Falschmeldung: EuGH befasst sich nicht mit ACTA?!

Der Europäische Gerichtshof prüft nicht mehr ACTA!? Diese Nachricht machte heute die Runde durch die Online-Medien und uns erreichten einige Mails und Kommentare dazu. Darüber berichteten u.a. die NZZ, Golem.de und Computerbild.

Computerbild:

Eigentlich sollte der Europäische Gerichtshof das Anti-Piraterie-Abkommen prüfen. Doch daraus wird vorerst nichts: Das EU-Parlament verweist den Vorgang nicht an die Richter, sondern drängen auf eine schnelle Entscheidung.

NZZ: Europäischer Gerichtshof befasst sich nicht mit Acta.

Golem: EU-Gerichtshof entscheidet nicht über Acta.

Etwas überrascht versuchte ich zu verstehen, wie diese Meldung zustande kam und vor allem, warum heute? Wahrscheinlich ist das nur ein Beispiel, wie Onlinejournalismus funktioniert, wenn alle voneinander abschreiben. Am vergangenen Dienstag (Auch wenn heute überall was von Freitag geschrieben wird) beschloß der Handelsausschuss im EU-Parlament, keine weiteren Fragen bezüglich ACTA an den Europäischen Gerichtshof zu schicken. Vorausgegangen war der taktische Move der EU-Kommission in Folge der Proteste rund um den 11. Februar, eine Entscheidung über ACTA in die Länge zu ziehen, indem man dem Europäischen Gerichtshof einige Fragen stellt. Unsere Vermutung war und ist, dass dies rein taktischer Natur ist, in der Hoffnung, dass in den vermutlich 18 Monaten bis zu einem Urteil die Proteste abgeflaut sind. Einige EU-Parlamentarier wollten sich dieser Taktik anschließen und ebenfalls Fragen des Parlaments an den EuGH schicken. Das klappte aber nicht.

Über die Entscheidung des Handelsausschuss berichteten wir hier als erste am vergangenen Dienstag und es gibt auch eine Pressemitteilung des Digitale Gesellschaft e.V. vom selben Tag. Seitdem hat sich nichts getan. Die EU-Kommission bastelt immer noch an ihren Fragen an den EuGH, die demnächst abgeschickt werden sollen und parallel setzen sich viele EU-Parlamentarier dafür ein, bereits in diesem Sommer über ACTA abzustimmen, weil das eine politische und keine rechtliche Entscheidung ist.

Nochmal in aller Kürze: Das EU-Parlament ist ungleich EU-Kommission. Die EU-Kommission schickt immer noch Fragen an den Europäischen Gerichtshof und das EU-Parlament nicht. Sollte das EU-Parlament im Sommer ACTA mehrheitlich ablehnen, ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshof obsolet. Da dies aber bisher nicht sicher ist, kann immer noch eine Mehrheit im Parlament entscheiden, ein Urteil abzuwarten. Die Meldung „Europäischer Gerichtshof befasst sich nicht mit Acta“ ist allerdings falsch.

Aktiv werden gegen ACTA: Das umstrittene Abkommen kann Netzzensur und eine Echtzeitüberwachung des Datenverkehrs als Folge haben. Das gilt es zu verhindern. Mach mit!

Update: Während die NZZ sich korrigiert und entschuldigt hat, steht die falsche Info einen Tag später immer noch bei Computerbild und Golem.

11 Ergänzungen

  1. Das ganze Gelaber über ACTA, SOPA; PIPA und IPRED…?
    Früher oder später werden alle Regierungen die totale Überwachung einführen.
    Die Japaner haben die CCTV Kameras zu diesem Zweck bereits entwickelt.
    Da sitzen die jungen Techniker und Ingenieure und freuen sich was sie da so tolles entwickelt haben.
    Ab Anfang nächsten Jahres werden sie ausgeliefert.
    Wir sind alle am Arsch, wenn wir es nicht schaffen die Bürger zum umdenken zu bewegen und unsere Kraft, nicht nur im Internet auch richtig zu bündeln…

    1. Und das findest du gut? So gut, dass du die Proteste und Informationskampagnen als „Gelaber“ abtust? Auf die Arbeit vieler Aktivisten, die Wünsche vieler Demonstranten und die Freiheit zu urinieren macht das Leben in Europa nicht besser.

  2. Oh man, behaltet euren Zeitgeist, Infokrieg Müll doch in euren eigenen Blogs und Webseiten und verpestet damit nicht andere. Mir stinkt diese Diskussion echt langsam. Wenn ich deine Kommentare lese, kommt mir gerade ein Link in den Sinn, der in einem Post davor kam: http://www.sourcewatch.org/index.php?title=Astroturf

    Sorry für den Rant, könnt ihn auch gerne löschen…

    1. Auch wenn off topic, aber das ist so unfaßbar, daraus muß man mal zitieren:

      „Als Mittel gegen Schulschwänzen[!] setzt das Schulamt der brasilianischen Großstadt Vitória da Conquista nun verstärkt auf RFID-Chips in Schuluniformen. Laut einem Bericht von Associated Press via yahoo.news sollen bis 2013 25.000 Studenten sowie 44.000 Schüler unter 14 Jahren verchipt sein.

      “Radio Frequency Identification Chips” in sogenannten “intelligenten Uniformen” melden einem Zentralcomputer, sobald ein Kind das Schulgelände betritt oder verlässt. Taucht ein Kind auch 20 Minuten nach Unterrichtsbeginn nicht im Erfassungsbereich der Schule auf, erhalten die Eltern automatisch eine SMS mit dem Inhalt: “Ihr Kind ist immer noch nicht in der Schule.” (Zitat: AP)“

      (Quelle: siehe Link, #5)

  3. Hier die Rechtsgrundlage:

    AEUV Artikel 218 (11) Ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission können ein Gutachten des Gerichtshofs über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit den Verträgen einholen. Ist das Gutachten des Gerichtshofs ablehnend, so kann die geplante Übereinkunft nur in Kraft treten, wenn sie oder die Verträge geändert werden.

    @publicviewer
    Angst vor Kameras, ich muss zugeben, dass ich nicht mehr gerne in London bin, weil ich mich da überall beobachtet fühle. Bzgl militärisch-technischer „Capabilities“ könnte die heraufbeschworene Staatsmacht schon heute alle Bürger mit ihren Panzern niederwalzen lassen. Es geschieht aber nicht. Wir leben nämlich nicht in diesem Staat. Keiner will uns umbringen. Ich glaube auch die Stimmerkennungs- und Bilderkennungsgeschichten nicht, weil man sie längst für zivile Zwecke einsetzen würde. Jeder, der derartige Technologien schon mal getestet hat, weiss darum, dass die produktiv kaum einsetzbar sind. Es ist ein Forschungsfeld. Sicher, in Afghanistan und Irak würden sich die Besatzungsmächte freuen. Dort würde wir zuerst sehen, was es gibt zur Befriedung durch Überwachung.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.