Höchstens gemischte Gefühle: Netzpolitik und Grundrechte im Koalitionsvertrag Baden-Württemberg

Der Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg ist unterzeichnet. In Sachen Breitbandausbau, moderne Bildung, Open Source und freiem WLAN enthält er viele positive Aspekte. Doch bei Grundrechten, Überwachung und Informationsfreiheit ist die Vereinbarung von Grünen und CDU eine herbe Enttäuschung.

Straße oder schon Datenautobahn? Foto: CC-BY-NC 2.0 WeiterWinkel

Gerade wenn man den Koalitionsvertrag mit dem in Sachsen-Anhalt vergleicht, wo auch die CDU Koalitionspartner ist, sind die Ergebnisse aus Stuttgart – obwohl da viel Netzpolitik drin steckt – mehr als enttäuschend. Darüber kann dann auch der Schmunzler nicht hinwegtäuschen, dass im Koalitionsvertrag (PDF) tatsächlich steht:

Genauso wichtig wie Straßen sind uns die Datenautobahnen.

In Koalitionsverträgen ist erfahrungsgemäß Vorsicht bei den Formulierungen geboten: Es macht einen großen Unterschied, ob da „wollen“, „sollen“ oder „werden“ bzw. „müssen“ steht. Die ersten beiden Formulierungen haben mehr den Charakter von Absichtserklärungen, während ein „werden“ und „müssen“ schon deutlicher ist, aber auch nicht garantiert, dass ein Vorhaben umgesetzt wird.

Breitbandausbau

Recht umfassend äußern sich die Koalitionäre zum Breitbandausbau:

Wir werden […] den flächendeckenden Ausbau der Breitbandverkabelung intensiv vorantreiben und dazu finanziell weiter stärken. Für uns hat die Breitbandversorgung die Qualität einer Daseinsvorsorge. Mit einem Breitbandprogramm wollen wir erhebliche Mittel bereitstellen, um die flächendeckende Verfügbarkeit von Bandbreiten ab 50 MBit/s im ganzen Land zügig voranzutreiben. Wir prüfen, wie hierzu neue Finanzierungs- und Gesellschaftsformen – auch unter Einbeziehung privaten Kapitals – umgesetzt werden können. Beim Breitbandausbau haben Glasfaserleitungen für uns Vorrang vor kupferbasierten Lösungen.

Glasfaser, schnelles Internet, Daseinsvorsorge, finanziell stärken – das klingt alles gut. Auch dass hier von mehr als 50 MBit/s die Rede ist und dass auch Landesgelder fließen sollen und nicht nur privates Kapital, lässt hoffen. Genauso ist die Priorisierung von Glasfaser zu loben. Bis aber feststeht, wieviel Geld im Haushalt dafür eingestellt wird, ist dies erstmal eine sehr gute Absichtserklärung.

Informationsfreiheit

Baden-Württemberg. Karte: CC-BY-SA 3.0 TUBS / Wikipedia
Baden-Württemberg. Karte: CC-BY-SA 3.0 TUBS / Wikipedia

Den mit dem Informationsfreiheitsgesetz begonnenen Weg hin zu einer offeneren Verwaltungskultur in Baden-Württemberg werden wir fortsetzen.

Der begonnene Weg führte in Baden-Württemberg leider zu einem der schwächsten Informationsfreiheitsgesetze Deutschlands. Ein wirklicher Schritt nach vorne wäre hier die Schaffung eines Transparenzgesetzes nach Hamburger Vorbild gewesen.

Freie Software, freie Lizenzen, Urheberrecht

Zu diesem Themenkomplex hält der Koalitionsvertrag gleich eine ganze Reihe von Aussagen bereit, die auf eine Stärkung von freier und offener Software und Lizenzen schließen lassen:

Wir werden die E-Government-Richtlinien und das Beschaffungswesen des Landes bei der IT-Beschaffung in Richtung Open Source weiterentwickeln.

Auch Open Educational Resources werden genannt, so begrüße und unterstütze man die Bereitstellung freier Software und offener Bildungsressourcen (OER) durch das Landesmedienzentrum. Open Source biete ebenso wie freie Standards und offene Formate große Chancen für ein herstellerunabhängiges Software-Ökosystem. Diese Ansätze wolle die Koalition unterstützen. Das sind gute Feststellungen, die Frage aber wird sein, inwieweit öffentliche Verwaltungen dann wirklich Open Source nutzen werden und wie in Ausschreibungen Open Source eine Chance eingeräumt wird. Weiter heißt es im Vertrag, dass die Open-Access-Strategie des Landes weiterentwickelt werden solle.

