Zuckerbergs KehrtwendeMeta goes MAGA

Am 20. Januar kehrt Donald Trump ins Weiße Haus zurück. Am gleichen Tag will Mark Zuckerberg in den USA die Inhaltemoderation bei Facebook, Meta und Instagram stark zurückfahren. Die Kehrtwende ist vor allem eine Unterwerfungsgeste gegenüber dem neuen US-Präsidenten. Sie wird den Kulturkampf weiter anheizen und gefährdet die Demokratie. Auch in Europa. Eine Analyse.

Mark Zuckberg
Mark Zuckerberg unterwirft sich Donald Trump. – Alle Rechte vorbehalten meta.com

Mark Zuckerberg will in den USA die Inhaltemoderation bei Facebook, Instagram und Threads dramatisch umbauen. Faktenchecks durch unabhängige Dritte gehören bald der Vergangenheit an, viele sich gegen Hassrede richtende Regeln schafft das Unternehmen ab. Die gestern verkündete Entscheidung ist eine radikale Kehrtwende – und zwar in dreierlei Hinsicht.

Zuallererst ist sie eine Unterwerfungsgeste gegenüber Trump, den Republikanern und den rechtsradikalen Bewegungen in den Vereinigten Staaten. Fast genau vier Jahre zuvor hatte Meta Trumps Konten in seinen sozialen Netzwerken noch vorübergehend gesperrt. Grund war die Erstürmung des US-Parlaments durch einen MAGA-Mob, angestachelt durch den damaligen US-Präsidenten, der in wenigen Tagen seine zweite Amtszeit antritt. Trumps erneuten Wahlsieg nennt Zuckerberg in seiner gestern veröffentlichten Begründung einen „kulturellen Wendepunkt“.

Immer wieder hatten Trump und seine Verbündeten dem Unternehmen mit Regulierung oder Zuckerberg persönlich mit Gefängnis gedroht. Faktenchecks oder gelöschte Hasspostings werteten sie als illegitime politische Einflussnahme. Die breit aufgestellte Einschüchterungskampagne konnte schon vor der jüngsten Ankündigung von Meta Erfolgserlebnisse verzeichnen: Reihenweise mussten zuletzt einschlägige Forschungsabteilungen in US-amerikanischen Universitäten ihre Pforten schließen oder Personal entlassen, weil der politische Druck zu groß wurde.

Auf einer gestrigen Pressekonferenz räumte Trump denn auch unumwunden ein, die neuen Regeln seien „vermutlich“ auf seine Drohgesten gegenüber Zuckerberg zurückzuführen. Kein Zufall dürfte wohl auch sein, dass Meta die Ankündigung zunächst exklusiv über eine Frühstückssendung des rechtslastigen US-Senders Fox News verbreitet hat. Außer einem Besuch in Mar-a-Lago dürfte es kaum bessere Möglichkeiten als einen Auftritt bei „Fox & Friends“ geben, um direkt auf Trump einzuwirken.

Die Rhetorik des Kulturkampfs 

Zweitens folgt Zuckerberg damit Elon Musks Vorbild. Der Multi-Milliardär entließ, nachdem er im Oktober 2022 Twitter übernommen hatte, einen Großteil der Moderator:innen und setzte stattdessen auf sogenannte community notes, freiwillige korrigierende Anmerkungen der Nutzer:innen unter einzelnen Postings. Diese Form der Selbstkontrolle hat das Problem allerdings noch vergrößert: X ist heute ein Hort der Hetze und des Hasses. Facebook, Instagram und Threads droht nun das gleiche Schicksal.

In gewisser Hinsicht kehrt Meta damit tatsächlich zu seinen Wurzeln zurück, aber wohl anders, als es Zuckerberg in seiner Ankündigung meinte. Denn vom Himmel gefallen sind all die Regeln nicht: So hatte etwa ein UN-Bericht im Jahr 2018 festgestellt, die damals laxe Moderationspraxis von Facebook habe entscheidend zum Völkermord in Myanmar beigetragen. „Ich glaube wirklich, dass dies ein Vorläufer für Genozid ist“, warnt nun ein früherer Meta-Mitarbeiter anlässlich des jüngsten Kurswechsels.

