Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) betreiben in Berlin den öffentlichen Personennahverkehr mit U-Bahnen, Straßenbahnen, Bussen und Fähren. Die dazugehörige BVG-App gibt Auskunft über Verbindungen, Fahrzeiten und Bahnhöfe. Zudem können Tickets über die App gekauft und verwaltet werden. „Mit diesen umfangreichen Funktionen ist die Fahrinfo-App der zentrale Baustein in der digitalen Fahrgastinformation […] der BVG“, sagt Christine Braunert-Rümenapf, die derzeitige Landesbeauftragte von Berlin für Menschen mit Behinderungen.
In einem „Verstößebericht“ kritisiert Braunert-Rümenapf, dass die Fahrinfo-App nicht barrierefrei ist. Das bedeutet, dass sie für Menschen mit Behinderungen nicht ohne fremde Hilfe nutzbar ist. Sie sagt: „Die Nutzungseinschränkungen gefährden das sozialpolitische Ziel, dass Dienstleistungen des öffentlichen Verkehrs selbstständig genutzt werden können.“
App ohne Barrierefreiheit
Laut diesem Bericht habe die BVG zwei Jahre an der Weiterentwicklung der App gearbeitet und der AG Verkehr aus der zuständigen Senatsverwaltung für Verkehr eine Beta-Version zum Prüfen der Barrierefreiheit vorgelegt. In der darauffolgenden Testphase erwiesen sich Defizite bei Alternativtexten, Kontrasten und Sprachausgabe.
Um die Nutzung der App auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen, dürfen diese Barrieren aber nicht existieren. Zwar wurden nach den Tests einige Barrieren behoben, doch die App wurde dann ohne Barrierefreiheit veröffentlicht.
Die BVG bittet um Verständnis aufgrund des engen Zeitplans bei der Einführung des Berlin- und Deutschlandtickets zum 1. Juli 2024. Die Barrieren sollen nach Veröffentlichung „schnellstmöglich“ behoben werden.
Gesetzliche Anforderungen
Braunert-Rümenapf verweist auf das Personenbeförderungsgesetz (PBefG), das Berliner Mobilitätsgesetz (MobG BE) und das Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG), da die Mängel in der App diesen gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen. Allerdings gelten die Anforderungen nicht als rechtliche Verpflichtungen, sondern nur als Orientierung.
Doch es gibt auch vertragliche Pflichten der BVG. In den Verkehrsverträgen steht beispielsweise: „Die BVG orientiert die Entwicklung ihres Angebots […] an dem Ziel eines […] spätestens ab dem Jahr 2022 für alle Fahrgäste vollständig barrierefrei zugänglichen und nutzbaren ÖPNV-Angebots.“ Dazu zähle auch die barrierefreie Gestaltung aller elektronischen Informationsmedien. In diesen Verkehrsverträgen steht sogar explizit, dass „Apps und digitale Informations- und Vertriebsmedien“ nicht als Ausnahme gelten.
Braunert-Rümenapf bemängelt, die BVG beziehe die Behindertenrechte zu wenig in ihre Planung mit ein. Sie wünscht sich außerdem eine bessere Einhaltung von Zusicherungen und Absprachen ihr gegenüber. Als besonders problematisch sieht Braunert-Rümenapf, dass Nutzer:innen, die automatische Updates aktiviert haben, eine nicht barrierefreie Version der App installiert bekommen.
Barrierefreiheit bis Anfang 2025
Die BVG möchte die App bis zum ersten Quartal 2025 vollständig barrierefrei umsetzen, äußert nun der BVG-Sprecher Stefan Volovinis gegenüber der dpa. Er sagt auch: „Die BVG räumt der gleichberechtigten Beförderung von allen Fahrgästen in allen Bereichen einen großen Stellenwert ein.“
Es muss allerdings gesagt werden, dass ein barrierefreier öffentlicher Nahverkehr nicht nur mit einer barrierefreien App verwirklicht ist. Sondern es braucht verständliche Informationen, leicht bedienbare Ticketautomaten und bessere Gegebenheiten in Bahnhöfen und Aufzügen.
Natürlich müssen öffentliche Dienstleistungen barrierefrei sein, ausschließlich.
Jede nicht vollständig barrierefrei öffentliche Dienstleistung muss umgehend eingestellt werden, bis sie barrierefrei angeboten werden kann.
Alle oder keiner, das erfordert die Gleichberechtigung!