In Sachen Urheberrecht steht im Koalitionsvertrag:

Wir setzen uns für ein modernes und praktikables Urheberrecht ein, das die Kunsteinrichtungen in die Lage versetzt, die Möglichkeiten digitaler Technologien zu nutzen. Wir setzen unsere Bemühungen fort, die Archivbestände der Landesarchive, Hochschulen, Museen und Kunsteinrichtungen in digitaler Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Soweit möglich sollen dabei freie Lizenzen zum Einsatz kommen, die eine Weiternutzung der Archivbestände durch Dritte ermöglichen.

Digitalisierung der Archivbestände und Veröffentlichung mit freien Lizenzen sind netzpolitische Kernforderungen, die jetzt Eingang finden in den Koalitionsvertrag.

Datenschutz

Das Wort Datenschutz kommt 30 mal vor im Koalitionsvertrag. Unter anderem heißt es dazu:

Die europäische Datenschutzgrundverordnung werden wir zeitnah umsetzen und weitere Schritte prüfen, wie eine gelingende Balance aus dem Schutz sensibler Daten und Innovationsförderung unterstützt werden und gelingen kann („gestaltender Datenschutz“).

Kritisch betrachtet könnte sich hier hinter dem Begriff „gestaltender Datenschutz“ eine Aufweichung von Datenschutzbestimmungen verstecken. Dass überhaupt ein Gegensatz zwischen Datenschutz und Innovation aufgemacht werden muss, verstört ein wenig.

Dafür geht es an anderer Stelle ins Detail:

Wir werden uns für bessere Informations- und Aufklärungsarbeit und stärkere Regulierung bei dem sogenannten digital fingerprinting einsetzen. Auf den Computern von Nutzern werden bei dem Besuch von Webseiten häufig „cookies“ erstellt, in denen Informationen über die Besucher gespeichert werden. Diese Informationen erlauben es Betreibern von Webseiten, den Nutzer wiederzuerkennen und nutzerbezogene Angebote zu generieren. Das „digital fingerprinting“ sollte ebenfalls über das Mittel des Einwilligungsvorbehalts eingeschränkt werden.

Sehr gut! Die zukünftige baden-württembergische Regierung hat erkannt, dass „digital fingerprinting“ ein Datenschutzproblem ist. Bei einer Einwilligungslösung ist jedoch darauf zu achten, dass sie nicht so ineffektiv bleibt wie bei den Cookies.

Und weiter:

Das Amt des beim Landtag angesiedelten unabhängigen Landesbeauftragten für den Datenschutz (LfD) besetzen wir zügig neu und wollen es aufgrund gewachsener Aufgaben entsprechend ausstatten.

Aufwuchs der Mittel für den Landesdatenschutzbeauftragten: Das ist gut, um die Prüfung des Datenschutzes in Baden-Württemberg zu stärken.

Freie Netze, WLAN, Störerhaftung

Zum Ausbau offener WLAN-Angebote sagt der Koalitionsvertrag:

Ob Schulen, Verwaltungsgebäude, Häfen oder Museen, alle müssen schnelles Internet für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dann auch offene WLAN-Angebote für Besucherinnen und Besucher anbieten. Ebenso werden wir die Verfügbarkeit freien WLANs zu einer Voraussetzung bei der Vergabe von Verkehrsnetzen machen. Wir setzen uns auf Bundesebene für eine Abschaffung der Störerhaftung beim Betrieb offener WLAN-Angebote ein.

Wenn alle öffentlichen Gebäude verpflichtet werden, freies WLAN zur Verfügung zu stellen, dann ist das ein wirklich großer Schritt für mehr freie WLAN-Netze. Auch die Festschreibung von freien WLANs bei der Ausschreibung von Verkehrsnetzen ist konkret und zielführend. Zudem enthält der Koalitionsvertrag einen weiteren Sargnagel für die Störerhaftung. Das einzige, was hier fehlt, ist eine Unterstützung der Freifunk-Initiativen, wie sie in den Koalitionsverträgen in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz festgeschrieben wurde.

