Pegasus-SpywareNSO Group blitzt mit Immunitätsbehauptung vor US-Gericht ab

Die Spionagefirma NSO Group wollte sich vor US-Gerichten als staatlicher Akteur darstellen und Immunität beanspruchen. Mit dieser Sicht scheiterte es vor einem Berufungsgericht. Nun kann das Hauptverfahren beginnen, das die WhatsApp-Mutter Facebook anstrengt.

WhatsApp-Logo auf einem Smartphone, im Hintergrund ein geöffnetes Schloss.
Mit der Spyware Pegasus soll die NSO Group 1.400 Smartphones gehackt haben. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ZUMA Wire

Die Klage von Facebook gegen den Spywarehersteller NSO Group ist zulässig, hat ein US-Berufungsgericht entschieden. Das israelische Unternehmen wollte Immunität beanspruchen und hatte behauptet, beim Massenhack von WhatsApp-Nutzer:innen als staatlicher Akteur aufgetreten zu sein. Das Gericht hat diese Auslegung nun zurückgewiesen. Damit ist der Weg für das eigentliche Verfahren frei, berichtet Reuters.

Die Klage hatte die WhatsApp-Mutter Facebook bereits 2019 eingereicht, als bekannt wurde, dass die NSO Group über eine Sicherheitslücke in der Messaging-App in rund 1.400 Smartphones eingebrochen sein soll. Facebook wirft der Spähfirma vor, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen zu haben.

Die NSO Group machte geltend, im Auftrag von Regierungen gehandelt und sie bei der Strafverfolgung unterstützt zu haben. Deshalb könne man als Unternehmen nicht in die Haftung genommen werden. Das Berufungsgericht wies diese Sicht nun einstimmig zurück. Es sei in dieser Frage unerheblich, was die Kund:innen des Unternehmens mit der Software anstellen würden, heißt es im Urteil. Ein privates Unternehmen könne deshalb keine Immunität beanspruchen, die sonst für ausländische, souveräne Akteure gelte.

Umstrittene Firma

Die Firma und ihre Spionagesoftware stehen seit Langem in der Kritik. Wiederholt konnten zivilgesellschaftliche Gruppen wie das kanadische Citizen Lab nachweisen, dass damit Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Unter den Opfern befanden sich zahlreiche Menschenrechtler:innen, Journalist:innen und Aktivist:innen in aller Welt.

Im Sommer enthüllte eine internationale Recherche, dass das Überwachungsnetz des Unternehmens noch deutlich weiter reicht als zuvor bekannt. Auf einer Liste, die Journalist:innen zugespielt wurde, fanden sich über 50.000 Telefonnummern, die wohl zur Überwachung freigegeben waren. Hinweise auf die Pegasus genannte Spähsoftware fanden sich auf den Geräten von Regierungsmitgliedern, unter anderem in Frankreich. In Ungarn wiederum gerieten unabhängige Journalist:innen ins Visier, vermutlich auf Veranlassung des autokratisch regierenden Ministerpräsidenten Viktor Orbán.

Mit der Pegasus-Spyware lässt sich heimlich das komplette Smartphone der Betroffenen übernehmen, was tiefe Einblicke in das Privatleben erlaubt. So können vertrauliche Nachrichten überwacht, Gespräche mitgelauscht oder der genaue Standort bestimmt werden. Auch das Mikrophon der Geräte lässt sich anzapfen, was sie in Echtzeit-Wanzen verwandelt.

Diktaturen und Demokratien als Kunden

Zu den Kunden des Unternehmens gehören nicht nur Monarchien wie Saudi-Arabien, sondern auch deutsche Behörden. So soll das Bundeskriminalamt den Pegasus-Trojaner gekauft haben; der Bundesnachrichtendienst setzt ihn ebenfalls ein. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat deshalb eine Datenschutzbeschwerde eingelegt, da der Einsatz des Pegasus-Trojaners durch das Bundeskriminalamt Grundrechte verletze.

Erst letzte Woche setzte das US-Handelsministerium die Spionagefirma auf eine Sanktionsliste. Die NSO Group habe Spionagesoftware entwickelt und an ausländische Regierungen geliefert, um damit eine „böswillige Überwachung“ von Regierungsvertreter:innen, Journalist:innen, Geschäftsleuten, Aktivist:innen, Wissenschaftler:innen und Botschaftsmitarbeiter:innen zu betreiben. Dabei sei es zu länderübergreifender Unterdrückung durch autoritäre Regierungen gekommen, die damit Andersdenkende einschüchtern wollen.

3 Ergänzungen

  1. Das ist ausnahmsweise mal eine gute Entscheidung aus den USA. Überwachung durch private Unternehmen gehört verboten! Man kann nicht gleichzeitig staatlicher Akteur sein, aber dabei noch privat Millionen-Gewinne machen! (Wobei ich das Gefühl habe, dass genau so die Zukunft aussehen wird … )

  2. „Mit der Pegasus-Spyware lässt heimlich sich das komplette Smartphone der Betroffenen übernehmen“
    =>Das „sich“ gehört vor das „heimlich“.

    Danke für eure Arbeit. 🌼

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.