Protestbewegung in Serbien3.032 Zeugenaussagen zur Schallwaffe von Belgrad ausgewertet

Die serbische Zivilgesellschaft fordert weiterhin Aufklärung über den Einsatz einer unbekannten Waffe gegen eine friedliche Großdemonstration im März. Dafür hat sie umfangreiche Zeugenaussagen von Betroffenen vorgelegt – und eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht.

Karte von Belgrad, welche die Straße Kralja Milana zeigt. Die Straße ist nach Zonen aufgeteilt von 1-8
Zum besseren Verständnis wurden die Zeugenaussagen in verschiedene Zonen aufgeteilt. – Alle Rechte vorbehalten Ausschnitt / Datenauswertung

Die serbische Zivilgesellschaft hat eine Auswertung von mehr als 3.000 Aussagen von Zeug:innen des Schallwaffen-Vorfalls in Belgrad vorgelegt. Der genaue Hergang des Vorfalls bei einer friedlichen Großdemonstration der Demokratiebewegung am 15. März ist weiterhin unklar. Die serbische Zivilgesellschaft hat auf einer Pressekonferenz heute Aufklärung gefordert, der Fall wird vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte untersucht, die Regierung bestreitet den Einsatz von Schallwaffen oder einer Vortex-Kanone vehement. Präsident Vučić hat gar sein politisches Schicksal mit der Frage verbunden. Der Einsatz von Schallwaffen ist in Serbien illegal.

Klar ist bislang nur: Gegen 19:11 Uhr am 15. März liefen Menschen auf ungewöhnliche Art und Weise auf einer Länge mehrerer Hundert Meter und entlang einer geraden Linie panisch auseinander. Zahlreiche Hinweise von unterschiedlichen Recherchen deuten inzwischen auf eine Koordination verschiedener Störaktionen und Provokationen zu diesem Zeitpunkt hin, bei denen beispielsweise auch Feuerwerkskörper und andere Gegenstände in die Demonstration geworfen wurden.

Teil dieser koordinierten Aktion dürfte aber auch der Einsatz einer Schallwaffe oder einer Vortex-Kanone gewesen sein, denn die Reaktion der Menschenmenge ist nach allen bisherigen Recherchen mit den anderen Störaktionen alleine nicht zu erklären. Der britische Sozialpsychologie-Professor Clifford Stott ist Experte für Massenpsychologie und Polizeieinsätze. Er geht gegenüber dem serbischen Factchecking-Medium „Istinomer“ davon aus, dass die Bewegung der Menschen „stark auf einen von außen kommenden Reiz und nicht auf interne psychologische Prozesse“ hindeute.

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