Bildung

In Schulen soll das Fach Informatik gestärkt werden:

Die Informatik werden wir in den Schulen mit dem „Aufbaukurs Informatik“ in Klasse 7 aller weiterführenden Schulen, mit dem Profilfach „Mathematik, Physik, Informatik“ in den allgemeinbildenden Gymnasien und im erweiterten Niveau der Gemeinschaftsschulen sowie mit dem Wahlfach „Informatik“ in den Realschulen, Haupt-, Werkreal- und Gemeinschaftsschulen verankern. Begleitend dazu werden wir ein Fortbildungskonzept für die Lehrkräfte auflegen.

Die Stärkung von Informatikunterricht ist begrüßenswert. Und auch das Bestreben, freie Lehrmaterialien zu unterstützen:

Wir setzen uns dafür ein, dass an den Schulen verstärkt freie Lern- und Lehrmaterialien (Open Educational Resources und Freie Software) genutzt werden können.

Und auch Kompetenzen für soziale Netzwerke und Datenschutz sollen auf breiter Basis gelehrt werden:

Wir werden eine umfassende Informationskampagne „Soziale Netzwerke“ starten, die sowohl Jugendliche als auch Eltern für den Umgang mit sozialen Medien trainiert und für Chancen und Gefahren (Datenschutz, Phishing, Viren etc.) sensibilisiert. Im Schulfach „Informatik“ sollte der Bereich Medienkunde, Medienkompetenz und Datenschutz verstärkt unterrichtet werden.

Datenschutz, Medienkunde und Medienkompetenz im Lehrplan war nach einer Recherche von netzpolitik.org im Jahr 2014 noch nirgendwo richtig verankert. Wenn Baden-Württemberg diese Inhalte wirklich in der Lehrplänen festschreibt, ist dies eine positive Entwicklung.

Andererseits ist die Tendenz, „was mit Medien“ und außerdem ein paar rechtliche Grundlagen in ein technisches Fach zu integrieren, auch ein Zeichen, wie wenig Verständnis dafür vorhanden ist, was Informatik eigentlich ist.

Verschlüsselung

Im Koalitionsvertrag heißt es:

Gemeinsam mit den Forschungseinrichtungen im Land werden wir einen Schwerpunkt im Bereich „Verschlüsselungstechnologie“ und einem „Baukasten für Datensicherheit“ legen.

Was das genau bedeutet, welche Verschlüsselungstechnologien unterstützt werden sollen, wieviel Geld hier fließen soll, steht leider nicht im Vertrag. Auch gibt es keine Erklärung im Koalitionsvertrag, dass Behörden per Verschlüsselung erreichbar sein sollen. Ein Bezug zu Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wird im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz nicht gemacht. So bleibt dieses Kapitel sehr vage und schwach.

Staatliche Überwachung

In diesem Themenkomplex liegen die echten Klopper des Koalitionsvertrages, in denen die Handschrift des schwarzen Koalitionspartners überwiegt:

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. […] Wir werden daher einen Schwerpunkt auf die Verbrechensbekämpfung im Internet legen und unsere Sicherheitsbehörden auf dem Weg zu IT-Strafverfolgung und -bekämpfung weiter unterstützen.

Der Koalitionsvertrag enthält gleich zweimal den Un-Satz, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei. Von diesem Geist geprägt ist das gesamte Kapitel zu Internetüberwachung, denn dort heißt es:

Konkret sind wir bereit, das Polizeigesetz unter folgenden Maßgaben anzupassen: Beachtung ausstehen- der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, präventive Terrorismusbekämpfung und Fälle schwerer Kriminalität. Alle Maßnahmen sollen unter Richtervorbehalt gestellt werden. Auf dieser Basis schaffen wir Ermächtigungsgrundlagen zur jeweils präventiv-polizeilichen Erhebung von Kommunikationsverbindungsdaten und der Ermöglichung der präventiven Telekommunikationsüberwachung (TKÜ).

Hier ist in astreinem Neusprech die Vorratsdatenspeicherung (VDS) versteckt, die jetzt offiziell von der neuen Koalition auch grün abgesegnet wird. Und das, obwohl die grüne Bundestagsfraktion als Beschwerdeführer gegen die VDS vor das Bundesverfassungsgericht zieht. Präventive Telekommunikationsüberwachung meint letztlich geheimpolizeiliche Befugnisse, so wie sie gerade beim Urteil zum BKA-Gesetz vom Verfassungsgericht erheblich beschränkt wurden.

