Digitale EinreiseanmeldungWer soll das alles kontrollieren?

Wer aus einem Corona-Risikogebiet nach Deutschland einreist, muss sich digital anmelden und in Quarantäne begeben. Viele geben dabei offenbar falsche Daten an, doch das ist nicht das einzige Problem.

Vogelperspektive: Ein Auto fährt in einem verschneiten Wald auf einer geraden Straße
Driving home for christmas? Dieses Jahr nicht nur im Radio ein Problem. – Vereinfachte Pixabay Lizenz rolandmey

Über 100 Länder sind momentan ganz oder teilweise offizielle Corona-Risikogebiete. Wer aus einer der Regionen nach Deutschland zurückkehrt, muss sich in der Regel registrieren und in Quarantäne begeben. Die Daten landen beim zuständigen Gesundheitsamt, das den Überblick behalten soll. Seit dem 8. November läuft die Anmeldung digital und hat die Papier-Aussteigekarten ersetzt.

412.000 digitale Einreiseanmeldungen sind bis zum 14. Dezember in dem System eingegangen, antwortet das Bundesinnenministerium auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke. Wie viele Personen insgesamt in diesem Zeitraum aus Risikoregionen nach Deutschland gekommen sind, lässt sich daran jedoch nicht direkt ablesen. Eine Anmeldung kann auch für mehrere Personen gelten, nur die zuständigen Gesundheitsämter erfahren jeweils die Details.

Digitalisierung mit Startschwierigkeiten

Betriebsbereit ist das System seit Mitte Oktober, im Einsatz laut Innenministerium seit November. Dennoch wird es noch einige Zeit dauern, bis alle beteiligten Behörden sich umgestellt haben. Mitte Dezember waren laut Innenministerium 305 Gesundheitsämter an das neue System angeschlossen, rund 400 gibt es insgesamt. Man rechne damit, noch bis Februar oder März 2021 eine Fallback-Lösung zu betreiben. Die gleicht dem Verfahren mit den Papierformularen: Schon damals wurden nicht die Zettel analog an die Ämter versandt, sondern von der Post gescannt, sodass das jeweilige Amt sie digital auf einem Post-Server abrufen konnte.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte forderte bereits zu Beginn der Umstellung, diese Zwischenlösung so schnell wie möglich zu überwinden, da sie aus Datenschutzsicht Nachteile habe. Unter anderem habe in diesem Szenario die Deutsche Post Zugriff auf die Daten der Reisenden.

Doch auch wenn im nächsten Jahr technisch alles glatt laufen sollte, die Einreiseanmeldung hat einige Schwachpunkte. Es gibt eine Reihe von Ausnahmen, bei denen Reisende sich nicht anmelden und in Quarantäne müssen. Etwa wenn sie Deutschland nur durchqueren oder für weniger als 24 Stunden im Risikogebiet waren. Jede dieser Ausnahmen macht es komplizierter zu prüfen, ob sich etwa ein Buspassagier ordnungsgemäß angemeldet oder auch nicht angemeldet hat.

Zuständig dafür sind auch die Beförderungsunternehmen, in einem Informationsbrief geben die Ministerien Hinweise, was sie tun sollen. Im grenzüberschreitenden Verkehr sollen die Unternehmen prüfen, ob eine Einreiseanmeldung vorliegt und ob die Daten plausibel sind. Wie sie das tun, bleibt ihnen überlassen. Sie könnten etwa den Namen auf der Einreiseanmeldung mit einer Bordkarte abgleichen – falls es eine gibt.

Wer prüft die Daten?

Auch bei den Ausnahmen ist ihr eigenes Urteilsvermögen gefragt: Wie soll ein Busbetrieb feststellen, ob der Fahrgast nur für 16 Stunden oder doch für längere Zeit im Ausland war? Es wäre beispielsweise denkbar, sich „entsprechende (Rück-)Fahrkarten“ zeigen zu lassen, so das Innenministerium. „Welche Belege zur Plausibilisierung gezeigt werden können, ist situationsabhängig“, heißt es. Die Beförderungsunternehmen bringt das in eine schwierige Situation, denn eigentlich dürfen sie Passagiere, die eine Einreiseanmeldung bräuchten und sie nicht oder falsch ausgefüllt haben, nicht transportieren.

Dass die Angaben bei der Anmeldung nicht in Ordnung sind, kommt dabei offenbar häufiger vor. Bei etwa 71.000 Stichprobenkontrollen im Flugverkehr stellte die Bundespolizei bis Mitte Dezember rund 10.000 Mängel fest, so das Innenministerium. Wie häufig es sich dabei um falsche E-Mail-Adressen oder gänzlich ausgedachte Fantasienamen handelt, werde statistisch nicht erfasst. Das deckt sich grob mit Recherchen des Spiegel, der Ende November herausfand, dass jeder fünfte „Risiko-Rückkehrer“ falsche Angaben mache.

Am schwierigsten dürfte die Situation bei Einreisenden im eigenen Fahrzeug sein. Hier fand die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern bei Stichproben vor den Weihnachtstagen mehrere Reisende ohne gültige Anmeldung. Viele gaben an, nicht genau über Quarantäneverpflichtungen informiert zu sein.

