#NetMundial: Eventuell historisch, Ausgang aber mau

20140424_200012Die Netmundial-Konferenz zur Zukunft der Internet-Governance ist heute in Sao Paulo zu Ende gegangen. Ob es ein historischer Event war, ist eine Frage der Perspektive. Kann sein, wird aber sicher die Zukunft zeigen. Der inhaltliche Text der Principles, das „NETmundial Multistakeholder Statement of Sao Paulo“ ist leider nicht historisch geworden. Bei der Roadmap bin ich mir nicht so sicher.

Befürworter des Multistakeholder-Prozesses halten die Konferenz alleine schon vom Prozess für erfolgreich und daher historisch. Andere sprechen von chaotischen Zuständen, vor allem, wie der Text verhandelt wurde. Das Abschlusspapier ist aber bei den Principles, den eigentlichen netzpolitischen Inhalten, eher durchwachsen bis schwach. Auch hier zeigt sich wieder, aus welcher Perspektive man ihn liest.

Regierungen und Wirtschaft werden ihn spannend finden. Die Zivilgesellschaft ist bei vielen Punkten enttäuscht. Was positiv ist: Der Text könnte noch schlechter sein. Was hier Regierungen und Wirtschaft vorgetragen haben, war teilweise erschreckend. In der letzten Verhandlungsrunde sind auf Druck einzelner Regierungen und Stakeholder entscheidene Sachen noch verwässert worden, die vorher besser ausverhandelt waren. Positiv fiel aber Deutschland in Gestalt des Auswärtigen Amtes auf, das eine gute Rolle einnahm und u.a. dafür verantwortlich ist, dass der Datenschutzteil den Umständen entsprechend besser wurde als wir gedacht haben. Im Text sind aber eine Menge Schlupflöcher drin, z.B. beim Thema Providerhaftung und Urheberrecht, was auf Druck der USA und der Rechtelobby verwässert wurde und wo der Rest der Wirtschaft offensichtlich gepennt hat. Es gibt trotz großer Vorbehalte von USA und Co. Formulierungen gegen Massenüberwachung. Aber auch hier gibt es wieder große Unterschiede in der Bewertung, ob das nur blumige oder starke Formulierungen sind. Was aber gesagt werden muss: Es ist enttäuschend, dass der #Netmundial gerade hier nicht die historische Chance genutzt hat, deutlichere Worte gegen die Menschenrechtsverletzungen durch Massenüberwachung als Antwort auf die Snowden-Enthüllungen zu finden.

20140424_171052Bei Netzneutralität wurde leider keine Einigung gefunden. Die Debatten wurden im Text zum Internet Governance Forum in Istanbul im September verlagert. Chance verpasst.

Eine ausführlichere Analyse gibts in den kommenden Tagen mit mehr Einschätzungen zu den Inhalten und dem Prozess. Was ich schonmal sagen kann: Trotz vieler Längen war der Prozess wegen des experimentiellen Charakters spannend. Wer nicht vor Ort war, hat was verpasst. Wann kann man bei den Verhandlungen schon mal live dabei sein und am Tisch stehen?

TL;DR: Prozess spannend, der Anspruch revolutionär, der Ausgang aber mau. Schade eigentlich.

Update: Natürlich gibt es auch positive Überraschungen in dem Principles-Dokument, wie klare Formulierungen zu Meinungsfreiheit und Internet als öffentliches Gut, was bisher noch in keinem derartigen Papier auftauchte. Wie schon gesagt, mehr Analyse und mehr Einblicke in den Prozess gibt es demnächst.

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