Weiter schreiben die Koalitionäre:

Es ist zu überlegen, ob die Landespolizei und das Landesamt für Verfassungsschutz zum Zweck der Terrorismusbekämpfung die Befugnis zur Durchführung von Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung erhalten soll.

Das ist eine sehr vage Formulierung, aus der dennoch der Wunsch der Koalition herauslesbar ist, die beiden Staatstrojaner (Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung) der Polizei und dem Verfassungsschutz zur Verfügung zu stellen. Bislang darf der Inlandsgeheimdienst weder auf Bundes- noch auf Länderebene Staatstrojaner einsetzen. Warum ausgerechnet eine Regierung, bei der die grünen die größere Partei sind, einen solchen Vorstoß wagt, ist hier die Frage.

Auch eine finanzielle und personelle Stärkung gegen „Cyberkriminalität“ wird angekündigt:

Deshalb werden wir die Bekämpfung der Cyberkriminalität durch geeignete personelle und sachliche Maßnahmen verstärken. Wir setzen zum Beispiel spezielle Ermittlungsteams ein und schaffen gezielte Aus- und Weiterbildungsangebote.

Unklar in dieser Formulierung ist, um was für Ermittlungsteams mit welchen Befugnissen es sich handelt.

Außerdem will die grün-schwarze Koalition:

[…] automatische Kennzeichenlesesysteme auf Verkehrswegen und -achsen auf der Grundlage des geltenden Rechts dann einsetzen, wenn Erkenntnisse vorliegen, dass sie für reisende Tätergruppen besonders relevant sind. Die erforderliche Einsatz-, Kriminal- und Verkehrstechnik werden wir bedarfsorientiert beschaffen.

Automatische Kennzeichenüberwachung erfasst grundsätzlich erstmal alle Autofahrer, sie ist deswegen aus Datenschutzgesichtpunkten höchst umstritten. Fraglich ist auch, was mit „reisenden Tätergruppen“ gemeint ist. Auch wird nicht gesagt, ob die Kennzeichenüberwachung nur bei Strafverfolgung oder sogar präventiv eingesetzt werden soll, zum Beispiel bei Großprotesten und ähnlichem.

Und dann kommt auch noch der Kernsatz sicherheitspolitischer Hardliner:

Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden. Deshalb ist es wichtig, dass staatliche Organe in einem klar festgelegten Rahmen Informationen erhalten, austauschen und verarbeiten können, die zur Kriminalitätsbekämpfung sachdienlich sind.

Auch hier mit der Gleichsetzung von Datenschutz und Täterschutz eine klare Law-and-Order-Sprache. Gleichzeitig umreißt diese Passage nicht im Geringsten, welche Arten von „sachdienlichen Informationen“ hier eigentlich ausgetauscht werden dürfen. Das lässt sehr viel Spielraum zur Interpretation.

Geheimdienste

Auch zum Landesamt für Verfassungsschutz äußern sich die Koalitionspartner:

Das Landesamt für Verfassungsschutz werden wir als Frühwarnsystem der Demokratie bedarfsgerecht ausbauen.

Im Klartext heißt das: Die grün-schwarze Regierung will den Inlandsgeheimdienst personell und finanziell stärken. Von einem Ausbau der Geheimdienstkontrolle hingegen – früher mal ein grünes Sternchenthema – ist im Koalitionsvertrag nichts zu finden.

Im Gegenteil heißt es weiter:

Wir unterstützen im Bundesrat die Vernetzung von nationalen und europäischen Sicherheitsdatenbanken.

Dieser Datenbankaustausch wirft Fragen des Trennungsgebotes von Geheimdiensten und Polizei auf. Wir haben dieses Thema in unserem Artikel zum neuen Anti-Terror-Paket näher betrachtet.

Polizei & Bürgerrechte

Das Wort Polizei ist mit 67 Nennungen im Koalitionsvertrag sehr beliebt. Konfliktpotenzial liegt in dieser Formulierung:

Bei der Ausübung ihrer Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger werden Polizeibeamtinnen und –beamte, aber auch andere Amtsträger sowie Angehörige von Hilfs- und Rettungsdiensten zunehmend mit Respektlosigkeit, Widerstand und Gewalt konfrontiert. Diese Entwicklung werden wir nicht hinnehmen.

Hinter dieser Formulierung versteckt sich die Wiedereinführung des „Schutzparagrafen 112“, der den 113 StGB „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ erweitert. Kritiker sehen in diesem Paragrafen, den mehrere Bundesländer einführen wollen, eine versteckte/indirekte Einschränkung der Versammlungsfreiheit.

