerten, dann wird diese Schikane – sowohl von Big Tech als auch von Trump – nicht aufhören“, so Penfrat.
Schwab will gründliche Arbeit
Zweifel gab es auch im Europäischen Parlament. So etwa von Stephanie Yon-Courtin, einer liberalen Abgeordneten aus Frankreich, die am Digital Markets Act mitarbeitete. Für „etwas schwach“ hält sie die Antwort der Kommission, laut der diese weiterhin entschlossen sei, ihre Regeln durchzusetzen. „Wir brauchen gegen die Provokationen von Big Tech keine Worte mehr, sondern Taten, und zwar bald“, sagte Yon-Courtin netzpolitik.org.
Wesentlich gelassener zeigt sich der deutsche Christdemokrat Andreas Schwab. Er war auf Parlamentsseite Chefverhandler zum DMA. „Grundsätzlich gilt: Gründlichkeit vor Schnelligkeit, weil der Maßstab in Europa das Rechtsstaatsprinzip ist“, so Schwab. Die Verfahren würden wahrscheinlich vor Gericht landen und in den USA gebe es jetzt schon Zweifel daran, wie seriös die EU handele. „Deshalb muss die Sache sauber durchgezogen werden.“
„Gleichzeitig ist es aber kein Geheimnis, dass die Spitze der Kommission derzeit keinen Ärger mit den USA will“, so Schwab weiter. „Das muss uns noch nicht besorgt machen, wir können eine Reihe von Entscheidungen auch Anfang Februar noch treffen.“ Am kommenden Donnerstag tritt die Arbeitsgruppe des Parlaments zusammen, die sich mit der Durchsetzung des DMA beschäftigt. Dort will er mit Vertreter:innen der Kommission weitere Einzelheiten besprechen.
Was sollen die denn sonst machen? Die EU ist abhängig von den USA und Donald Trump hat ja klare Worte gesprochen. Das dieser das gesagte dann auch umsetzen würde, ist nicht auszuschließen.
Die EU muss sich endlich mal zusammenreißen und die „Vereinigten Staaten von Europa“ gründen. Das wird aber wohl nichts, da wir schon seit Jahren es nicht hinbekommen die Zeitumstellung abzuschaffen. Erbärmlich.
Knickt die EU vor Trump ein?
Stand: 14.01.2025 15:39 Uhr
Apple, Meta und Google drängen den künftigen US-Präsidenten Trump, gegen die „übereifrige“ EU-Regulierung einzuschreiten. Weicht Brüssel nun von seiner harten Linie gegen die Tech-Giganten ab?
Eine Analyse von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/trump-eu-apple-meta-google-amazon-musk-dma-100.html
Die EU muss eigenständig werden. Theoretisch kann man als Vasall der USA in der Theorie ganz gut leben. Dann ist eben die Cloud-KI der Computer im Raumschiff, und man hat halt nicht immer Verbindung. Dafür dürfen wir am Rande etwas mitmachen, Zugriff auf gewisse Technologien. Sieht man aber, was für Typen da Sachen versuchen, und was für Sachen, sollte der Pfad international eher vollständiges Derisking sein. Sich von Staaten abhängig zu machen, die kein Interesse an einem zusammenhängenden Europa zu haben scheinen, finde ich eine interessante „Strategie“. Nun hatten nicht mal die US-People eine Strategie bzgl. Putin, außer wenn das hier eben die Strategie ist, an der jene ja auch ganz gut verdienen.
Die EU sollte Tracking eindämmen, von mir aus mehr Geheimdienstzusammenarbeit, nicht aber private Überwachung. Diese Konzepte gefährden uns (und die USA) in starkem Maße. Höchst verwunderlich, dass es so schwer fällt, das einzudämmen. Dazu sollte die EU Technologien auch selbst herstellen können (jegliche Chips, was auch immer, eher freie(re) Technologie), sowie Nachhaltigkeit im Kontext Hardware, Firmware und Software durchsetzen, z.B. Zwangsprotokollunterstützung für jegliche PC-Hardware, d.h. freie Treiber werden die Geräte mit erzwungen offenen Protokollen ansteuern können. Diese dürfen etwa 10% langsamer in den geforderten Bereichen sein, als proprietäre Treiber. Beispiele sind CPUs, Bussysteme, Speicher, Grafikkarten, allerlei Erweiterungsgeräte PCIe/USB/usw. Proprietäre Treiber für USB-to-Serial, bzw. überhaupt welche haben zu müssen, ist im 22. Jhdt. schon ziemlich fragwürdig. Der erste Schritt wäre: Alles was an Behörden/Militär geht muss diese Eigenschaften haben. Dann 1/20 Konsumermarkt (hier), später alles. Ja, Ausnahmen.
Es gibt weichere Wege als den Stopp, und die Idee ist, dass diese auch für die Menschen in den USA gut sind. Wenn die nicht selbst denken wollen, muss es eben die EU für sie machen :p…
> als Vasall der USA
Aha. „Fürsorglichste“ Vasallen-Propaganda. Da kann man sich den Rest des Textes sparen.
Wer hat ein Interesse daran, Deutschland als „Vasall“ darzustellen?
Und was ist der Unterschied zwischen gegenseitigen Abhängigkeiten und Vasallentum?
Ein Bildungsangebot dazu:
https://euvsdisinfo.eu/disinformation-cases/?text=vassal
https://ecfr.eu/wp-content/uploads/2023/04/The-art-of-vassalisation-How-Russias-war-on-Ukraine-has-transformed-transatlantic-relations.pdf