Über die Idee, mit der “cultural commons collecting society” (C3S) eine faire Alternative zur GEMA per Crowdfunding zu finanzieren, haben wir heute bereits berichtet. Wir haben ein Interview mit M.eik Michalke gemacht, einem der treibenden Köpfe hinter der Initiative. In dem Interview erklärt er die Motivation und Notwendigkeit, eine freie Alternative zum Monopolisten GEMA zu schaffen.
netzpolitik.org: Wie ist die Idee zur C3S entstanden und wer steckt dahinter?
M.eik Michalke: 2005 startete der erste OpenMusicContest, um Creative-Commons-Lizenzen unter Musikern bekannter zu machen. Wir hatten sofort mit der GEMA zu tun, weil wir auch einen CD-Sampler gepresst und verteilt haben, wofür wir erst eine Prüfung durch die GEMA abwarten mußten. Sie darf davon ausgehen, dass sämtliche veröffentlichte Musik aus ihrem Katalog stammt. Wir erfuhren auch, wie schwer es GEMA-Mitglieder hatten, ihre eigene Musik im Internet zu verwenden, und welche Probleme die noch recht junge Podcaster-Szene hatte, Lizenzen zu erwerben. Kurz: Seitdem war uns klar, dass das alte GEMA-Modell so nicht mehr in die Zeit passt. Einige Jahre lang hofften wir, mit Gesprächen und Argumenten eine Veränderung in der GEMA erreichen zu können. 2010 schließlich erklärten wir dieses Vorgehen für gescheitert und widmeten uns Plan B: Wir gründen eine eigene Verwertungsgesellschaft, die nach unseren Vorstellungen arbeitet. Inzwischen hat ein Team aus Musikern, Musik-Consultants, Anwälten, Programmierern, Musikwisschaftlern ein konkretes Konzept ausgearbeitet, das wir nun umsetzen wollen.
netzpolitik.org: Es gibt bereits die GEMA, warum wollt Ihr noch eine Verwertungsgesellschaft gründen?
M.eik Michalke: An der GEMA wird seit Jahren herumgemeckert. Uns genügt das nicht, wir wollen, dass sich tatsächlich etwas verändert. Denn die eben genannten Probleme sind nicht einfach nur lästig, sie schließen faktisch eine ganze Reihe von Musikern aus dem Musikmarkt aus. Als Musiker bekommst du z.B. Geld, wenn deine Musik im Radio läuft. Das Geld bekommst du aber nicht vom Sender direkt, das wäre viel zu kompliziert, sondern der gibt es der GEMA. Wenn du keinen Vertrag mit der GEMA hast, ist das Geld weg. Das gleiche gilt für Clubs, Diskotheken, Volksfeste und Gaststätten. Wer nicht in die GEMA will, in der nur Musiker mit höheren Jahreseinkommen Stimmrecht besitzen, hat keine Chance, hier Fuß zu fassen. Dieses Problem möchten wir mit einer neuen Verwertungsgesellschaft lösen. Dafür sind hohe Auflagen zu erfüllen, aber das erscheint uns immer noch realistischer, als auf sinnvolle Gesetzesänderungen zu warten oder auf eine grundlegende GEMA-Reform zu hoffen.
netzpolitik.org: Wen sprecht Ihr als potentielle Mitglieder an?
M.eik Michalke: In erster Linie brauchen wir natürlich Urheberinnen und Urheber von Musikstücken. Und zwar auch möglichst viele, die wirtschaftliche Relevanz besitzen. Das ganze muss sich am Ende ja rechnen, wobei eine Verwertungsgesellschaft als reine Treuhand selbst nicht gewinnorientiert arbeitet, aber logischerweise Verwaltungskosten entstehen. Daneben können jedoch auch Organisationen, Firmen oder Nicht-Musiker Fördermitglied der Genossenschaft werden, wenn sie das Projekt unterstützen wollen, z.B. weil sie sich selbst so eine Alternative wünschen. Sie haben dann kein Stimmrecht, aber können in Beratungsgremien gewählt werden.
netzpolitik.org: Geht es bei der C3S nur um Musik oder kann ich auch als kreativer Nicht-Musiker bei Euch Mitglied werden und meine Interessen vertreten lassen (z.B. als Schreiberling)?
M.eik Michalke: Die Fördermitgliedschaft steht allen offen. Da wir als Alternative zur GEMA antreten, konzentriert sich die Arbeit aber natürlich auf Musik. Wahrnehmungsverträge wird es also erst einmal nur dafür geben. Inwieweit eine Ausweitung auf weitere Werkgattungen möglich ist, können wir diskustieren, nachdem wir erst einmal einen sicheren Betrieb hinbekommen haben.
netzpolitik.org: Ihr wollt mindestens 50.000 Euro einwerben, um die Arbeit fortsetzen zu können, braucht aber eigentlich 200.000 Euro. Wofür soll das Geld verwendet werden? Und was macht Ihr, wenn die 50.000 Euro nicht reinkommen?
