Der ein oder andere wird sich noch daran erinnern, dass im Oktober die italienische Wikipedia-Version aus Protest gegen ein Gesetzesvorhaben gestreikt hat. Dabei ging es unter anderem um „eine Verpflichtung für Webseiten, innerhalb von 48 Stunden kommentarlos jegliche Korrektur am Inhalt vorzunehmen, die der Antragsteller im Interesse seiner Reputation fordert“. Dieses Gesetzesvorhaben scheiterte und mittlerweile hat das Land bekanntlich eine etwas weniger skandalöse Regierung als damals.
Muss man sich als zwielichtiger Politiker also damit abfinden, wenn ins Internet geschrieben wird, dass man ein zwielichtiger Politiker ist? Natürlich nicht. Stattdessen kann man dafür sorgen, dass es auf viele andere Internetseiten geschrieben wird, indem man erfolgreich gerichtlich gegen die ursprüngliche Seite vorgeht.
Vor wenigen Tagen wurde also von einem Gericht bestimmt, dass italienische Internetprovider den Zugang zur Seite vajont.info sperren müssen – und zwar nicht nur per DNS-Sperre, sondern so komplett wie möglich. Grund ist dieser auf der Seite enthaltene Satz:
E SE LA MAFIA è una MONTAGNA di MERDA… i Paniz & gli Scilipoti sono GUIDE ALPINE !!!!
Was soviel heißt wie: Wenn die Mafia ein Berg aus Scheiße ist, dann sind Maurizio Paniz und Domenico Scilipoti die Bergführer.
Abgesehen von diesem Satz findet man auf der Seite Informationen zur Vajont-Katastrophe, bei der 1963 mehr als 1900 Menschen gestorben waren, weil der Bau eines Staudamms einen Bergsturz verursacht hatte. Von den Sperrmaßnahmen betroffen sind außerdem wohl auch weitere Seiten, die auf demselben Server gehostet werden.
Der Fall zeigt einmal mehr die Sinnlosigkeit von Zensur-Versuchen per Gerichtsbeschluss, die bei Personen wie den beiden Politikern unweigerlich zu Streisand-Effekt und Defacing des eigenen Webauftritts führen und gleichzeitig Kollateralschäden verursachen. Die Tragweite der Entscheidung wird auf threemonkeysonline.com beschrieben:
It’s not the first time that a site has been blocked by court order in Italy (PirateBay for example is not accessible directly through Italian ISPs), but it does appear to be the first time it’s happened for a phrase deemed as defamatory; the concerns are obvious – if a full site is taken down for one or a number of phrases deemed as defamatory, where does that leave online newspapers? Could a situation occur legally where a newspaper is obfuscated because of one defamatory article?
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