Iryna Vidanova zu Internetzensur in Weißrussland

Iryna Vidanova, die das Magazin 34mag.net leitet, hat der SZ ein interview gegeben, in dem sie einige Unklarheiten bezüglich der neuen Gesetzgebung in Weißrussland beseitigt – allerdings auch deutlich macht, dass die Konsequenzen letztlich von der Interpretation des Gesetzes abhängen:

Internet-Providern oder Besitzern von Internet-Cafés drohen künftig Geldstrafen, wenn ihre Kunden bestimmte Dienste verwenden, die auf ausländischen Webservern gehostet werden. Das hängt damit zusammen, dass ab Freitag Firmen, die kommerzielle Online-Dienste in Weißrussland anbieten, ihre Server ins Inland verlegen müssen.


Die entscheidende Frage, die im Anschluss an Meldungen, die von einer Komplettsperre ausländischer Server ausgingen, diskutiert wurde, wird von ihr so beantwortet:

Süddeutsche.de: Was wird als „Dienst“ definiert?

Vidanova: Das ist schwer zu sagen, weil das Gesetz keine Definition umfasst. Oberflächlich betrachtet ist es der Versuch, Online-Händler zur Niederlassung in Weißrussland zu zwingen, damit sie dort Steuern zahlen. Doch noch ist unklar, ob es nur den Einkauf bei Amazon oder Ebay betrifft. Ist E-Mail oder ein soziales Netzwerk ein solcher „Dienst“? Was ist mit unabhängigen Nachrichtenseiten, die im Ausland ihre Server haben? Wer wird konkret Strafe zahlen müssen?

Es herrscht also weiter Unklarheit und man wird sehen müssen, in welchem Ausmaß das Gesetz die Freiheit der Bürger weiter einschränkt. Fehlende Rechtssicherheit wiederum erzeugt (mehr oder weniger freiwillige) Vorzensur bei all denen, die sich nicht im Nachhinein erklären lassen wollen welche Dienste sie nicht hätten nutzen dürfen.

Das lesenswerte Interview gibt darüber hinaus einen sehr interessanten Einblick in das digitale Leben in Weißrussland, beispielsweise zu Sperrungen von und DoS-Attacken gegen oppositionelle Seiten und das Wissen um die Speicherung der eigenen Online-Aktivitäten.

3 Ergänzungen

  1. Es werden wohl noch viele Jahre vergehen müssen bis die staatlich geförderte Willkür in solchen Ländern einer tatsächlichen Freiheit weicht. Diese Unklarheit in puncto Internet ist nur ein Beispiel dafür. Ich hoffe für die Menschen dort, dass sich die alten unterdrückenden Netzwerke deutlich schneller auflösen als dies im Moment zu erwarten ist.

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