InterviewCyber-Krimi „Tödlicher-Crash“

Es ist herausfordernd, komplexe netzpolitische Themen zugänglich zu erklären. Barbara Wimmer wählt dafür ein neues Format: ihren Cyber-Roman „Tödlicher Crash“. Wir sprechen mit der Autorin über ihr Werk – und wie sie die Corona-Krise zu spüren bekommt.

Bildausschnitt vom Buch Cover: eine Wiener Straßensezen mit Auto und Tram.
An einem Autounfall entspinnt sich eine Kriminalgeschichte – mit vielen netzpolitischen Elementen. – Alle Rechte vorbehalten Gmeiner Verlag

Barbara Wimmer ist Netzjournalistin bei der Futurezone in Österreich und hat jetzt mit „Tödlicher Crash“ ihren ersten „Wien-Cyber-Krimi“ veröffentlicht.

netzpolitik.org Du bist Krimiautorin und machst was mit Netzpolitik. Magst du das unseren Leserinnen und Lesern kurz erklären?

Barbara Wimmer Ja gerne. Anfang April habe ich einen Kriminalroman veröffentlicht, der in Wien spielt. Deswegen wird er vom Verlag als Wien-Krimi vermarktet. Es geht aber auch sehr viel um Cyber- und netzpolitische Themen. Meine Protagonistin Stefanie Laudon ist eine investigative Journalistin mit starken aktivistischen Zügen – grade im Bereich Netzpolitik. Sie setzt sich sehr dafür ein, dass alle ihre Informanten anonym bleiben und als Whistleblower wirklich gut geschützt sind, verwendet Computer mit Linux Betriebssystemen, nutzt den Messenger Signal und unterstützt Hacktivisten, die DDOS-Angriffe auf Unternehmen durchführen, die nicht auf der guten Seite angesiedelt sind, wenn man das so sagen will.

Im Buch selber geht es um einen Politiker, der in einem selbstfahrenden Auto stirbt – eines der ersten, die im Lande zugelassen wurden. Dabei handelt es sich nicht um einen klassischen Unfall, sondern es steckt tatsächlich ein Hackerangriff dahinter. Meine Hauptfigur, Stefanie, versucht das Ganze aufzuklären und hinterfragt so lange was passiert, bis sie selbst plötzlich in das Visier der Ermittlungen gerät. Sie wird von einem PreCrime-Computer verdächtigt, weil sie auf Social Media immer wieder Postings geteilt hat, die den Politiker stark kritisiert und ihm teilweise auch den Tod gewünscht haben. In den Ermittlungen kommen sehr viele Praktiken zum Einsatz, die wir bereits kennen: Stefanie bekommt einen Staatstrojaner auf den Rechner gespielt und mittels Funkzellenüberwachung wird festgestellt, wo sie sich grade aufgehalten hat.

netzpolitik.org Wen hast du als Leserin oder Leser im Auge? Ist der Roman eher für junge Menschen, die schon in netzpolitischen Debatten versiert sind oder ist er auch für unseren Eltern geeignet?

Barbara Wimmer Lustigerweise kommt das Buch bei beiden Zielgruppen ungefähr gleich gut an, habe ich an den ersten Reaktionen festgestellt. Leserinnen und Leser, die sich in den Themen schon auskennen, haben mir erzählt, dass sie trotzdem noch etwas dazu lernen. Und die, die sich noch überhaupt nicht mit den Themen beschäftigt haben, hole ich ab: ich erkläre ihnen wirklich, was ein DDoS-Angriff ist oder wie sich gute von bösen Hackern unterscheiden. Das ist jetzt natürlich ganz vereinfacht ausgedrückt und mir ist klar, dass das politisch eine unkorrekte Formulierung ist. Eine ältere Dame hat mir sogar schon gesagt, dass sie jetzt aufpassen muss, keine Überwachungs-Paranoia zu entwickeln.

Andere haben mir wiederum gesagt, dass sie sehr vieles, was meine Protagonistin durchmacht, selbst schon erlebt hätten: in einer Szene spiele ich auf diese „Ich-habe-ja-nichts-zu-verbergen“ Mentalität an. Das regt Stefanie Laudon wahnsinnig auf wenn das jemand zu ihr sagt, aber sie bekommt es sehr oft zu hören. Da können sich ganz viele aus der Szene mit identifizieren, weil wir dem ja sehr häufig begegnen. Ich glaube tatsächlich, dass mein Versuch, beide Zielgruppen zu erreichen, gelungen ist.

netzpolitik.org Du hast ja einen Hintergrund im Technik- und Netzpolitik-Journalismus. War deine Intention einen Krimi um des Krimi willen zu schreiben oder stand vor allen Dingen im Vordergrund, netzpolitische Themen mithilfe eines Krimis zu transportieren?