Und bei der wirksamen Kontrolle der Polizei bewegt sich Baden-Württemberg gegen den bundesweiten Trend nicht nach vorne:

Eine individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamtinnen und -beamte werden wir in dieser Legislaturperiode nicht einführen.

Die individuelle Kennzeichnungspflicht stand damals im Koalitionsvertrag der grün-roten Vorgängerregierung, wurde aber nicht umgesetzt. Jetzt ist die Kennzeichnungspflicht ganz vom Tisch.

Fazit: Datenautobahn ausbauen, Grundrechte abbauen

Dieser Koalitionsvertrag hinterlässt aus netzpolitischer Sicht allerhöchstens gemischte Gefühle. Während Baden-Württemberg in Sachen Breitbandausbau, Informatik in der Schule, freies WLAN und Open Source wirklich nach vorne schaut, bleiben Grund- und Bürgerrechte in diesem Koalitionsvertrag auf der Strecke. Für die Grünen, die immer wieder als Bürgerrechtspartei auftreten, ist diese Koalitionsvereinbarung – zumindest in Kretschmanns Ländle – ein Abschied von alten Werten und Idealen – wieder einmal. Hinzu kommt, dass es laut Stuttgarter Zeitung auch noch Nebenabreden zum Koalitionsvertrag gibt – was in diesen steht, bleibt intransparent.

22 Ergänzungen

  1. Vielen Dank für die Übersicht und für eine erste Bewertung!

    Schwarzer Schimmel hat die Grünen befallen. Die CDU setzt die Axt an Bürgerrechte und gibt die Trennung zwischen Polizei und Landesgeheimdienst auf.

    Es wird größere Anstrengungen erforderlich machen, den Menschen zu erklären was die Wähler sich da zusammengewählt haben.

    Klar ist, dass dieser Koalitionsvertrag bei Bürgerrechten und Überwachung Wunden ins Fleisch der schwäbischen und badener Gesellschaft reißen werden, auch wenn der Guido Wolf seinen Maulkorb verpasst bekam.

    Es wird eine starke außerparlamentarische Opposition brauchen, denn von den drei Oppositionsparteien dürfte wohl nur die FDP sich für Bürgerrechte (aus neoliberalem Interesse) interessieren.

    1. > auch wenn der Guido Wolf seinen Maulkorb verpasst bekam.

      Die Inkarnation des Wahlverlierers wurde heute als eingehegter Schädling zum Justizminister ernannt.

      Nach Bekanntwerden der Personalie riss sich Justitia ihre Binde von den Augen und flüchtete auf den nächsten Baum.

        1. > soviel Zeit muss sein

          Jo! Ich hab das zuerst für einen krummen Witz gehalten, aber das ist tatsächlich schwäbisch schwarze Realsatire. Der Problem-Wolf wird diesen Triathlon schon stolpern. Württembergs Dichter und Denker waren des öfteren im Knast. Wolf wird die schönsten Knäste im Land für Touristen reservieren. Nach einigen Runden Augenzwinkerns soll das Ministerium dann doch lieber „Ministerium der Justiz und für Europa“ heißen. Da ist der Appell „für Europa“ dann sozusagen fest verdrahtet.

          Eine Aneignung von Europa-Kompetenz möge für Wolf eine Investition in die Zukunft sein, und für das Ländle eine unverhoffte Chance. So manche Trollingerflasche landete früher auf einer EU-Deponie, als man es für möglich hielt.

          Aber sogar Neuwahlen in BaWü sind nicht völlig auszuschließen. Die CDU muss die Wahl Kretschmanns nur verhindern. Selbst bei den Grünen könnte es zu vereinzelten Stimmverweigerungen kommen.

          1. Wenn Kretsch nicht gewählt wird, dann muss die FDP über ihren imaginären Schatten springen und ihrer Staatspflicht nachkommen, eh unverständlich deren Verweigerung, wie eine bockige Ziege.

  2. Die individuelle Kennzeichnungspflicht für die Polizei stand wie beschrieben im gruen-roten Koalitionsvertrag, auf Betreiben der Gruenen. Trotzdem nicht umgesetzt hat es der SPD-Innenminister.

    Dass die CDU das partout nicht haben will, war klar. Und dass die Gruenen sich nicht nochmal dafuer verkaempfen auch.