Drittens greift Zuckerberg in seiner Begründung von Metas Kehrtwende zur Rhetorik des Kulturkampfes. Damit stößt der Meta-Chef in das gleiche Horn wie all jene, denen er nun den Freifahrtschein erteilt.

Die strengen Moderationsregeln hätten die freie Rede beschnitten, so der Meta-Chef in einem bemerkenswerten Video auf Instagram (Transkript). Mit den neuen Richtlinien würden nun mehr politische Inhalte in die Feeds der Nutzenden zurückkehren, auch zu den Themen, die in den vergangenen Jahren den Kulturkampf in den USA anheizten. Insbesondere Beschränkungen zu Themen wie Migration und Gender werde Meta abschaffen, Themen, „die einfach nicht zum Mainstream-Diskurs passen“, so Zuckerberg.

Project 2025: Gegen die Zensur von Big Tech 

Die neuen Regeln will Meta am Tag der Amtseinführung Donald Trumps in Kraft setzen. Es ist nicht das einzige Geschenk. Meta spendete außerdem eine US-Million Dollar für Trumps Vereidigungszeremonie in Washington, D.C. Vor wenigen Tagen berief Zuckerberg den Republikaner und Trump-Anhänger Joel Kaplan zum neuen Leiter der globalen Politikabteilung von Meta. Und Dana White wurde in den Verwaltungsrat von Meta aufgenommen. Er ist ein langjähriger Freund Trumps und Chef einer großen US-Kampfsport Profiliga.

Der Tech-Konzern sucht also gezielt die Nähe der neuen US-Administration. Die Sorge vor Trump, der Facebook im Wahlkampf unter anderem als „Feind des Volkes“ bezeichnete, ist offensichtlich groß – und begründet. Denn der neue US-Präsident wird in den kommenden zwei Jahren wohl durchregieren können. In beiden Kammern des Kongresses verfügen die Republikaner über die Mehrheit. Und Trump geht dieses Mal gut vorbereitet ins Weiße Haus: Bereits vor der Wahl haben Hunderte Konservative unter dem Namen „Projekt 2025“ dessen zweite Amtszeit programmatisch ausgearbeitet.

Zu den Autor:innen des knapp 1000 Seiten starken Manifests zählt auch Brendan Carr, den Trump im November zum neuen Chef der US-amerikanischen Telekom-Aufsicht FCC (Federal Communication Commission) kürte. Carr fordert in seinem Kapitel, die Trump-Administration müsse die Versuche von Big Tech eindämmen, „verschiedene politische Standpunkte vom digitalen Marktplatz zu vertreiben“. Unternehmen dürften Inhalte nicht nach Belieben zensieren.

Dank Metas Entscheidung ist die neue Administration, noch bevor sie im Amt ist, diesem Ziel bereits ein gutes Stück nähergekommen. Gleichzeitig wird sie den Kulturkampf in den USA weiter anfachen, die demokratischen Kräfte zusätzlich schwächen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt noch mehr aushöhlen.

Trump, Musk und Zuckerberg gegen den DSA

Metas Kehrtwende betrifft bislang nur die Vereinigten Staaten. In der Europäischen Union regelt der Digital Services Act (DSA) den Umgang der sozialen Plattformen mit Desinformation und illegalen Inhalten. Kommen die Plattformen den Vorgaben nicht nach, müssen sie mit hohen Strafen rechnen.

Allerdings nimmt der Druck auf den DSA schon seit längerem zu. Besonders Zuckerbergs Spiritus rector, Elon Musk, ist das Regelwerk ein Dorn im Auge. Die Kommission wirft Musks Plattform X vor, europäische Regeln zu missachten; inzwischen laufen mehrere Verfahren wegen Verstößen gegen den DSA. Musk schießt scharf gegen die Kommission und bezichtigt sie, Zensur durchsetzen zu wollen.

