IEEE 7000Neuer technischer Standard soll intelligente und autonome Systeme ethischer machen

Technologien im Sinne der Menschen statt im Sinne des Überwachungskapitalismus erhofft sich Sarah Spiekermann durch einen neuen Standard des großen Ingenieursverbands IEEE. Seit dieser Woche ist der Standard gültig.

– Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Call Me Fred

Seit dem 15. September gibt es mit dem Standard IEEE 7000 einen Ethikstandard für intelligente und autonome Systeme. Er soll helfen, dass bei der Entwicklung Ethik von Anfang an mitgedacht und beachtet wird. Das soll Fehler vermeiden, die zu Schäden und Nachteilen für die Menschheit führen.

Mehr als 30 Geisteswissenschaftler:innen, Informatiker:innen und Entwickler:innen haben in den letzten fünf Jahren den Standard für den Ingenieurverband IEEE erarbeitet. Die Wiener Professorin Sarah Spiekermann ist eine dieser Personen, sie hat das Projekt als stellvertretende Vorsitzende geleitet. Nach ihrer Aussage soll IEEE 7000 der Basis-Standard werden, in dem die Lernprozesse beschrieben sind, die Unternehmen durchlaufen müssen, um wertegetriebene ethische, verlässliche, risikobewusste und verantwortungsvolle Technik zu bauen. „Der Standard hilft uns dabei, die nächste Generation von Technologien im Sinne der Menschen zu schaffen – und nicht im Sinne der wenigen Machtträger im Überwachungskapitalismus“, sagt sie gegenüber Tagesspiegel Background. 

Schädliche Systeme vermeiden

Spiekermann ist überzeugt davon, dass man bei Beachtung des ethischen Standards nicht zu Systemen gekommen wäre, die in sozialen Netzwerken Hassrede und Manipulation beflügelten. Zudem hätte man mit einem Standard wie dem IEEE 7000 auch viele Brüche der Privatsphäre vorhersehen können. Sie verweist hierbei auf das Beispiel der Nacktscanner am Flughafen, welche die Menschen samt Genitalien abbilden würden, genauso wie auf Geräte, bei denen die Menschen die Arme heben müssten wie Kriminelle. Solche Systeme ließen sich bei Beachtung des IEEE 7000 vermeiden.

Mit dem Standard bekomme man nun Werte in Technik faktisch verankert und nicht nur in Prinzipienlisten oder Wertekatalogen niedergeschrieben. Nun gehe es von Prinzipien zur Praxis, so Spiekermann in einer Mail gegenüber netzpolitik.org.

Spiekermann hat zehn Prinzipien für Value-Based Engineering formuliert, zu denen zum Beispiel gehört, dass man nicht auf externe Dienstleistungen setzt, auf die man keinen Einfluss oder keinen Zugriff hat. Ein anderes Prinzip formuliert die Beachtung von Moralphilosophien ergänzt durch einen kulturspezifischen philosophischen oder spirituellen Rahmen aus der Region der Welt, in der ein System eingesetzt wird.

Ausprobiert wurde die Norm bisher bei einem UNICEF-Projekt. IEEE plant weitere ethische Standards. Der IEEE ist ein großer, weltweiter Ingenieursverband mit über 400.000 Mitgliedern, der schon seit Langem technische Standards setzt und herausbringt, die vor allem in den USA beachtet werden. In Europa spielt die ISO-Norm eine größere Rolle, europäische Unternehmen können aber auch die Einhaltung von IEEE-Normen verlangen.

In diesem Fenster soll ein YouTube-Video wiedergegeben werden. Hierbei fließen personenbezogene Daten von Dir an YouTube. Wir verhindern mit dem WordPress-Plugin „Embed Privacy“ einen Datenabfluss an YouTube solange, bis ein aktiver Klick auf diesen Hinweis erfolgt. Technisch gesehen wird das Video von YouTube erst nach dem Klick eingebunden. YouTube betrachtet Deinen Klick als Einwilligung, dass das Unternehmen auf dem von Dir verwendeten Endgerät Cookies setzt und andere Tracking-Technologien anwendet, die auch einer Analyse des Nutzungsverhaltens zu Marktforschungs- und Marketing-Zwecken dienen.

Zur Datenschutzerklärung von YouTube/Google

Zur Datenschutzerklärung von netzpolitik.org

 

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

4 Ergänzungen

  1. Ich finde an Ansatz durchaus löblich, aber für den Standard dann auch noch das übliche unverschämte Entgeld zu verlangen wird nicht zur Durchsetzung dienen. So etwas gehört einfach frei verfügbar für jeden.

  2. Das ist zwar löblich, dennoch stricktest abzulehnen.

    Wer schreibt vor was ethnisch Korrekt ist, in vielen Ländern ist Erotik und Sex zur Gänze ethnisch Inkorrekt, ebenso LGBTIQ und die Gleichstellung von Frau und Mann.

    Damit sollte klar sein das unter dem Vorwand der ethnischen Korrektheit Tür und Tor für Missbrauch bis hin zu schweren Menschenrechtsverletzungen geöffnet wird.

    Wenn dann noch Kirchen und Religionsgemeinschaften sich einbringen zur ethnischen Korrektheit, braucht es nicht mehr sehr viel Phantasie wohin das führt und endet.

    Dabei relevant sind auch die 10 Prinzipien von Sarah Spiekermann, die mich in meiner strikt ablehnenden Haltung noch bestärken.

    Selbst ein generelles Verbot eines derartigen technischen Standards wäre gerechtfertigt und wünschenswert.

  3. Ohne starke Legal Requirements (wie z.B. Copyleft und die von Secushare geforderten Sachen) sind Standards oft nicht zu gebrauchen. Der offene Standard XMPP vernachlässigt z.B. die Skalierbarkeit.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.