    Der Dank geht also an die SPD, die individuelle Kennzeichnung torpediert zu haben.

  3. Der Gegensatz zwischen Innovation und Datenschutz ist offensichtlich. Verstörend ist, wenn sowas hier nicht erkannt wird (nicht wirklich). Google mag mal eine herausragende Suchmaschine gewesen sein, Geld wird ausschließlich mit Technologien verdient, die in Deutschland aufgrund weltweit einmaliger Datenschutzregelungen nicht möglich sind und in frühen Entwicklungsphasen zum Abmahnungstod des Unternehmens führen würde. Facebook hat eigentlich gar nichts, was neben Datennutzung innovativ wäre. Deutschland kann sich immerhin zugute halten, dass hier viele Datenschutzbeauftragte in Lohn und Brot stehen, die überwiegend von der Innovation anderer leben. Haben sie aber schon irgendetwas erreicht, als deutsche bzw. europäische Innovation zu vermeiden, ganz viele Dokumentationspflichten zu einzuführen und Rechtstreitigkeiten auszutragen mit Pyrrhussiegen am laufenden Bande?

    1. You’re drunk. Go home.

      Ach ja, „297437z53zg3“, warum verhinderst Du unseren Datenreichtum? Wir wollen Deine Comments zu Deinem Profil hinzufügen. Das verkaufen wir dann an interessierte Arbeitgeber, hübsch grafisch aufbereitet und angereichert. Dafür brauchen wir Deinen Klarnamen!

      Und wenn der nächste Hack unsere Daten offen ins Web spült, dann übernehmen wir natürlich keine Haftung. Nur die Gewinne kassieren wir.

      Und wenn Du durch unsere Mithilfe manipuliert und diskriminiert wirst, wenn unsere Daten ein falsches Bild von Dir zeichnen, wenn unsere Daten Dein Leben ruinieren, dann musst Du dieses Opfer bringen, für uns und unsere Profite. Wir sind die Guten. Datenreichtum ist gut. Datenreichtum wird alle unsere Probleme lösen.

      Ach so, noch was. Dieser lästige Tier- und Umweltschutz verhindert auch, dass wir noch mehr Innovationspotentiale in der Viehnutzung ausschöpfen können.

      Datenreichtum ist Hoffnung.
      Innovation ist Selbstzweck.
      Deutschland ist böse.

      Ist „297437z53zg3“ ein Anti-Deutscher?

      1. Tja, genau das, was du hier gerade an die Wand malst, macht Netzpolitik und Herr Beckedahl hat es selbst bestätigt. Profilbildung über ohne sonstigen Bedarf oder Belehrung gespeicherte Daten. Scheinheiliger geht’s kaum.

    2. Na dann sag doch mal das Offensichtliche. Warum soll denn der Datenschutz zwangsläufig Innovation behindern? Weil Innovation nur mit Auswertung personenbezogener Daten möglich ist? Weil die technischen Innovationen in der US-Branche überhaupt erst ermöglicht wurden, weil in Deutschland Gesetze gelten, die persönliche Daten mehr schützen?
      Ich glaub ja eher, dass ziemlich offensichtlich ist, dass manche Menschen sich andere Wirtschaftsmodelle oder sowas wie nicht nur von Profiten dominierte Antriebe für technische Innovationen nicht vorstellen können und damit eben auch Geschäftsmodelle, die nicht auf der Ökonomisierung von menschlichem Verhalten und der individuellen Auswertung von Kommunikationen und Transaktionen beruhen. Mein Beileid.

      1. Allein deswegen, weil er enorme Ressourcen verschlingt ohne irgendeinen Nutzen zu produzieren, Regeln um der Regel willen. Ansonsten, siehe eins höher.

        1. Weißt Du, was auch enorme Ressourcen verschlingt ohne irgendeinen Nutzen zu produzieren?
          Das Leben alter, kranker Menschen mit teurer Medizintechnik künstlich in die Länge ziehen.
          Leben verlängern um der Lebensverlängerung willen.

        2. Regelungen zum Datenschutz sind wie z. B. die (leider unzureichend implementierte) Kontrolle von Geheimdiensten, der Nichteinsatz der Bundeswehr im Inneren, Trennung von Polizei und Geheimdiensten und vielen andere Gesetzen und Regulierungen kleine Bausteine, die uns letztlich davor schützen (sollen) jemals wieder in einem totalitären Staat zu leben.
          Nebenbei ist insbesondere Datenschutz auch wichtig, um die hässlichsten Auswirkungen eines ungebremsten Kapitalismus zu vermeiden.
          Für mich ist das Nutzen genug.

