Die Polizei im südlichen Wales plant, über die nächsten drei Monate eine Gesichtserkennungs-App für den Einsatz bei Routinekontrollen zu testen. Die 50 Polizist*innen, deren Smartphones mit der App ausgestattet sein werden, bekommen so die Möglichkeit, ein aufgenommenes Foto der kontrollierten Person mit Daten auf einer sogenannten Beobachtungsliste abzugleichen.
Mit den angekündigten Tests zeigt die Polizei aus South Wales, dass sie den regelmäßigen Einsatz der umstrittenen Technologie in Großbritannien in jedem Fall ausbauen will. Dabei geht seit Mai dieses Jahres die britische Menschenrechtsorganisation Liberty gerichtlich gegen die Polizei in England und Wales vor: Liberty erhofft sich in dem Verfahren ein allgemeines Verbot von Live-Gesichtserkennungsmaßnahmen. Die Polizei im süd-walisischen Cardiff setzt solche Überwachungstechnologien ein, um auf öffentlichen Plätzen und bei Großveranstaltungen direkt übertragene Bilder mit Beobachtungslisten abzugleichen.
Im Namen der Effizienz auf Kosten der Privatsphäre
Wie der Guardian berichtet, argumentiert der stellvertretende Polizeipräsident der Polizei in South Wales bezüglich der getesteten App mit der einfacheren und schnelleren Möglichkeit, die Identität einer kontrollierten Person zu überprüfen. So sei es mit der App nicht mehr nötig, mit den Verdächtigten zur nächsten Polizeistation zu fahren. Außerdem würden die testweise mit der App arbeitenden Polizist*innen unter besonderer Beobachtung stehen und zum verhältnismäßigen Einsatz ausgebildet worden sein.
Die Organisation Liberty kritisiert den Test der App vor allem in Hinblick auf das noch laufende Gerichtsverfahren gegen den bisherigen Einsatz der Technologie in Cardiff. Einer Sprecherin zufolge erhöhe der Einsatz der App die vom Staat ausgeübte Kontrolle. Zudem stellt sie die Verhältnismäßigkeit in Frage: Der Polizei stünden weniger invasive Mittel zur Identitätsüberprüfung einer Person zu Verfügung.
Automatisierte Gesichtserkennung wird weltweit diskutiert
Seit Monaten wird in vielen Ländern über den Einsatz von Gesichtserkennung gestritten. Die Technologie ist mit schweren Grundrechtseingriffen verbunden. Ein Bericht über in London eingesetzte Gesichtserkennung bescheinigte der Technologie ein hohe Fehlerquote und womöglich die Verletzung von Menschenrechten, in San Francisco wurde der Einsatz von Gesichtserkennung mittlerweile sogar durch den Stadtrat verboten.
Auch in Deutschland nutzt die Polizei Gesichtserkennungssysteme, das BKA will dabei auf vermeintlich immer bessere Technologien und erweiterte Datenbanken umstellen. Und auch hierzulande äußern sich Datenschützer*innen der Technologie gegenüber kritisch: Der Test zur automatisierten Gesichtserkennung am Berliner Südkreuz und die Erstellung einer Referenzdatenbank im Rahmen der Proteste um den G20 in Hamburg wurden unter anderem als anlasslos, fehlerhaft, datenschutzwidrig und in die Privatsphäre eingreifend bezeichnet.
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