Reproduktive RechteGoogle und Meta sollen Anzeigen über Abtreibung blockiert haben

Wer bei Meta oder Google mithilfe von Werbeanzeigen über reproduktive Gesundheit informieren möchte, kann Probleme bekommen. Zwei NGOs berichten, wie solche Anzeigen gelöscht werden – während fragwürdige Angebote online gehen dürfen. Die Tech-Konzerne verteidigen sich.

Eine Person, deren Kopf nicht zu sehen ist, hält ein Smartphone in beiden Händen. Sie trägt einen Arztkittel und ein Stethoskop.
Viele Menschen sind auf Zugang zu digitaler Aufklärung über Gesundheitsthemen angewiesen. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com National Cancer Institute

Meta und Google sollen vermehrt Werbeanzeigen blockiert haben, die zu Informationen über Abtreibung und reproduktive Gesundheitsversorgung führen. Das geht aus einem gemeinsamen Bericht der Organisationen MSI Reproductive Choices und Center for Countering Digital Hate (CCDH) hervor. Nutzer:innen in mehreren Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas seien auf diese Weise Informationen vorenthalten worden. Die Konzerne haben sich hierzu gegenüber dem britischen Guardian geäußert. Meta sagte, es werde die Ergebnisse prüfen; Google wies die Vorwürfe zurück.

MSI setzt sich für den Zugang zu Empfängnisverhütung und Abtreibung ein und bietet in über 30 Ländern sexuelle und reproduktive Gesundheitsdienste an, darunter Vasektomien und Schwangerschaftsabbrüche. Der gemeinnützigen Organisation zufolge wurden ihre Anzeigen mit Informationen zur sexuellen Gesundheit von Meta abgelehnt oder gelöscht.

Im Austausch mit lokalen Gesundheitsdienstleistern aus 10 Ländern haben die beiden Organisationen untersucht, wie gut sich Nutzer:innen auf den Plattformen zu Abtreibung informieren können. Sie stellten fest, dass Google und Meta die Verbreitung seriöser Informationen behinderten, etwa indem sie bestimmte Werbeanzeigen nicht zuließen. Zusätzlich sollen die Plattformen es versäumt haben, gegen bedenkliche Inhalte vorzugehen.

Verschwörungserzählung über „kleine, aber sehr mächtige Gruppe“

Der Bericht kommt zu dem Schluss: Gesundheitsdienstleister seien nicht in der Lage, Menschen die notwendige Beratung und Versorgung zukommen zu lassen. Die Einschränkung zuverlässiger Informationen untergrabe das Grundrecht der Nutzer:innen auf medizinische Aufklärung.

Zugleich beschreiben die NGOs, wie falsche und irreführende Inhalte offenbar ohne Hindernisse Verbreitung fanden. Nach Angaben von MSI und dem CCDH erlaubte Meta in Ghana und Mexiko etwa Anti-Abtreibungs-Anzeigen, die bis zu 8,8 Millionen Mal aufgerufen wurden. Außerdem sei dargestellt worden, Abtreibungsmedikamente würde „hohe Risiken“ für Frauen bergen und Schwangerschaftsabbrüche würden von „kleinen, aber sehr mächtigen Gruppen“ gefördert. Meta sagte gegenüber dem Guardian: „Wir verbieten Anzeigen, die Fehlinformationen enthalten“. Google bemängelte: Der „Bericht enthält kein einziges Beispiel für regelwidrige Inhalte“.

MSI Vietnam teilte mit, dass Facebook-Werbung entfernt wurde, die verschiedene Verhütungsmethoden beworben hatte. Und Begriffe wie „Schwangerschaftsmöglichkeiten“ wurden als Verstoß gegen die Richtlinien von Google gemeldet, berichtete MSI Ghana. Google erklärte hierzu: Werbeanzeigen zu diesen Begriffen seien in Ghana nicht verboten. Ein Grund für die Ablehnung der Inhalte könnten Google-Richtlinien gegen zielgerichtete Werbung aufgrund sensibler Gesundheitsdaten wie Schwangerschaft sein.

Ähnliche Ergebnisse bei weiteren Untersuchungen

Die Untersuchung der Organisationen ist nicht die erste ihrer Art. Ähnliche Beobachtungen machte etwa das Center for Intimacy Justice (CIJ) im Januar 2022. Es veröffentlichte einen Bericht, in dem es Metas Umgang mit Gesundheitsanzeigen für Frauen und Menschen nicht binären Geschlechts beschrieb. Demnach hätten Facebook und Instagram solche Inhalte abgelehnt. An Männer gerichtete Werbung für Potenzmittel oder Gleitgel sei hingegen häufig auf den Plattformen aufgetaucht.

Eine Recherche des kenianischen Kollektivs Fumbua aus dem vergangenen Jahr zeigte, wie auf Facebook und Google selbst Anzeigen zu gesundheitlich schädlichen Produkte für Frauen zugelassen wurden. Darunter fanden sich dem Bericht zufolge etwa Vaginalbälle aus Kräutern, die angeblich „reinigen“ und vor Gebärmutterhalskrebs schützen sollten. Das „Steaming“, bei dem man über einer Schüssel mit kochendem Wasser sitzt, wurde demnach als Behandlung gegen Endometriose angepriesen. Das Kollektiv warnte, dass solche wissenschaftlich nicht belegten Anwendungen zu Entzündungen führen könnten.

