Tageszeitung „Kieler Nachrichten“ wirft Polizei Bespitzelung vor

Die „Kieler Nachrichten“ werfen der Landespolizei vor, zwei ihrer Journalisten überwacht zu haben. Am Auto des Chefredakteurs soll es einen Peilsender gegeben haben. Die Landesregierung weist die Anschuldigungen zurück.

Die Kieler Förde aus der Luft. CC-BY-SA 2.0 Klaas Ole Kürtz

Es ist ein ungeheuerlicher Verdacht, den die Redaktion der „Kieler Nachrichten“ aufwirft: Wurden mehrerer ihrer Journalisten abgehört und überwacht? Darauf wiesen der Tageszeitung zufolge mehrfach Polizei-Quellen hin. Bei einer Messung am Auto des Chefredakteurs Christian Longardt fanden sich laut eigenen Angaben Funksignale, die von einem Peilsender stammen könnten. Eine anschließende Untersuchung wenige Tage später brachte jedoch keinen Peilsender hervor. Zudem sollen Unbekannte das E-Mail-Konto des Polizeireporters Bastian Modrow gehackt haben.

Longardt und Modrow berichten seit Längerem über die sogenannte Rocker-Affäre. Dabei geht es um Ungereimtheiten in einem Ermittlungsverfahren gegen die Rockerbande „Bandidos“, die bereits oft in Zusammenhang mit Kriminalität stand. Laut Recherchen der Tageszeitung aus Schleswig-Holstein wurden Akten manipuliert, Aussagen unterdrückt und Aufnahmen aus Hausdurchsuchungen gelöscht. Auch gegen interne Kritik geht die Polizeiführung hart vor. Unter anderem würden Internetzugriffe protokolliert und Kommunikationsdaten ausgelesen. „Es gehe vornehmlich darum, ’singende Ratten‘ zu identifizieren – so werden demnach im Führungsstab des Landeskriminalamts Kiel jene Beamte genannt, die im Zuge der Rocker-Affäre mit Presse und Politikern Kontakt haben“, heißt es in einem Artikel der „Kieler Nachrichten“.

Nachdem mehrere Quellen aus dem Polizeiapparat die Journalisten darauf hinwiesen, dass sie überwacht werden würden, schickten die „Kieler Nachrichten“ im Juni 2017 einen ausführlichen Fragenkatalog an das Innenministerium Schleswig-Holstein. Der damalige Innenminister Stefan Studt (SPD) sah jedoch „keinerlei Anhaltspunkte“ für den darin enthaltenen Verdacht der Telekommunikationsüberwachung.

Experten vermuten Peilsender am Journalisten-Auto

Um sicher zu gehen, ließen Longardt und Modrow ihre Büroräume, Fahrzeuge und elektronische Geräte nach Spuren von Überwachungsaktionen von Experten untersuchen. Die „Kieler Nachrichten“ schreibt zu den Ergebnissen:

Ein beim Test gedrehtes Video haben sich mehrere mit Kriminaltechnik vertraute Polizeibeamte angesehen – und erklärt, dass es sich um einen Frequenzbereich handele, auf dem Behörden mit Peilsendern arbeiten, um Personen zu orten. Darüber hinaus meldete Modrows Privat-PC Zugriffe durch unbekannte Nutzer: Am 18. Mai wurde ein Mailkonto geknackt – zu dem Zeitpunkt hatte unsere Zeitung erste brisante Polizei-Dokumente veröffentlicht. Am 25. Juni meldete der Computer einen Unbekannten im durch Passwort gesicherten privaten Netzwerk.

Opposition und Journalistenverbände verlangen nun Aufklärung. Hans-Joachim Grote (CDU), neuer Innenminister von Schleswig-Holstein wies die Vorwürfe gegen die Polizei zurück: „Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen hat es die in Rede stehenden Maßnahmen gegen Journalisten nicht gegeben.“ Er habe volles Vertrauen in die Polizei. Trotzdem kündigte er eine „externe Untersuchung“ der Anschuldigungen an.

13 Ergänzungen

  1. Ach, das ist doch nur unbegründete Paranoia und ganz sicher nur eine Verschwörungstheorie!

  2. „Dabei wurden an Longardts Auto bei mehreren Messungen am vorderen linken Radkasten Signale einer Funkquelle festgestellt. Ein Messfehler sei ausgeschlossen, so die Spezialfirma. In der Autowerkstatt wurde der Sender einige Tage später aber nicht gefunden.“

    HAHAHAHAhahahaha … nein.
    Wenn dort ein Sender war. Und ich, oder von mir beauftragte Menschen, den finden.
    Dann schiebe ich das Auto nicht „einige Tage“ später auf die Bühne.
    Insbesondere wenn ich so viel Brisanz vermute.
    Wenn ich den schon piepen hab, auf einem Suchgerät …
    dann such ich bis zum Ende … und finde ihn auch.

    Egal wie es war … es war anders als im Artikel von KN.
    Oder die Leute haben für keine 2 Cent nachgedacht … kann auch sein.

  3. „Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen hat es die in Rede stehenden Maßnahmen gegen Journalisten nicht gegeben.“

    Hatten wir eine ähnliche Formulierung nicht schon mal gehabt? Wie war doch da gleich noch mal das Endergebnis? Es kommt halt immer darauf an, Wie man es sagt.

