Das Bundeskartellamt legt nach: In einem am Dienstag eingeleiteten Verfahren will sich die Behörde ansehen, ob Google Deutschland und der Mutterkonzern Alphabet gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Der Online-Dienst beschränke möglicherweise den Wettbewerb im Kartenmarkt zulasten alternativer Kartendienste, teilte die Behörde mit.
Zum einen geht es um die Einbindung von Daten aus Google Maps in Produkte von Wettbewerbern. „Das betrifft etwa die Möglichkeit, Standortdaten von Google Maps, die Suchfunktion oder Google Street View auf Nicht-Google Karten einzubinden“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. „Wir werden jetzt unter anderem prüfen, ob Google seine Machtstellung bei bestimmten Kartendiensten durch diese Praxis weiter ausdehnen könnte.“
Zum anderen nehmen die Wettbewerbsschützer:innen die Lizenzbedingungen für die Verwendung von Googles Kartendiensten in Fahrzeugen unter die Lupe. Das zielt auf die „Google Automotive Services“ von Infotainment-Systemen in Fahrzeugen ab. In seinen Nutzungsbedingungen verbietet Google etwa Dritt-Entwickler:innen, maßgeschneiderte Karten-Anwendungen für Autos mit Hilfe von Google Maps anzubieten. Auch das Abrufen von Navigationsrouten über die „Directions API“ ist untersagt.
Dammbruch bei Untersuchungen
Das Verfahren ist eines von mehreren, mit denen das Bundeskartellamt mögliche Verletzungen des Wettbewerbsrechts durch Google untersucht. Aufgrund seiner inzwischen offiziell festgestellten „überragenden marktübergreifenden Bedeutung“ muss sich das Unternehmen Fragen zu seinen Bedingungen zur Datenverarbeitung gefallen lassen. Zudem läuft eine Untersuchung zum Google News Showcase. Ob die Vorschläge des Online-Dienstes ausreichen, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Aufseher auszuräumen, bleibt vorerst offen.
Grundlage für die Verfahren ist das überarbeitete und seit Anfang 2021 geltende Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Stellt das Bundeskartellamt fest, dass ein Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung hat, kann es früher einschreiten und wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen.
Die neuen Regeln dürften weitere große Digitalkonzerne zu spüren bekommen. So gilt Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp) seit dem Mai als marktübergreifend bedeutend. Untersuchungen zu einer womöglich missbräuchlichen Verknüpfung der Virtual-Reality-Brille Oculus mit dem Facebook-Netzwerk und generell zu seiner Rolle im Bereich der sozialen Medien laufen derzeit. Auch Amazon und Apple sind mittlerweile ins Visier der deutschen Regulierer geraten.
Neue Spielregeln auch auf EU-Ebene
Auf EU-Ebene werden wohl ab dem kommenden Jahr ebenfalls neue Vorschriften aus dem Digital Markets Act (DMA) den Handlungsspielraum großer Tech-Konzerne einschränken. Zwar fehlt noch die finale Zustimmung des EU-Parlaments über den fertigen Gesetzestext, sogenannte Gatekeeper wie Google werden aber künftig der Aufsicht durch die EU-Kommission unterliegen.
Das Recht nationaler Wettbewerbsbehörden, auf eigene Faust Untersuchungen einzuleiten und gegebenenfalls Maßnahmen anzuordnen, bleibt davon grundsätzlich unberührt. Sollte Brüssel jedoch gleich gelagerte Verletzungen des Wettbewerbs und des DMA vermuten und ein formelles Verfahren einleiten, wäre eine etwaige nationale Untersuchung weitgehend hinfällig.
0 Ergänzungen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.