Hier schließt Zuckerberg in seinem Video auf, indem er der EU ebenfalls vorwirft, mit ihren Gesetzen Zensur zu institutionalisieren. Außerdem kündigt der Meta-Chef an, sich gemeinsam mit der neuen US-Administration Regierungen entgegenzustellen, die vermeintliche Zensur ausweiten wollen. Explizit verweist Zuckerberg dabei auf die EU.

Trump könnte schon bald den Druck auf die EU erhöhen, die europäischen Vorgaben zu lockern. Tatsächlich hatte sein designierter Stellvertreter, der ultra-konservative J.D. Vance, schon im November die Durchsetzung des DSA mit der US-Unterstützung der NATO verknüpft. Und einem noch unbestätigten Bericht der französischen Zeitung Le Monde zufolge soll die EU-Kommission laufende Untersuchungen gegen DSA-Verstöße durch US-amerikanische Digital-Unternehmen bis auf Weiteres auf Eis gelegt haben. Sollte das tatsächlich stimmen, wäre dies eine fatale Entwicklung.

Anstatt kampflos einzuknicken, muss die EU dem Druck aus den USA entschieden standhalten – noch bevor Trump seine vierjährige Amtszeit antritt. Andernfalls gefährdet die Entscheidung Zuckerbergs auch die Demokratie diesseits des Atlantiks.

 


Die Ankündigung von Mark Zuckerberg vom 7.1.2025 auf Instagram in Wortlaut:


Hey everyone. I want to talk about something important today because it’s time to get back to our roots around free expression on Facebook and Instagram. I started building social media to give people a voice. I gave a speech at Georgetown five years ago about the importance of protecting free expression, and I still believe this today, but a lot has happened over the last several years.

There’s been widespread debate about potential harms from online content. Governments and legacy media have pushed to censor more and more. A lot of this is clearly political, but there’s also a lot of legitimately bad stuff out there. Drugs, terrorism, child exploitation. These are things that we take very seriously, and I want to make sure that we handle responsibly. So we built a lot of complex systems to moderate content, but the problem with complex systems is they make mistakes even if they accidentally censor just 1 percent of posts, that’s millions of people.

And we’ve reached a point where it’s just too many mistakes and too much censorship. The recent elections also feel like a cultural tipping point towards, once again, prioritizing speech. So, we’re going to get back to our roots and focus on reducing mistakes, simplifying our policies, and restoring free expression on our platforms. More specifically, here’s what we’re going to do.

First, we’re going to get rid of fact-checkers and replace them with community notes similar to X starting in the US. After Trump first got elected in 2016, the legacy media wrote nonstop about how misinformation was a threat to democracy. We tried in good faith to address those concerns without becoming the arbiters of truth, but the fact-checkers have just been too politically biased and have destroyed more trust than they’ve created, especially in the US. So, over the next couple of months, we’re going to phase in a more comprehensive community notes system.

Second, we’re going to simplify our content policies and get rid of a bunch of restrictions on topics like immigration and gender that are just out of touch with mainstream discourse. What started as a movement to be more inclusive has increasingly been used to shut down opinions and shut out people with different ideas, and it’s gone too far. So, I want to make sure that people can share their beliefs and experiences on our platforms.

Third, we’re changing how we enforce our policies to reduce the mistakes that account for the vast majority of censorship on our platforms. We used to have filters that scanned for any policy violation. Now, we’re going to focus those filters on tackling illegal and high-severity violations, and for lower-severity violations, we’re going to rely on someone reporting an issue before we take action. The problem is that the filters make mistakes, and they take down a lot of content that they shouldn’t. So, by dialing them back, we’re going to dramatically reduce the amount of censorship on our platforms. We’re also going to tune our content filters to require much higher confidence before taking down content. The reality is that this is a trade-off. It means we’re going to catch less bad stuff, but we’ll also reduce the number of innocent people’s posts and accounts that we accidentally take down.

Fourth, we’re bringing back civic content. For a while, the community asked to see less politics because it was making people stressed. So we stopped recommending these posts. But it feels like we’re in a new era now. And we’re starting to get feedback that people want to see this content again. So we’re going to start phasing this back into Facebook, Instagram, and Threads while working to keep the communities friendly and positive. Fifth, we’re going to move our trust and safety and content moderation teams out of California, and our US-based content review is going to be based in Texas. As we work to promote free expression, I think that will help us build trust to do this work in places where there is less concern about the bias of our teams.