M.eik Michalke: Zur Zulassung durch die Staatsaufsicht, dem Deutschen Patent- und Markenamt in München, müssen wir auch vorweisen können, dass unsere Verwaltung und unser Abrechnungssystem funktionieren. Die Verwertungsgesellschaft muss also eigentlich schon fertig sein, bevor sie die Zulassung beantragen kann. Der Aufbau kostet Geld, daher das Crowdfunding. Ob es klappt oder nicht ist unserer Ansicht nach ein Indikator dafür, wie groß der Bedarf an einer Veränderung tatsächlich ist. Wer will, dass sich etwas tut, kann jetzt dazu beitragen.
netzpolitik.org: Wenn ich jetzt GEMA-Mitglied bin und auch Tantiemen bekomme, warum soll ich zu Euch wechseln?
M.eik Michalke: Im Augenblick dürfen wir ja noch gar keine Rechte wahrnehmen, daher raten wir niemandem, voreilig aus bestehenden Verträgen auszusteigen. Wer in der GEMA zufrieden ist, soll sich auch weiterhin von ihr vertreten lassen. Wer unzufrieden ist, kann erst einmal C3S-Fördermitglied werden und sehen, ob wir am Ende vielleicht besser zueinander passen. Wir haben uns etwa vorgenommen, die Abrechnungen genauer und transparenter zu halten. Das müssen wir jetzt aber erst einmal in die Tat umsetzen, und dann kann man beide Angebote vergleichen.
netzpolitik.org: Verliere ich bei einem solchen Wechsel meine Tantiemen und gehen die dann zu Britney Spears rüber?
M.eik Michalke: Wenn wir eine Zulassung und genug Repertoire haben, wird sich die Vermutung der Zuständigkeit ebenfalls ändern. Die GEMA kann dann nicht mehr alleine davon ausgehen, dass es Musik aus ihrem Bereich ist. Ein weiteres unserer Ziele ist es, mit zeitgemäßer Technik die Erfassungsgenauigkeit der lizenzierten Titel zu verbessern, so dass eingenommene Gelder auch den Urhebern zugeordnet werden können, für deren Musik bezahlt wurde.
netzpolitik.org: Werde ich zukünftig auch Tantiemen bekommen, wenn ich bei Euch Mitglied bin und meine Musik im Radio gespielt wird?
M.eik Michalke: Ja, das ist langfristig natürlich unser Ziel. Wir werden uns anfangs auf den Online- und Clubbereich konzentrieren, später kommen dann Liveaufführungen und Radio dazu. Wir müssen die Dienste schrittweise ausbauen.
netzpolitik.org: Es gibt auch europäischer Ebene eine Debatte über Wettbewerb der Verwertungsgesellschaften. Wie europäisch soll die C3S werden?
M.eik Michalke: Im Internetzeitalter machen Ländergrenzen für die Vermarktung nicht mehr so viel Sinn. Wir gründen eine Europäische Genossenschaft (SCE) und wollen nach erfolgreichem Start in Deutschland nach und nach auch in den anderen europäischen Ländern tätig werden. Auch das muss schrittweise geschehen, weil die Zulassungsverfahren überall etwas anders sind. Wir haben aber u.a. schon gute Kontakte nach Österreich und prüfen, was für eine Zulassung nötig wäre. Es gibt eine Reihe weiterer Partnerschaften, z.B. zu Younison. Einen Großteil der derzeit auf EU-Ebene diskutierten Vorschläge für eine Neuordnung von Verwertungsgesellschaften in Europa haben wir auch schon länger im Konzept, als diese Diskussion andauert.
netzpolitik.org: Wie kann ich mich einbringen und Euch unterstützen?
M.eik Michalke: Die beste Möglichkeit ist eine Beteiligung am laufenden Crowdfunding. Wer sich aktiv an der Arbeit beteiligen möchte, kann uns auch gerne kontaktieren.
Es heißt Crowdfunding und nicht Crowdsourcing, warum bekommt die Journaille diese Begriffe immer durcheinander, dass ist nicht so schwer.
stimmt.
*Oberlehrermodus an* Vielleicht käme die „Journaille“ nicht durcheinander, wenn es einen entsprechenden Begriff nicht nur auf Nerd-Englisch gäbe sondern auch auf deutsch, einer Sprache, die der gute „Fritz“ offenbar auch nur bedingt beherrscht, denn richtig müßte der Satz heißen „warum bringt die Jounaille diese Begriffe immer durcheinander, das (mit einem S) ist doch nicht so schwer“ *Oberlehrermodus aus* ;-)
Ansonsten drücke ich die Daumen, dass es mit der Alternative zur GEMA klappt. Die Zeit ist wirklich reif dafür.