DatenschützerUnis dürfen bei Online-Prüfungen weniger überwachen

In der Pandemie setzen Hochschulen auf Überwachung bei Online-Prüfungen. Doch die eingesetzten Techniken gehen deutlich zu weit. Der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte setzt den Unis deswegen jetzt strenge Regeln.

Mensch vor Computer
Mit Proctoring reicht die Überwachung bei Prüfungen bis in die Studentenbude. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com iam_os

Stefan Brink, der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, setzt Universitäten einen engen Rahmen bei der Überwachung von Studierenden bei Online-Prüfungen. In Deutschland wird aufgrund der Corona-Pandemie Software eingesetzt, die bei Fernprüfungen vor Täuschungen schützen soll. Solche Software steht wegen ausufernder Überwachung seit Längerem in der Kritik.

Der Datenschutzbeauftragte stellt in einer Handreichung an die Universitäten unter anderem klar, dass Aufzeichnungen und Screenshots von Prüfungen verboten sind. Hochschulen dürfen außerdem nicht verlangen, dass Studierende zu Kontrollzwecken einen Kameraschwenk durch ihr Zimmer machen müssen. Auch Textentwürfe der Prüfungsteilnehmer:innen bleiben geschützt, damit der Denkprozess der Betroffenen unüberwacht bleibt.

Strenge Regeln, mehr Verhältnismäßigkeit

Außerdem solle jede individuelle Überwachungsmaßnahme, zum Beispiel das Aufrufen eines Einzelbildes des Prüflings, diesem in Zukunft auch optisch angezeigt werden. Besonders eingriffsintensive Werkzeuge von Videokonferenz-Systemen, wie das Aufmerksamkeits-Tracking und Tracking von Augen-, Kopf- und Körperbewegungen, seien nicht erlaubt. Genauso seien jegliche Techniken unzulässig, in denen biometrische Daten verarbeitet werden.

Eine Videoaufsicht von Prüfungen hält der Datenschutzbeauftragte für zulässig. Jedoch sei der Einsatz von Software, die den Rechner des Prüflings scannt unverhältnismäßig, weil diese in die Vertraulichkeit und Integrität dieses IT-Systems eingreife. Das begründet Brink mit dem IT-Grundrecht.

Insgesamt müssten die Hochschulen auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip einhalten. Soweit die Prüfungsmaterie es zulasse, sollten daher mit Blick auf die genannten Grundrechte Prüfungsmodalitäten zum Einsatz kommen, die – bei Einhaltung desselben Leistungsniveaus – möglichst wenig Überwachungsmaßnahmen erfordern. Als Beispiel nennt Brink hier so genannte Open-Book-Arbeiten, bei denen die Nutzung von Hilfsmitteln weitgehend zulässig ist. Dabei müssten wesentlich weniger Überwachungsmaßnahmen durchgeführt werden als bei Prüfungen mit streng regulierten Hilfsmitteln.

Gutachten hält Praxis für rechtswidrig

Zuletzt hatte auch ein Gutachten der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), dass die in Deutschland eingesetzten Verfahren zur Überwachung von Online-Prüfungen den Datenschutz und die IT-Sicherheit verletzen. Die GFF hält die Überwachung von Studierenden im Rahmen von Proctoring für unverhältnismäßig und plant deswegen strategische Klagen. Die NGO sucht noch Studierende, die gegen die Praxis an ihrer Universität klagen wollen.

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