Barbara Wimmer Eine schwierige Frage: Eigentlich trifft beides zu. Als Journalistin muss ich mich natürlich immer an Fakten halten und für mich war es sehr reizvoll, das ganze mit Fiktion verbinden zu können. So konnte ich einige Anliegen auf eine andere Art und Weise transportieren als ich es während meiner Arbeit mache.

Meine Herzensthemen sind eben Netzpolitik, Überwachung, Cyberkriminalität und das Internet der Dinge. Damit wollte ich auf jeden Fall auch ein anderes Publikum erreichen, als es in meiner journalistischen Tätigkeit möglich ist. Denn meine Artikel werden immer von einer bestimmten Zielgruppe gelesen, die sich meistens schon sehr gut auskennt. Meine Intention mit diesem Krimi war es auch, die Themen an Menschen heranzutragen, die sich sonst  nicht darüber informieren würden, aber mittels dieses Unterhaltungswerke auch etwas lernen können.

netzpolitik.org Dein Buch ist grade erschienen – in der Regel gibt es dann ja eine Vertriebstour mit Lesungen. Wie gehst du als Autorin mit der Corona-Krise um, während die traditionellen Marketing-Wege nicht mehr zur Verfügung stehen?

Barbara Wimmer Ja, ich hatte tatsächlich schon sehr viele Lesungstermine ausgemacht und bin da auf sehr gute Resonanz gestoßen. Das hat sich durch die Corona-Krise leider alles in Luft aufgelöst, weil in Österreich alle Veranstaltungen bis Ende Juli untersagt sind. Das betrifft alle meine bisher vereinbarten Lesungstermine und ich bin jetzt in einer sehr unangenehmen Situation, weil auch die Buchhandlungen zum Großteil entweder nicht geöffnet sind oder nur sehr eingeschränkten Betrieb haben.

Und obwohl das Interesse an Büchern jetzt stark gestiegen ist, habe ich als Debüt-Autorin das Problem der Filter-Bubble – also der Bubble, die wir schon aus sozialen Medien recht gut kennen. Buchkataloge listen derzeit natürlich Bestseller-Autoren ganz vorne und online ist mein Buch nur zu finden, wenn man entweder meinen Namen oder den Namen des Buches – „tödlicher Crash“ – kennt. Darum ist das für mich jetzt ein sehr schwerer Prozess.

Ich hab bereits eine online-Lesung auf Youtube abgehalten und bin mit diversen Vereinigungen in Gesprächen. Ein bisschen abfangen kann ich das also. Aber ich bin durch die Krise sehr stark von Mundpropaganda abhängig, um auch die Chance zu haben, von einem Publikum entdeckt zu werden, das mich noch nicht kennt.

netzpolitik.org Nun gibt es das Buch als EPUB, für das Kindle und in gedruckter Form. Profitierst du als Autorin von einem bestimmten Vertriebsweg am meisten oder ist das vertraglich festgelegt?

Barbara Wimmer Nachdem es sich bei der Veröffentlichung um den Gmeiner-Verlag handelt, der sehr regelmäßig Bücher herausgibt, profitiere ich als Autorin von E-Books genauso wie von gedruckten Büchern. Da gibt es spezielle Vereinbarungen und mir ist beides recht: Unterstützung in jeglicher Form ist erwünscht und willkommen – gerne auch Rezensionen.

netzpolitik.org Über Dich hab ich den Hashtag #Buecherhamstern wahrgenommen. Kannst du nochmal kurz erklären, was es damit auf sich hat?

Barbara WimmerAm Anfang der Krise haben ja alle Menschen Unmengen Klopapier gekauft – so wie es auf Social Media gewirkt hat, gab es das Problem ja auch in Deutschland. Dadurch ist dieser Hashtag entstanden. Man soll also nicht nur Klopapier kaufen, sondern auch Autorinnen und Autoren unterstützen und Bücher hamstern – und natürlich lesen. Alle, die jetzt Autorinnen und Autoren unterstützen wollen, können mit dem Hashtag auf jeden Fall auf Neuerscheinungen aufmerksam machen.

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