Niederlande: Zwei Telekommunikations-Unternehmen für Verletzungen der Netzneutralität verurteilt

13762_telefonie-meisje-met-smatphoneIm Januar 2013 traten die Netzneutralitätsbestimmungen des niederländischen Telekommunikationsgesetzes in Kraft. Artikel 7.4a garantiert Netzneutralität und verbietet grundsätzlich den Anbietern von öffentlichen elektronischen Kommunikationsnetzen, die Internetzugangsdienste anbieten sowie Internetprovidern, die Behinderung oder Verlangsamung von Anwendungen und Diensten im Internet. Es ist ihnen auch verboten, den Preis für Internetzugangsdienste von den Services und Anwendungen, die angeboten werden oder die über ihren Zugang genutzt werden, abhängig zu machen.

Dieser Beitrag stammt von Floris Kreiken von der niederländischen NGO Bits of Freedom. Das englische Original erschien im aktuellen EDRi-gram-Newsletter.

Diese Bestimmungen werden von der niederländischen Verbraucherbehörde (ACM) durchgesetzt. Im Dezember 2014 traf die ACM zwei Entscheidungen (gegen KPN und Vodafone), die im Januar diesen Jahres an eine breite Öffentlichkeit gelangt sind.

KPN und WLAN-Hotspots

Ein niederländisches Telekommunikationsunternehmen, KPN, bot Internet-Zugang über WLAN-Hotspots an verschiedenen Orten an – beispielsweise an Flughäfen. Durch diese Hotspots hatten Benutzer Zugriff auf einen „Free Basic Internet“-Service. Dieser Service schloss bestimmten Datenverkehr, wie etwa BitTorrent, FTP, SSHA, Telnet und Voice over IP (VoIP) aus. Wenn Nutzer diese gesperrten Dienste nutzen wollten, mussten sie für einen Premium-Service bezahlen oder ein KPN-Kunde sein. Ein anderer VoIP-Anbieter beschwerte sich daraufhin bei der niederländischen Verbraucherbehörde (ACM). Die ACM entschied, dass es sich um eine diskriminierende Praxis handele, die nicht gerechtfertigt werden könne. KPN räumte selbst ein, dass sie einen Fehler gemacht hätten und akzeptierte eine Geldstrafe in Höhe von 250.000 Euro.

Vodafone und HBO

Vodafone hatte eine Kampagne gestartet, die Kunden mit einem Vodafone-Abonnement drei Monate kostenlosen Zugang zu der „HBO Go“-App erlaubte. Diese App erlaubte Benutzern Programme abzurufen, die durch die HBO Kabel- und Sat-TV-Netze ausgestrahlt werden. Das Angebot verletzte die Netzneutralität, weil es eine positive Diskriminierung darstellte. Es lenkte Nutzer in Richtung eines bestimmten Services, was für die Wahlfreiheit und Innovation schlecht war. Vodafone musste eine Geldstrafe von 200.000 Euro bezahlen.

Sowohl KPN und Vodafone beteuerten, dass das Gesetz, auf dem die Gerichtsurteile basieren, unklar ist.

Das niederländische Ministerium für wirtschaftliche Beziehungen arbeitet seit 2014 an politischen Leitlinien, die Klarheit über einige Aspekte des niederländischen Gesetzes zur Netzneutralität schaffen sollen. Ein wichtiger Punkt der Leitlinien ist es, das Konzept des „Internetzugangsdienstes“ zu erklären.

Mit Blick auf die Vorwürfe durch die Verbraucherbehörde behaupteten KPN und Vodafone zunächst, dass sie ihre internen Richtlinien nicht angepasst hätten, weil sie auf die klaren Leitlinien warten, die sich noch in der Ausarbeitung befinden. Sie behaupteten, dass sie nicht wussten, ob sie tatsächlich Internetzugangsdienste anbieten würden – was eine überraschende Feststellung ist, da während den Parlamentsdebatten damals klargestellt wurde, dass der Begriff „Internetzugangsdienst“ so weit wie möglich ausgelegt werden soll. Das bedeutet, das auch WLAN-Hotspots als Internetzugangsdienst anzusehen sind.

Es ist besonders bizarr, dass Vodafone behauptet, dass sie auf eine Klärung warten würden, da sie bereits in der Vergangenheit mit ähnlichen Konsequenzen für das Angebot einer anderen kostenlosen App konfrontiert waren – der „Sizz“-App, die den Zugang zu den Programmen des niederländischen Senders RTL ermöglichte.

Vodafone behauptet, dass es sich hierbei um eine andere Situation handle, da die „Sizz“-App nur für Vodafone-Kunden verfügbar gewesen ist während „HBO Go“ überall frei erhältlich war. Laut Vodafone bedeutete dies, dass der Service nicht nur in Verbindung mit einem Abo angeboten wurde. Das erscheint unlogisch wenn man bedenkt, dass „HBO Go“ nur in Verbindung mit ihrem eigenen Vertrag nutzbar war.

Die beiden Urteile hatten sofort einen positiven Effekt auf den niederländischen Telekommunikationsmarkt. Das Verbot positiver Diskriminierung zwingt Telekommunikationsanbieter auf der allgemeinen Preis- und Datenmengenebene zu konkurrieren. KPN hat vor Kurzem angekündigt, die Datenmengen zu erhöhen und die Preise für die Internetnutzung zu senken, um eine „unbeschwerte Nutzung“ zu ermöglichen.

Wir warten jetzt auf die politischen Leitlinien des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und auf die Entwicklungen in der EU-Gesetzgebung. Die derzeitigen Vorschläge, die dort auf die Wahrung der Netzneutralität abzielen, wollen positive Diskriminierung nicht aktiv verbieten. Dies würde den Druck auf die niederländischen Bestimmungen erhöhen, obwohl es eine wachsende Zahl von Ländern gibt, die den Wert eines Verbots von Preisdiskriminierung sehen und es scheint wahrscheinlich, dass die Option auch unter EU-Regelungen bestehen bleiben kann.

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