Gestern gab das Center for Copyright Information (CCI) den Start des „Copyright Alert System“ in den USA bekannt: Fünf große Internetprovider – AT&T, Cablevision, Time Warner, Comcast und Verizon – setzen das mehrstufige Warnhinweissystems für Urheberrechtsverletzungen nun um.
Copyrightinhaber und deren Auftragnehmer melden, falls sie den Tausch geschützer Daten bemerken, diesen an den Internet Service Provider (ISP). Dieser ermittelt den Kunden durch dessen IP-Adresse und verwarnt ihn. Fünf weitere Verwarnungen sind vorgesehen, und da es keine einheitlichen Regelungen gibt, können die ISPs selbst entscheiden, welche Maßnahmen umgesetzt werden: Verwarnungen, das Schauen eines Video mit Informationen über Ürheberrechtsverletzungen, ein Text, dessen Verständnis bestätigt werden muss oder eine temporäre Bandbreitenreduktion. Nach der sechsten Verwarnung folgen keine weiteren, es ist jedoch unklar, was bei weiteren Vorfällen von Urheberrechtsverletzungen geschieht. Jill Lesser vom Center for Copyright Information betont jedenfalls, dass es ausschließlich darum gehe, die Menschen zu informieren:
Most consumers will never receive Alerts under the program. Consumers whose accounts have been used to share copyrighted content over P2P networks illegally (or without authority) will receive Alerts that are meant to educate rather than punish, and direct them to legal alternatives. And for those consumers who believe they received Alerts in error, an easy to use process will be in place for them to seek independent review of the Alerts they received.
In einem Radio Interview antwortete sie auf die Frage, was nach der sechsten Verwarnung geschehe:
We hope that by the time people get to alerts number five or six, they will stop. Once they’ve been mitigated, they’ve received several alerts, we’re just not gonna send them any more alerts because they’re not the kind of customer that we’re going to reach with this program.
Ihr sei klar, dass man das Warnhinweismodell beispielsweise durch VPN Tunnel umgehen kann, das Modell spreche aber die Gelegenheitsnutzer an und bei denen werde es wohl selten zu einer fünften und sechsten Verwarnung kommen.
Personen, die sich zu Unrecht beschuldigt fühlen, können die Entscheidung prüfen lassen. Das geht aber erst bei Verwarnungen fünf und sechs und kostet 35 Dollar. Die komplette Abschaltung des Netzzugangs oder eine dauerhafte Drosselung sind nicht vorgesehen. Das CCI betont, auch in dem untenstehenden Video, dass keine Kundendaten an Rechteinhaber weitergegeben werden. Ebenso sollen Nutzer und Nutzerinnen öffentlicher WLANs nicht betroffen sein, sondern nur Vertragskunden.
Corynne McSherry von der Electronic Frontier Foundation sagte gegenüber dem Guardian, dass das System teuer sei, vor allem Gelegenheits-Filesharer treffe und einer Art Privaturheberrecht ohne Interessenausgleich nahe käme. David Pachali von iRights Info hält das das Modell im Gegensatz zu früheren Strategien zwar für „vergleichsweise freundlich“, es sei wohl aber auch wirkungslos und stelle die Pattsituation von Rechteinhabern, Providern und Industrie dar: Rechteinhaber können keine drakonischen Maßnahmen mehr durchsetzen, Provider wollen „das Ärgste verhindern“ und die Industrie glaubt ihre Nutzer und Nutzerinnen erziehen zu müssen.
Der Digitale Gesellschaft e.V. formulierte 2012 in einem Schattenbericht zu Warnhinweismodellen:
Zudem sind solche Systeme fehlerbehaftet. Private Firmen ermitteln IP-Adressen in Filesharing-Netzwerken, um die Inhaber dieser Adressen zu verwarnen. Doch die bloße Anwesenheit im Filesharing-Netz bedeutet noch keine begangene Urheberrechtsverletzung. Auch ist der Inhaber eines Internet-Anschlusses nicht automatisch der Benutzer hinter einer IP-Adresse. In anderen Staaten sind dutzende Fälle bekannt geworden, bei denen Unschuldige zu Unrecht verwarnt wurden.
Schon bedauerlich. Bin mal gespannt, was das noch für Blüten treiben wird.
Und doch bin ich mehr und mehr der Meinung, dass wir mit unserem 1-Strike-Abmahnwesen, das schlimmere Instrument bekommen haben.
Kann mich gar nicht mehr daran erinnern wann ich das letzte mal was im Netz gekauft habe. Früher habe ich mir auf Youtube Musik angeschaut und via Paypal gekauft. Heute steht YouTube auf meiner „Todesliste“, wie viele andere Medienverwurster.
Noch was: Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen bei Unternehmen die darauf hoffen mit dem Verkauf von E-Books zum Beispiel Geld zu machen, um Ihre Geräte und den Support zu finanzieren. Aber das ist äußerst selten und ändert leider nix an meiner persönlichen 0 Toleranz Strategie.
Dabei darf man nicht vergessen, das Vorgehen von Providern gegen ihre Kunden, oder das Einspannen als Privatpolizei für die Verwerter wird von keinem Gesetz erzwungen und legitimiert.
Wenn dort mit genau so fadenscheinigen Beweisen hantiert wird wie hier von der Abmahnmafia, dann darf man gespannt sein wann es zu den ersten Prozessen kommt.
Demnächst werde ich noch abgemahnt, wenn ich mit Freunden ein Buch tausche. Und die Bibliotheken erst. *ironie* Ich bin durchaus ein ehrlicher Käufer, aber ich werde ungern kriminalisiert. Es geht ums Prinzip und es trifft dann wieder die kleinen Fischlein.