      2. @ Constanze

        Ich finde das nicht fair! Denkst Du denn gar nicht an all die Kinder der Manager von Datenreichtum-Start-Ups? Sollen diese Kinder etwas keine sorgenfreie, materiell wohl gebettete Kindheit genießen dürfen?

        Ich möchte nicht in einem Land leben, wo ich noch nichtmal mit Datenreichtum meine Gewinne maximieren und für meine Risiken keine Haftung übernehmen darf!

        Wo leben wir denn? Es hat sich doch bewährt, so zu wirtschaften!
        Es kann doch nicht sein, dass – wenn es gerade so richtig gut für mich läuft – aus irgendwelchen Dreckslöchern irgendwelche lästigen Spielverderber wie Umweltschützer, Datenschützer oder Gewerkschafter gekrochen kommen!
        Was wären meine anderen Investments ohne all diese nutzlosen Innovationsbremsen wie Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte oder informationelle Selbstbestimmung!
        Ich könnte heute noch reicher sein, wenn ich nicht ständig durch diese Spielverderber ausgebremst werden würde!

  4. Um BW, Deutschland und den Rest des Planeten zu vernetzen brauchen wir die Grünen nicht, sondern um die Überwacher in diesem Netz an der Leine zu halten. Mit der Umsetzung dieser Inhalte bezüglich der staatlichen Überwachung werden sich die Grünen für die nächste Wahl disqualifizieren.

  5. Vor nicht mal vier Wochen: TRUMPF hat mit seinen beiden Industrie 4.0-Angeboten TruConnect und AXOOM den Innovationspreis der deutschen Wirtschaft in der Kategorie Industrie 4.0 gewonnen. Firmensitz Ditzingen – Heimatstadt des Digitalkomissars Oettinger, welcher diesen Innovation-Vs-Datenschutz-Narrativ ziemlich oft einsetzt (würde mich nicht wundern, wenn es aus den Federn seiner Zuflüsterer käme)

    „die Handschrift des schwarzen Koalitionspartners“ ist die von Thomas Strobl (CDU Landeschef BaWü). Schwiegersohn vom Finanzminister (Ex-Innenminister) Schäuble. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Aber wir dürfen uns weiterhin über Erdogan und sein Vorhaben echauffieren, das bei uns schon längst die Realität ist.

    Long story short: der Inhalt dieses Koalitionsvertrages in Sachen Netzpolitik scheint berechenbarer als Game of Thrones.

  6. Habt ihr wirklich etwas anderes erwartet. Der Grünen sind die neuen Schwarzen die sich noch immer hinter den Worten von Demokratie und Bürgerrechte verstecken. Es kommt immer mehr das wahre Gesicht dieser Partei ans Tageslicht. Oder glaubt einer von euch, dass diese Personen unempfänglich für die Wohltaten aus der Wirtschaft sind. Schon etwas von weicher Korruption gehört. Da bekommt die Ehefrau einen super Rabatt auf ein neues Auto und darf auch mal für umme tanken. Oder man wird üppig Bewirtet und den Bauplatz gibt es zum halben Preis unter guten Freunden in exklusiver Lage. Auch wird bei den Pensionen und den Diäten hingeklotzt.

    Also für was braucht man Überwachung. Nicht aus Angst vor Terror, sondern zum Machterhalt der Machtelite, damit sie wissen wann sie den Bogen überspannt haben um dann ihre Kettenhunde (Polizei) auf den aufbegehrenden Bürger mit Pfefferspray inklusive Wasserwerfer- und Schlagstockeinsatz loszulassen. Da braucht es keine Kennzeichnungspflicht für Täter in Uniform. Sie stehen ja für Recht und Ordnung der Machtelite ein. Was will denn hier ein Bürger. Er hat seine Scharfrichter und die Auf-/Ausrüstung mit Steuergeldern zu bezahlen, die dann gegen ihn eingesetzt wird.
    Es braucht sich niemand zu beschweren, alle hatte ihre Chance dies in BW zu ändern. Dass der Wähler nach der Wahl für weitere Jahre verarscht wird, dafür muss man nicht studiert haben.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.