    1. Hübsch formuliert, die „vorliegenden Erkenntnisse“. Ehrlicher die Öffentlichkeit zu informieren, würde sie nur „verunsichern“. Hatten wir schon mal.

  4. In der Pressekonferenz teilte die Polizei mit, dass es sich bei der Frequenz um eine militärisch genutzte handele. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass einige für den Export gefertigte Fahrzeuge (oder auch Re-Importe) über Zentralverriegelungen verfügen sollen, die eben auf diesen Frequenzen arbeiten (z.B. VW Tiguan in/für Mexiko)

  5. Schon mal jemand darüber nachgedacht, das die Vorgehensweise auch auf Leute aus dem Rockerumfeld passen würden? Nur weil Rocker mit Motorrädern durch Wald und Flur fahren, heißt das nicht, dass sie nicht ein paar gute Blackhats engagieren können.

  6. … ich glaube da nicht an die Polizei.
    Der BND oder der sog. „VERFASSUNGSSCHUTZ“
    spielen doch viel lieber Info-Krieg gegen die Bürger ….

    1. Ja sicher, aber so ein Journalistisch veranlagter Terrorist (Terrorist, weil sich die Dienste und deren Auftraggeber von eben diesen Journalisten terrorisiert https://de.m.wiktionary.org/wiki/terrorisieren fühlen) kann ja, bösartig wie sie nunmal sind, mal seine portable Wanze (Smartphone) im Büro vergessen und trotzdem möchten unsere Dienste wissen, wo sich eben diese Gefährder aufhalten!

      Ich hätte ja den Spybug verwendet, abhören und Peilen in einem, für knapp 20€ ein Schnäppchen!

  7. Klingt wie VT. Wenn ich einen Peilsender orten würde, wäre ich sofort auf dem kürzesten Weg zur Werkstatt unterwegs. Wenn das Ding gefunden würde und die Herkunft nach Polizei aussähe, würden die ein Licht an die Hacken gemacht kriegen, das sie nie wieder vergessen.

    Zugriffsversuche von Unbekannten kann heute jeder fast täglich am eigenen Rechner feststellen. In einigen Fällen werden das auch Staatshacker sein. Auch diverse Internetkonzerne und -anbieter, die Konkurrenz und Kriminelle stehen nicht außerhalb des Verdachtes. Die lassen sich nicht auseinanderhalten. Aber wer sowas feststellt, hat gewöhnlich die Protokollaufzeichnungen. Damit ließe sich vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen.

    Für die Anschuldigungen ist die dargestellte Beweislage viel zu dünn. Wenn man Beweise hat und es um was Wichtiges geht, stellt man Strafanzeige, keine Anfrage. Also unter Zeitungsente verbuchen, bis etwas bessere Beweise vorliegen. Erst mal klingt das wie fake news.

  8. Anpeilung schön und gut, kann aber theoretisch „jeder“ gewesen sein, nicht nur die Polizei sondern auch das Gegenüber. Und klar wenn man Tage wartet bis zur Inspektion ist das Ding natürlich weg. Diese vertagte Strategie bringt nur dann etwas, wenn man andere Beweismittel besitzt und mit dem Gegenüber spielen möchte, es in die Irre führen möchte, damit ein entscheidender Fehler bzw. ein Fehlverhalten erfolgt. Ansonsten ist diese Variante nutzlos. Und wieso ausgerechnet nur die Polizei? Können doch auch organisierte Kriminelle gewesen sein und die Polizei hat genau das ggf. verdeckt versucht zu analsieren. Nur eine Möglichkeit. Im Grunde ist es schwierig heutzutage den „Schuldigen“ ohne eindeutige Beweise auszufindig zu machen, da die Technik quasi jeder einsetzen könnte. Bei Kriminellen ist die Hemmschwelle dazu sicher gering, egal ob illegal. Gibt im Netz u.a. diverse Wanzenbauanleitungen, kann folglich auch der Nachbar basteln, obwohl dieser gar nichts mit Ermittlungen zu tun hat. Oder man legt das Teil in eine angemietete Wohnung, bekommt keiner mit.

  9. Also doch kein „Peilsender“?
    Wenn doch, haben die den hoffentlich behalten, und versteigern ihn nun.
    Das hat mal ein linker Aktivist provokant gemacht…
    Das Teil war aber ziemlich groß.

    Steht das Auto immer draußen?

    Wenn man es dran lässt, dann bitte mit der Absicht die Täter in Flagranti zu erwischen, und zu filmen/fotografieren, und danach zu verbrennen.
    Sollen Sie danach die Fotos der Personen abdrucken und online stellen, das nennt man in der Agentenspreche „Verbrennen“. Wenn man einen Agenten öffentlich enttarnt.
    Auf Wikileaks findet man auch ein Foto eines deutschen BND-Agenten vor seinen Haus, wenn Ich mich recht erinnere.
    Habe auch das Foto noch im Kopf…
    Habe die Serie zwar nicht gesehen, aber „Burn Notice“ könnte eine Nachricht an den Agenten sein, dass er enttarnt, „verbrannt“ wurde…

    @ Hans Sylvester
    Eine ZV sendet aber nur während man sie benutzt.
    Das haben die sicher nicht gemacht, bzw. es wäre denen aufgefallen.

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