Der E-Mail-Anbieter mailbox.org legt in seinem Transparenzbericht Zahlen zu behördlichen Datenanfragen im Jahr 2018 offen. Dabei wird im zugehörigen Blog-Eintrag der nach wie vor hohe Anteil formal mangelhafter und somit genau genommen rechtswidriger Anfragen kritisiert. Als Konsequenz gibt mailbox.org nun „eine Übersicht für interessierte Privatpersonen, Journalisten – aber gerade auch für Polizisten und andere Ermittlungsbeamte“ und fasst die Rechte und Pflichten aller Beteiligten praktisch zusammen.
Hauptsächlich Bestandsdatenabfragen von Strafverfolgungsbehörden
Einen Großteil der Anfragen bilden demnach Ersuchen nach Bestandsdaten, also nach Daten zu Account-Inhaber:innen zwecks ordentlicher Vertragsabwicklung. Daneben gingen bei mailbox.org im letzten Jahr drei Telekommunikationsüberwachungsanfragen (TKÜ) ein, die einen weitaus tieferen Grundrechtseingriff darstellen: Bei TKÜ handelt es sich um das zeitlich begrenzte Abhören der tatsächlichen Kommunikationsdaten. Entsprechend braucht es einen richterlichen Beschluss und weitaus ausführlichere und konkretere Anfragen als beispielsweise beim Ersuchen von Bestandsdaten.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Anzahl der Anfragen an mailbox.org von 38 auf 72 knapp verdoppelt, etwa proportional ist aber auch die Zahl der formal mangelhaften Anfragen von 22 auf 48 gestiegen. Dabei gingen die Anfragen 2018 ausschließlich von Strafverfolgungsbehörden wie der Polizei und dem Bundeskriminalamt aus. Insgesamt gab es seit 2013 keinerlei Anfragen von Nachrichtendiensten und nur eine Anfrage vom Zoll im Jahr 2015.
Nachhilfe in Sachen Rechtsgrundlage für Behörden offenbar nötig
Als Grund für die vielen formal falschen Anfragen wird vom Autor und Geschäftsführer von mailbox.org Peer Heinlein vor allem „blanke Unwissenheit über die Gesetzeslage“ seitens der Behörden angeführt:
Aus vielen Einzelfallgesprächen mit ermittelnden Polizisten […] wissen wir jedoch, dass landauf, landab, blanke Unwissenheit über die Gesetzeslage herrscht. Polizei ist Ländersache, und auch innerhalb der vielen großen und kleinen Polizeidienststellen ist nicht jeder sattelfest in Sachen Internet und den Daten, die bei einem Provider so anfallen. Und auch nicht jeder Polizist ist mit dem Internet im Blut aufgewachsen. Für manche ist es auch…
Neuland. Allerdings: Selbst spezielle Abteilungen zu „Cybercrime“ haben bei uns schon
rechtswidrig angefragt und mussten von uns aufgeklärt werden. Das ist dann schon sehr
bitter.
Warum sollte es auch bei Cyberdingen anders sein als in den anderen Bereichen? Jeder ist Opfer seines Dunning-Kruger-Effekts und bei Behörden kommen oft noch Obrigkeitsallüren (z.B. Überheblichkeit und Dienstanweisungen) und akuter Handlungszwang dazu. Im Vergleich zu früher, gibt es auch viel mehr Wissen, das für die Bewältigung des Behördenalltags benötigt wird. Doch dass sich die Ausbildungszeiträume entsprechend angepasst hätten, wäre mir neu.
Das schrecklichste Bild liefern die Jobcenter ab mit ihren fehlerhaften Bescheiden und Sanktionierungen und danach kommen gleich die ungerechtfertigt abgelehnten Asylanträge. Und da geht es oft sogar akut um Leben und Tod.
Ich wurde mal von einem Trupp Polizisten mit Haftbefehl in der Hand aus dem Schlaf gerissen. Das angeblich noch ausstehende Bußgeld, hatte ich aber drei Wochen zuvor schon bezahlt. War sehr interessant anzusehen, wie sich die vier Gesichter vor mir plötzlich anfingen rot zu werden. Zu der Zeit waren die Uniformen noch grün, was einen noch stärkeren Kontrast hervorrief.