Finally, we’re going to work with President Trump to push back on governments around the world. They’re going after American companies and pushing to censor more. The US has the strongest constitutional protections for free expression in the world. Europe has an ever-increasing number of laws, institutionalizing censorship, and making it difficult to build anything innovative there. Latin American countries have secret courts that can order companies to quietly take things down. China has censored our apps from even working in the country. The only way that we can push back on this global trend is with the support of the US government, and that’s why it’s been so difficult over the past four years when even the US government has pushed for censorship.

By going after us and other American companies, it has emboldened other governments to go even further. But now we have the opportunity to restore free expression, and I’m excited to take it. It’ll take time to get this right, and these are complex systems. They’re never going to be perfect. There’s also a lot of illegal stuff that we still need to work very hard to remove. But the bottom line is that after years of having our content moderation work focused primarily on removing content, it is time to focus on reducing mistakes, simplifying our systems, and getting back to our roots about giving people voice. I’m looking forward to this next chapter. Stay good out there, and more to come soon.

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7 Ergänzungen

  1. Ich warte auf den Tag, in der Musk, Zuckerberg oder Bezos sagen werden, Daten an Werbefirmen weiterzureichen sei eine Form von Freiheit und Datenschutz sei wie Nichtbezahlen der Ware „Internet“. Daher werde alles getan, dass Europa seine (durchaus laschen) Gesetze zurückfährt mit der Hilfe der USA.

    Ähnlich argumentieren bereits Youtube-Stars bzw. Betreiber der Channel wie Linus Tech Tips oder Mr. Beast.

    Es stehen harte Zeiten vor uns, nicht nur wegen des Datenschutzes, sondern auch wegen der Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit der Milliardäre bedeutet, auch Algorithmen sollen Meinungen vorgeben dürfen und diese dürfen durchaus autoritär sein. Das liegt nicht in unserem Interesse.

    1. „Ich warte auf den Tag, in der Musk, Zuckerberg oder Bezos sagen werden, Daten an Werbefirmen weiterzureichen sei eine Form von Freiheit“

      Das sagen die von Anfang an und handeln auch so, es ist die Freiheit, alle Geschäfte zu machen.

      Unter „Datenschutz“ versteht man in USA primär den Schutz der Daten, die man besitzt, und deren ungehinderte Nutzung zum eigenen Profit.

      und Datenschutz

  2. Ich finde eine bestimmte Kritik an „Faktencheckern“ und dem DSA ist sehr berechtigt und notwendig, da es eigentlich unmöglich ist, eine objektive, nicht politisch gefärbte Bewertung von Inhalten durchzuführen und viele beteiligte Akteure des „Faktencheckings“ und die EU als (neoliberale) Herrschaftsinstitution dies auch gar nicht beabsichtigen sondern ihrerseits nur Konsens produzieren und Deutungshoheit erringen wollen (vgl. N. Chomskys und E. Hermans Medienkritik).

    Nur sind die ganzen hyperkapitalistischen Big Tech-Bros wie Zuckerberg und Musk ihrerseits auch nicht an einem möglichst freien, objektiven und demokratischen Informationsaustausch interessiert, sondern wollen auch nur Narrative und Konsens produzieren, die ihrer politischen und ökonomischen Agenda zuträglich sind und dann greifen sie ebenfalls zur Zensur, wie man besonders gut auf X erkennt.

    Daher scheint die aufgeklärtere Position zu sein, nicht den DSA gegen die Tech-Bros und „Faktenchecker“ gegen „Social Media“ zu verteidigen, sondern die Prinzipien und Praktiken aller dieser Konsensmanufakturen kritisch zu beleuchten, öffentlich zu machen und demokratischeren Informations- und Meinungsaustausch zu fördern.

