Deutsche Werbewirtschaft schließt sich im Kampf gegen urheberrechtsverletzende Webseiten zusammen

Die amerikanische Werbewirtschaft versucht sich an einem neuen Modell, Webseiten mit gewerblichen Urheberrechtsverletzungen aus dem Internet zu verbannen. Wie wir Mitte Juli berichteten, kündigten einige Unternehmen aus der Werbewirtschaft an, sich einer freiwilligen Selbstverpflichtung zu unterwerfen, die die Schaltung von Werbung auf Webseiten mit urheberrechtsverletzenden Inhalten verbietet. Mit diesem Vorstoß soll den Betreibern dieser Portale die finanzielle Grundlage genommen werden, womit sie zur Aufgabe ihrer Webseite gezwungen wären. Ein ähnliches Modell scheint nun auch in Deutschland, unter der Koordination des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), entwickelt zu werden, wie irights.info berichtet.

Bernd Nauen, Geschäftsführer beim ZAW, erklärte gegenüber irights.info:

Die in den USA angekündigte Selbstverpflichtung ist ein wichtiger Schritt, den Betreibern von Webseiten, deren Geschäftsmodelle auf Urheberrechtsverletzungen aufbauen, die Werbefinanzierung zu entziehen. Ob die Regelungen weit genug greifen, muss man noch prüfen.

Nauen erklärte, dass sich vor rund 12 Monaten ein „runder Tisch“ formierte, mit dem Ziel keine Werbung mehr auf „strukturell urheberrechtsverletzenden Websites“ zu schalten.Anders als in den USA ist in Deutschland hingegen nicht nur die Werbewirtschaft an dem Vorstoß beteiligt.

[Auch] Media- und Werbe-Agenturen, Online-Werbe-Vermittler und -Dienstleister sowie Verlage, Medienhäuser und Portalbetreiber seien eingebunden.

Insgesamt seien zur Zeit 15 Verbände in das Vorhaben involviert, wie Thomas Schauf, Fachgruppenmanager beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und Mitarbeiter am „runden Tisch“, gegenüber irights.info erklärte.

Doch auch der Ansatz, wie die Schaltung der Werbung auf Webseiten mit urheberrechtsverletzenden Inhalten umgesetzt wird unterscheidet sich vom amerikanischen Modell. Während in den USA Beschwerden von Urheberrechtsinhabern direkt an die Werbeunternehmen gerichtet werden und diese daraufhin Sanktionen vornehmen, sieht das deutsche Modell die Einrichtung einer speziellen Beschwerdestelle vor. Diese Beschwerdestelle könnte auf Grundlage der eingereichten Beschwerden eine Blacklist führen, über die alle Werbepartner erfahren, auf welchen Webseiten keine Werbung mehr geschaltet werden soll. Genauere Angaben zum geplanten Verfahren möchten die beteiligten Unternehmen und Verbände zur Zeit jedoch noch nicht machen.

Die Kombination aus Selbstverpflichtung der beteiligten Partner und der Beschwerdestelle soll als „Charta“ der Branche dienen. Wie Thomas Schauf gegenüber irights.info sagte, werden zur Zeit bereits kartellrechtliche Bedenken geprüft:

Die Herausforderung könnte sein, dass wenn sich Verbände und die ihnen angeschlossenen Unternehmen einigen, dies als Marktabsprache und damit als Kartellbildung betrachtet werden könnte. […]
Daher lassen wir das Konzept des Kodex derzeit von renommierten Kartellrechtlern prüfen Das daraus resultierende Gutachten erwarten wir für Mitte, Ende September.

ZAW-Geschäftsführer Nauen betonte, dass ein „Inkraftsetzen“ der Charta für die deutsche Werbeindustrie, bei positivem Ergebnis des Gutachten, noch dieses Jahr erfolgen könne.

9 Ergänzungen

  1. Klingt nach einem neuen Businessmodell- Blacklists verwalten.
    Die einen sagen, welche Webseite einem warum nicht passt und der andere stellt diese Werbetreibenden zur Verfügung, damit diese da keine Werbung mehr drauf schalten und die daraufhin den Bach runtergeht.
    Bezahlt wird vom Beschwerenden, ein Teil des Geldes geht an die Werbetreibenden für Umsatzausfälle.