Gefahr von außen?

Fragestellerin Jelpke zweifelt am Sinn der Registrierung und Quarantänepflicht. „Suggeriert wird, das Virus käme in erster Linie als Bedrohung von außen“, so die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. „Schon die vielen – gerechtfertigten – Ausnahmen von der Pflicht zur Zwangsquarantäne machen diese Regelung zur Makulatur.“ Man könne sich ebenso als Pendler wie auch als Urlauber anstecken, das sei keine Frage der Länge oder Art eines Aufenthalts.

„Jede neue Infektion, ganz gleich ob im Inland oder Ausland erworben, ist eine Infektion zu viel“, schreibt das Innenministerium. Gleichzeitig geht Horst Seehofers Behörde davon aus, dass bei Reisen im Ausland ein höheres Risiko besteht. So gäbe es mehr nicht-alltägliche Kontakte und Reisende würden häufiger Infrastrukturen wie Hotels oder Bahnhöfe nutzen. Zudem seien die Eindämmungsmaßnahmen im Ausland nicht immer vergleichbar und die Infektionslage unklarer. Auslandsreisen seien „eher gefahrengeneigt“, heißt es.

Jelpke zufolge fehlen dafür die Belege. „Sofern nicht nachweisbar ist, dass Reisende aus dem Ausland stärkere Infektionsverbreiter sind als solche im Inland, erscheint die selektive Verpflichtung von Einreisenden aus dem Ausland, sich anzumelden und in Quarantäne zu begeben, als diskriminierende Maßnahme“, meint sie.

5 Ergänzungen

  1. Das krasse ist ja das man in dem Formular auch Fake Daten eintragen kann, z.B. den Namen des Nachbarn. Diese Information wurde auch schon im einen oder anderen „Querdenker“ Forum gepostet……

    Es wäre also durchaus möglich dieses System sehr leicht zu sabotieren zum Schaden dritter. Insgesamt wohl also keine sehr zufrieden stellende Lösung, ich denke da muss noch nachgebessert werden !

    1. Nun kann man so was wie du schreibst nur unterbinden, indem man jemanden danebenstellt, der kontrolliert ob alles richtig ausgefüllt wird.
      Also würde nur eine Einreisekontrolle an Grenzen und Flughäfen übrigbleiben.
      Personalintensive Massnahme.
      Was das für Folgen hat kann man gerade schön an den Grenzschliessungen zu GB sehen.
      Man beachte, aktuell wird viel weniger verreist und auch der Warenverkehr ist reduziert.
      Die in Grenznähe halten sich in vielen Fällen eh nicht an die Vorgaben und kennen im Bedarfsfall auch Möglichkeiten Sperren zu umgehen.
      Generell zeigt dieses Problem, das die Pandemie so einfach nicht kontrollierbar ist.
      Ein weiteres anziehen der Daumenschrauben wird allerdings das jetzt schon enorm knirschende Getriebe der Wirtschaft endgültig abwürgen.
      Mit der daraus resultierenden Knappheit an Arbeitsplätzen sowie von Waren und Dienstleistungen könnte der informelle Sektor wachsen und der hält sich an keine Vorgaben.
      Eine Kontrolle wird auch immer schwieriger. Es kommen immer mehr sanktionsbewehrte Handlungen dazu, wo einfach das Personal nicht reicht um die zu verfolgen.
      Ab einem bestimmten Punkt ist es tödlich für die staatliche Autorität, wenn einfach jeder mitbekommt, das die Behörden nicht hinterherkommen. Teilweise ist das schon so, in den Gerichten und Behörden stabeln sich die Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen die Coronaauflagen und werden schleppend bis gar nicht bearbeitet.
      Wegbrechende staatliche Einnahmen werden es vermutlich auch bald unmöglich machen neues Personal einzustellen. In meiner Stadt ist das schon so, alle gesetzlich nicht vorgeschriebenen Ausgaben sind gestoppt. Einstellungen sind gestoppt, obwohl dringend die Verrenteten ersetzt werden müssen usw. Funfact, im zuständigen Gesundheitsamt ist die Chefin kein Arzt mehr sondern eine Verwaltungsangestellte.
      Blöde Sache, aber wir haben die Wahl zwischen Massenarbeitslosigkeit durch rigide Eindämmung oder durchlaufen der Pandemie.

  2. Klares Missbrauchspotenzial ohne klaren Nutzen – wie so oft. Bei Datenerhebungen drehen die Überwachungsbürokraten regelmäßig frei.

  3. Das Formular ist schlecht
    Beim netzausfall waren alle daten weg und man fängt von vorn an
    Und warum sol Man impfnachweise hochladen?
    Die Gesundheitsbehörde
    hat die doch selbst ausgestellt

  4. Dass Entsetzen steht mir in den Augen. Wenn Reisende aus Italien mit Hochrisikogebiet sagen das sie sich nicht anmelden wollen weil sie sonst in Quarantäne müssten oder die Kinder nicht mehr raus dürfen. Ich bin entsetzt über die Unverantwortung der MItbürger.
    Was ist das für eine beschi**ene Situation für alle die nicht Krank werden wollen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.