Meta sei hier nach eigenen Angaben bloß den eigenen Richtlinien gefolgt, wie der Konzern dem Guardian mitteilte: „Wir entfernen Inhalte, die schädliche Wundermittel für Gesundheitsprobleme bewerben, wenn allgemein davon ausgegangen wird, dass die Behandlungen direkt zum Risiko schwerer Verletzungen oder des Todes beitragen“.

Wanjiru Nguhi, Leiterin der Untersuchungen, sagte der britischen Zeitung: „Am alarmierendsten ist, wie frei diese Anzeigen verfügbar sind.“ Es könnten nicht nur schädliche Dinge verkauft, sondern auch öffentlich beworben werden. Google, Meta und YouTube seien somit nicht nur Teil dieses gefährlichen Systems, sondern profitierten auch dadurch.

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6 Ergänzungen

  1. Hier fehlt eine objektive Einschätzung zur Einordnung der gelöschten Werbung. Aufklärung und Information ist wichtig. Doch normalerweise ist Werbung nicht unabhängig. Der Artikel trennt aus meiner Sicht hier unzureichend. Das kann zu Fehlschlüssen führen.

    Ist es so, dass die gelöschten Werbeaussagen möglichst objektive Informationen darstellen? Diese Frage stellt sich insbesondere, wo ein Schwangerschaftsabbruch ganz sicher eine extreme Belastung darstellt. In dieser Situation ist jeder anfällig für manipulative Aussagen. Dabei wäre vielmehr Hilfe, Rat von jemanden, der sich auskennt und Solidarität notwendig. Es wäre notwendig, dass die Gesellschaft hier Verantwortung übernimmt und nicht eine Firma, die sich von „Don’t be evil“ offiziell verabschiedet hat.

    Fakt ist, Google und Co. haben weit zuviel Macht. Gesellschaftliche Diskussion und Prozesse dürfen nicht derart von Megakonzernen beeinflusst werden. Dazu gibt es Gesetze. Deren Anwendung oder auch nur Formulierung krankt daran, dass die technischen und logistischen Prozessse auch von Juristen kaum verstanden werden können. Weißt du wirklich, was dein Smartphone tut? Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Google (und Co) nutzt das aus. Das ist vergleichbar mit der Mafia.

    Auf der anderen Seite sind aus meiner Sicht Werbeanzeigen bei Google und Co hier das falsche Mittel. Das Internet ist groß. Es gibt weit bessere Möglichkeiten, Information unabhängig darzustellen. Möchte die NGO ihre Information (?) tatsächlich neben Viagra-Werbung sehen? Wissen die, was sie da tun?

    Den Werbekunden möchte ich einen Satz an der Wand einer Neurologin ans Herz legen: Man dürfe nicht alles glauben, was man denkt. Ich ergänze: und was einem (hier via Google) „eingetrichtert“ wird aber schon mal gar nicht.

    (Ansonsten: danke für die Info. Es hat sich für mich gelohnt, das zu lesen. Muss ich das erwähnen?)

  2. Bereits 21 Tage nach Zeugung hat das winzige Baby Herzschlag und Nervenaktivität obwohl es noch aussieht wie ein reiskorn großes Gummibärchen. Es ist kein Zellhaufen. Es ist kein Fisch, kein Frosch , keine Maus sondern ein Mensch. Auch dieser Mensch soll leben. Der Mutter ist mit allem nötigen zu helfen damit es beiden gut geht.

    1. Jep und das entscheidet Google? Weil Google ist gerecht, kennt alle deine Daten, die du selbst nicht ahnst, weiß vor dir, wann du schwanger bist (kein Scherz, das ist passiert).

      Dieser abstrakte Zahlenhaufen, auf den sie (Google und Co und neuerdings auch die Staaten und Regierungen) dich abbilden, befreit sie von jeder Verantwortung. Es interessiert sie nicht, ob du vergewaltigt wurdest und schwanger wurdest, wenn sie dir nur jetzt Windeln verkaufen können. Deine Werte gehen denen komplett am Arsch vorbei, solange es ihnen nicht nutzt. Du bist nur eine Nummer.

      Deine Legitimation Googles Willkürzensur ist selbst dann gefährlich, wenn es keinen Tellerrand gäbe, über den du schauen solltest. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Auch dann nicht, wenn deine Sicht allgemeingültig wäre.

      Aber deine Meinung, die darfst du selbstverständlich haben und sagen. Danke für die Möglichkeit der Reflexion. Verzeih, wenn sie dir nicht gefällt.

    2. > Der Mutter ist mit allem nötigen zu helfen damit es beiden gut geht.

      Da machst Du dir einen schlanken Fuß, denn das genießen während der Elternschaft wenige Bessergestellte, nicht aber allein erziehende Mütter am Existenzminimum und Kinder die in Armut aufwachsen müssen oder darunter Leiden, dass sie nicht erwünscht sind.

      „Kein Fisch, kein Frosch, keine Maus“ ist ein übler, vergifteter Vergleich, denn Fisch, Frosch und Maus sind keine Lebewesen, die weniger Wert wären. Das ist eine Perspektive, die überheblich ist.

      Künftigen Müttern und vor allem den Kindern könnte sehr geholfen werden, wenn sie nicht unter der Klimaerwärmung und ihren Folgen leiden müssten. Dann ginge es Fisch, Frosch und Maus auch besser, denn auch die sollen leben.

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