  3. Ich frage mich, ob das Zitieren im Wortlaut von propagandistischer Desinformation an dieser Stelle richtig ist. Die Wörter „censor“ und „censorship“ werden irreführend und missbräuchlich verwendet.

    Es wird Zeit, diese Tech-Oligarchen wirksam zu entmachten.

    1. Die EU-Kommission hat von Meta-Chef Mark Zuckerberg erhobene Zensurvorwürfe zurückgewiesen. Die Vorschriften des Gesetzes über digitale Dienste („Digital Services Act“, DSA) bezögen sich auf gesetzeswidrige Inhalte, erklärte die Kommission. Betroffen sei nur Material, das schädlich sei, etwa für Kinder oder die Demokratien der EU-Staaten. „Wir weisen jeden Vorwurf der Zensur entschieden zurück.“

  4. (1/2)
    Wichtig ist es, wie im Artikel auch geschehen, die politische Dimension von der inhaltlichen zu trennen. Das Erpressungspotential einer Noch-nicht-Regierung gegen großen Firmen bzw. die EU und deren Reaktion wird auch Relevanz für ganz andere Politikbereiche haben.

    In der Sache ist ein weiter differenzierter Blick angebracht.
    Denn das DSA-Regime und seine praktische Umsetzung (oder vergleichbare Systeme vor dem DSA), ist alles andere als optimal. Zu den bekannten schweren Nachteilen gehören

    – Systematisches Overblocking durch die Algorithmen bei der Suche nach Blacklist-Content
    – Systematisches Overblocking durch zuviel und zu schnelles Blacklisting aufgrund der angedrohten Rechtsfolgen
    – Stützung auf „Trusted Flagger“ führt zu erheblichem Einfluss privater und interessengeleiteter Akteure auf die Rechtsdurchsetzung
    – Rechte von Usern, deren Beiträge zu Unrecht geblockt wurden, sind äußerst schwach ausgeprägt.
    – Faktenchecks sind nicht verlässlich – es sind hinreichend viele Fälle bekannt, in denen Facebook nachweisbare wahre Aussagen als „Fake News“ blockierte.

    Jeder einzelne dieser Punkte ist ziemlich bedenklich für eine offene Diskussion.
    Sollten Community Notes tatsächlich in allen Punkten schlechter sein?
    Anscheinend hat das bisher noch niemand systematisch und einigermaßen objektiv untersucht.
    Sie haben jedoch einige offensichtliche Vorteile:

  5. (2/2)
    – Das Blocking ist hochgradig intransparent. Es gibt keine Möglichkeit nachzuvollziehen, weshalb genau Inhalte blockiert wurden. Im Gegensatz dazu ist völlig klar, wie Community Notes funktionieren.
    – Mit CNs entfällt die Notwendigkeit, an irgendeiner Stelle eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung (anzeigen oder nicht?) zu treffen. Auch wenn 100 User eine Aussage für falsch und 200 für wahr halten, kann man zum Anlass nehmen, genauer nachzuforschen.
    – CNs sind flexibler: Sie können auch auf Dinge hinweisen, die das übliche Reporting nicht berücksichtigen (das nur eine feste Liste von Gründen kennt wie Falschaussage, Beleidigung usw.).
    – Vielleicht der wichtigste Punkt: Blocking ist sehr leicht politisch zu missbrauchen. Entsprechende Blacklists abzuändern ist ein Leichtes und zentral möglich. Damit kann Blocking-Infrastruktur als schlüsselfertige Einrichtung zu tatsächlicher Zensur verwendet werden.

    Es sei daran erinnert, dass Zuckerberg sich lange Jahre gegen Blocking gewehrt hat. Der aktuelle Zustand ist durch erheblichen Druck sowohl aus dem US-Kongress als auch aus der EU zustande gekommen.
    Daher liegt die Vermutung nahe, dass ihm die Kehrtwende nicht vollständig gegen den Strich geht – bei allen politischen Differenzen zu Trump. Möglicherweise ist der vorauseilende Gehorsam auch der Versuch, selbst sinnvolle Regeln
    festlegen zu können „wie in alten Tagen“, ohne von der Regierung konkrete Vorschriften zu bekommen.

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