    Neben dem bloßen Verdacht auf eventuell und vielleicht begangene Urheberrechtsverletzungen kann man das toll erweitern auf religiöse Überzeugungen, politische Ansichten, vermeintliche Pädophile oder einfach missliebige Zeitgenossen.
    „Leute, kauft nicht bei XXX“. Die Blacklist ersetzt den gelben Stern auf recht subtile Art. Ausgrenzung per Blacklist. Genial.

    Wer braucht schon Gerichte, um seine Probleme zu lösen wenn es auch anders geht. Sogar schon bei bloßem Verdacht.

  2. Es wird nicht mehr lange dauern bis Linke, Rechte, Regierungskritische, Islamische und Libertäre Websites von den Werbeeinnahmen ausgeschlossen werden. Kommerzielle Diskriminierung kann durchaus sehr wirksam sein.

  3. Wo ist auf Kinox zum beispiel eigtl Werbung zu sehen?! ^^ Die verdienen ihre Kohle doch mit Premium Accounts… Das Ding gibts noch garnet und es ist schon ne Totgeburt.

    Vor 10 Jahren hätte das sicher sinn gemacht, aber welcher Nennenswerte Urheberrechtsverlerletzer finanziert sich denn noch ernsthaft über Werbung?! Und welche Contentfirma schaltet Werbung auf entsprechenden Seiten?!
    Die ganze Idee kommt mir vor als wären da schon wieder Leute dran am basteln die selbst noch nie nen Film gestreamt haben ^^

    Statt sich zu so nem Quatsch zusammenzuschließen sollten die lieber mal endlich ihren Arsch heben, ihren Content zusammenwürfeln und ein Flatrate Angebot dafür rausbringen! Den Kampf dagegen verlieren die eh, da sollten se lieber mal die Kohle mitnehmen!
    Ist ja nicht so das die Leute NICHT bereit wären Geld dafür auszugeben. Wer kauftn die Premium Accounts damit man net warten muss etc?! und wenn die Leute die Wahl hätten, zwischen nem Illegalen handycam mitschnitt, oder 3 Wochen Wartefrist und dann HD Stream des ganzen, ich weis was gewinnen würde… Leider die noch net…

  4. Hey, das ist eine echte Chance, endlich BILD.de loszuwerden. Stichwort: „Quelle: Internet“…

  5. Die Regierung/CDU/CSU hat ja gerade zur Selbstjustiz aufgerufen (man soll sich selber wehren „Stand Your Ground“, und jeder darf sich jetzt sein eigenes Supergrundrecht machen, das über allem anderen steht), da ist das hier nur konsequent.

  6. Einerseits würde ich ja sagen, lasst sie einfach auf die Nase fallen mit der Idee. Es wird sich immer irgendwer finden, der sich nicht daran hält und solche Seiten dann sicher gerne bedient. Auch wenn das für die Besucher der Webseite vielleicht nicht mehr so sicher ist (Stichwort Drive-by-Infection durch verseuchte Werbung).

    Auf der anderen Seite sind blacklists und die zunehmende Privatisierung der Rechtsdurchsetzung (Ich kann dich gerichtlich nicht belangen, aber ich kann dich einfach finanziell ruinieren) sehr sehr bedenklich. Das lässt sich sehr einfach auf andere „unliebsame“ Dinge ausweiten und muss von Jedem abgelehnt werden, der auch nur ansatzweise Freiheit (ein sehr missbrauchtes Wort diese Tage) will.

  7. Auf den Seiten, auf die hier angespielt wird, ist doch oft Werbung geschaltet die zu irgendwelchen Abo-Fallen führt. Und die sollen sich nun selbst verpflichten … Ja ne – is klar!

    1. … oder halt Werbung aus dem erotischen Bereich. Die machen sicherlich auch nicht mit. Nen Link auf die Süddeutsche hab ich noch nirgends gesehen ;)

      1. Eigentlich schade, denn beim ersten Anlesen dachte ich noch: „Cool, endlich keine blinkenden Banner mehr!“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.