BundesverwaltungsgerichtBND darf zu Staatstrojanern wie Pegasus schweigen

Der BND muss weder bestätigen noch dementieren, ob er Staatstrojaner wie NSO Pegasus nutzt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und eine Klage von Arne Semsrott abgewiesen. Es ist öffentlich bekannt, dass der Geheimdienst den Trojaner hat – er will es nur nicht offiziell zugeben.

Fünf Personen stehen auf Treppen vor Säulen.
Arne Semsrott und Team vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Der BND nutzt den Staatstrojaner NSO Pegasus. Das haben Tagesschau und Zeit vor drei Jahren berichtet. Trotzdem will der Bundesnachrichtendienst diesen Fakt bis heute weder bestätigen noch dementieren.

Arne Semsrott von FragDenStaat wollte sich damit nicht abfinden. Er hat den BND verklagt. Der Journalist verlangt Auskunft, ob der BND Pegasus gekauft hat. Heute hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Fall verhandelt.

Das Urteil: Medien haben keinen Anspruch auf diese Antwort.

Weder bestätigen noch dementieren

Das Gericht schließt sich den Hauptargumenten des Geheimdiensts an. Gibt der BND offiziell zu, dass er Pegasus nutzt, könnte diese Information „seine Funktionsfähigkeit beeinträchtigen“. Geheimhaltung schützt die geheimdienstliche „Arbeitsweise und Methodik“ und die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten.

Laut BND könnten sich Überwachungs-Ziele vor Pegasus schützen, wenn der BND offiziell zugibt, dass er Pegasus nutzt.

Jura-Professor Matthias Bäcker wies dieses Argument zurück: Wer glaubt, Überwachungs-Ziel vom BND zu sein, wappnet sich auch ohne offizielle Bestätigung gegen Staatstrojaner wie Pegasus – nicht erst seit den Medienberichten, sondern spätestens seit dem Pegasus-Projekt.

Doch die Richter haben dem Geheimdienst Recht gegeben. Dabei bezweifelte niemand im Gerichtssaal, dass die Presseberichte stimmen und der BND Pegasus nutzt. Er will es nur nicht offiziell zugeben.

Gefahr für nationale Sicherheit

Pegasus ist der berüchtigste Staatstrojaner der Welt. Pegasus gefährdet Menschenrechte: Hunderte Journalisten und Aktivisten wurden damit überwacht. Pegasus gefährdet nationale Sicherheit: Dutzende Staats- und Regierungschefs wurden damit überwacht. Pegasus gefährdet IT-Sicherheit: Es lässt Sicherheitslücken für alle offen, um wenige zu hacken.

Die USA haben den Einsatz von Pegasus verboten und Sanktionen gegen das Unternehmen NSO verhängt, weil der Staatstrojaner die nationale Sicherheit und die internationale Ordnung gefährdet.

Deutschland belohnt NSO mit Steuergeld. Und gibt es nicht mal zu.

1 Ergänzungen

  1. Das Argument des Jura-Professors Matthias Bäcker und das Urteil gehen schon in Ordnung: Es braucht keine offizielle Bestätigung des BND, um Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

    Eine andere Argumentation wäre vielleicht erfolgversprechender, für eine weitere Klage: Der BND ist zuständig für die Auslandsaufklärung und soll dazu AUSLÄNDER überwachen. Da kann – wie bei der NSA – argumentieren, das für die nicht derselbe Schutzstatus gilt wie für deutsche Staatsbürger, und dass Überwachungstechnologien in der Grauzone, wie Pegasus, notwendig und angemessen sind.

    Bürger, die unter den Schutz des Grundgesetzes fallen, müssen hingegen sicher sein können, dass ihre Privatsphäre (Art 2), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art 13) sowie das Post- und Fermeldegeheimnis (Art 10 GG) besonders geschützt sind. Und zwar auch ohne besondere Schutzmaßnahmen gegen Technologien wie Pegasus (die es wohl gar nicht gibt).

    Die eigentliche Frage ist, ob und wie eine ausreichende Kontrolle sicherstellt, dass der BND die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen auf keinen Fall überschreiten kann.

    Die Frage wird von der Klage nicht gestellt, und vom Gericht nicht beantwortet.

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