Vor zwei Wochen trafen sich mehr als 1.000 an Technologie und Umwelt interessierte Menschen in Berlin. „Bits und Bäume“ hieß die erste Konferenz, die zusammengebracht hat, was für viele zusammengehört – oder zusammengehören sollte: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Am Rande der Veranstaltung haben wir mit Lorenz Hilty und Vivian Frick einen neuen Podcast aufgenommen und uns erklären lassen, worauf es bei der sozial- und digital-ökologischen Transformation ankommt.
Vivian Frick ist Umweltpsychologin und promoviert am Zentrum für Technologie und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin. Lorenz Hilty ist Informatikprofessor an der Universität Zürich und Leiter der Gruppe für Informatik und Nachhaltigkeitsforschung.
Material und Energie einsparen, Kreativität freisetzen – so beschreibt Lorenz Hilty die Hoffnung, die sich mit dem Wandel von der Industrie- zur Informationsgesellschaft verbunden hat. Das riesige Potenzial der Digitalisierung im Bereich Nachhaltigkeit sei bisher nicht ausgeschöpft. Stattdessen sei die Entwicklung „auf den Kopf gestellt worden“: Der Energieverbrauch moderner Informations- und Kommunikationstechnologien ist riesig.
Nachhaltigkeit statt Marktgewinne
Firmen holen sich die knappen Rohstoffe für Mikrochips und Smartphones aus dem globalen Süden. Dort werden sie oft unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut. Geschäftsreisen und Papierverbrauch nehmen zu und nicht ab. Gesteigerte Rechenkapazitäten werden direkt in den Markt übersetzt, statt sie für Nachhaltigkeitsgewinne durch die Steigerung der Effizienz zu erzielen. Und statt die Autonomie von Konsumenten zu erhöhen, wird sie durch digitale Monopolkonzerne eingeschränkt. Und zwar so weit, dass Software heute häufig so schnell weiterentwickelt wird, dass eigentlich noch funktionsfähige Hardware aufgegeben werden muss. Etwa, weil keine Updates mehr zu bekommen sind, oder auch, weil die Schwindelsoftware in Autos vorher fälschlicherweise genehmigungsfähige Abgaswerte ausgab.
Doch Frick und Hilty wollen den Kopf nicht in den Sand stecken. Dem tatkräftigen Ansatz der Konferenz entsprechend zeigen sie gesellschaftliche Lösungswege auf. Anknüpfungspunkte, um etwas zu ändern, gibt es viele: So müssten Unternehmen beispielsweise viel stärker in die Pflicht genommen werden, proaktiv Auskunft über die Nachhaltigkeit in den eignen Produktionsketten zu geben – „von der Hol- zur Bringschuld“, so Frick. Auch politische Ansätze zur Stärkung der Rechte von Konsumenten seien wichtig. So etwa die Einführung eines Rechts auf Reparaturen, das Verbrauchern die Möglichkeit geben würde, tatsächlich über den Zustand der eigenen Geräte zu entscheiden – und das von der Großen Koalition im Bundestag in dieser Woche abgelehnt wurde. Letztendlich müsse aber auch jede*r bei sich selbst anfangen und eigene Bedürfnisse und Konsumgewohnheiten in den Blick nehmen.
Kleine Schritte und weite Wege
Kleine Schritte können auf dem Weg zu einer langfristigen sozialökologischen Transformation helfen, zu der auch digitale Technologien beitragen können. Allerdings sind Frick und Hilty sich einig: Ohne grundsätzliche Veränderungen in den Bereichen Wirtschaft, Arbeit und Konsum wird es kaum gehen: „Wir können es uns als Menschheit nicht leisten, jedes Jahr noch mehr von allen Ressourcen zu extrahieren, nur um den Konsum zu beschleunigen.“
Den gesamten Netzpolitik-Podcast mit Lorenz Hilty und Vivian Frick zum Nachhören gibt es hier:
Hier ist der Netzpolitik-Podcast #159 über Digitalisierung und Nachhaltigkeit als mp3-Datei zum Download.
Alternativ bieten wir den Netzpolitik-Podcast #159 auch als ogg-Datei zum Download.
Begeistert habe ich über den #bitsundbäume von der Konferenz erfahren. Waren aber parallel auf dem GMK Forum. Nächstes Jahr kommen wir aus Karlsruhe mit unserer PING!-Station vorbei. Wer nicht warten kann: http://www.pingstation.de – Wie Büchertauschregsle aber für Geräte – alles kodtenlos zum Downloaden und mitmachen.