Vor einigen Tagen hat Creative Commons (CC) offiziell via Blogeintrag die öffentliche Diskussion für die Version 4.0 der Creative-Commons-Lizenzen gestartet. Es gibt ein eigenes Portal im Creative-Commons-Wiki dazu.
Im Zuge dieses bislang größten Versionierungsprozesses seit Gründung der Organisation vor fast genau 10 Jahren werden auch einige grundlegende Fragen zur Diskussion gestellt. So stehen insbesondere jene Lizenzmodule, die Bearbeitungen (NonDerivatives, ND) und kommerzielle Nutzung (NonCommercial, NC) ausschließen, auf dem Prüfstand. In beiden Fällen wird auch die völlige Aufgabe des Lizenzmoduls diskutiert, wobei das im Falle des NC-Moduls eher unwahrscheinlich ist. Klarerweise würden derart tiefgreifende Änderungen aber nicht die Unwirksamkeit bestehender Lizenzierungen bedeuten.
Die Diskussion zu Sinn und Unsinn des NC-Moduls ist dabei so alt wie die Lizenz selbst. Der jetzige Vize-Geschäftsführer der Wikimedia Foundation, Erik Möller, hat sich beispielsweise 2006 in einem Aufsatz mit Titel „Freiheit mit Fallstricken“ klar gegen die Verwendung des Lizenzmoduls ausgesprochen. Und auf Grund der Inkompatibilität von NC-lizenzierten Inhalten mit der CC-Lizenz der Wikipedia (Attribution-ShareAlike 3.0) wird die Verwendung dieses Lizenzmoduls im Umfeld der Wikipedia bis heute nicht gern gesehen.
Befürworter des NC-Lizenzmoduls betonen dessen Bedeutung für neue, hybride Geschäftsmodelle wie beispielsweise bei Jamendo oder Flickr: Inhalte wie Musik oder Fotos können in Blogs verwendet und über Tauschbörsen legal verteilt werden und so Aufmerksamkeit generieren, kommerzielle Nutzung in Werbespots oder Tageszeitungen bliebe allerdings vorbehalten bzw. ist dafür ein Entgelt fällig.
Umstritten war außerdem die genaue Bedeutung und Abgrenzung von „kommerzieller Nutzung“. Um hier für mehr Klarheit zu sorgen, gab Creative Commons 2008 die Studie „Defining NonCommercial“ in Auftrag, die allerdings auch nicht zu einem Ende der Debatte geführt hat.
Anlässlich des Versionierungsprozesses werden nun folgende Szenarien für den Umgang mit dem NC-Modul im CC-Wiki diskutiert, die von einer Ausdehnung über eine Einschränkung bis hin zu einer weitgehenden Abschaffung des NC-Moduls reichen:
- NC Proposal No. 1: Clarify the definition of NonCommercial in the licenses to match wishes of most conservative NC licensors. (e.g., deleting clause specifying that digital file sharing is a noncommercial use)
- NC Proposal No. 2: Narrow the definition of NonCommercial in the licenses to match wishes of most permissive NC licensors. (e.g., making it clear that use of a licensed work on an ad-supported website is non-commercial)
- NC Proposal No. 3: Eliminate or re-brand the NC licenses at 4.0 so they do not use the Creative Commons name, or otherwise stand apart.
- NC Proposal No. 4: Eliminate one or more (but not all) of the NC licenses from the 4.0 license suite.
Neben der sicher kontroversen Diskussion über das NC-Lizenzmodul sieht alles danach aus, als würde sich Creative Commons vom Experiment der lokalen Portierung mehr und mehr verabschieden. Diese nicht nur sprachliche Übersetzung sondern auch juristische Anpassung an jeweils lokale Jurisdiktionen unterscheidet CC-Lizenzen von anderen Open-Content-Lizenzen wie beispielsweise der GPL im Softwarebereich. Im CC-Wiki wird betont, dass in manchen Bereichen eine Präferenz zur Verwendung einer internationalen („generischen“) Lizenz besteht:
„Licensing data suggests a trend in preference for using the international licenses over ports, thus there is a real benefit to ensuring the international suite is as understood and widely-accepted as possible.“
Weitere Diskussionspunkte am Weg zur Version 4.0 sind eine Verbesserung der Kompatibilität mit anderen Copyleft-Lizenzen wie eben der GPL, eine Vereinfachung im Bereich der erforderlichen Namensnennung sowie die konkrete Ausgestaltung der Ablehnung von Kopierschutztechnologien („DRM“).
Ne interessante Idee wäre vielleicht auch anstelle / ergänzend zur Namensnennung eine URL als Quellangabe dem Lizenznehmer mitzugeben. Quasi Content gegen Backlink…
Ich glaube dann gäbe es plötzlich jede Menge verwendbarer Medien guter Qualität verbunden mit jeder Menge Link Love ;)
Da netzpolitik.org sich ebenfalls für nc entschieden hat, wäre es an dieser Stelle mal interessant zu erfahren warum.
@Nico: Einfacher Grund: Wenn wir z.B. komplett öffentlich gefördert wären oder sonstwie eine sprudelnde Einnahmequelle hätten, würden wir sofort drauf verzichten. Da das aber nicht so ist, haben wir auch kein großes Interesse, dass kommerzielle Anbieter einfach unseren ganzen Inhalt kopieren und damit Geld verdienen wollen.
Die Möglichkeit des nicht-kommerziellen Lizenzmodus zu streichen wäre m.E. die völlig falsche Entscheidung. Künstler müssen schon die Wahl haben, wie sie ihre Werke freigeben. Das fände ich schlecht, würde das so umgesetzt. (Mir ist klar, dass man die Version 3.0 NC weiterhin nutzen könnte. Trotzdem. Das Signal wäre nicht gut.)
Der letzte Arm der Zeit, denn dies ist ein sauberer und trockener, dadurch abwertender, Beitrag.
Gibt es einen Kommentar zu Herrn Flassibär, äh, Plasberg und sein neustes Sendethema, ohne auf die Person einzugehen sondern auf seine Sendung und Moderation; bisher (siehe Kommentar Herr Stefan Niggemeier)?
Denn auch wenn die Sendung gestern ein netzpolitisches Thema beinhaltet, bin ich zur Zeit ein Fan, des größeren Spektrums.
Oder sind wir hier nicht bei Wünsch dir Was?
@würg: Worum gehts?
Was ist kommerzielle Nutzung?
Als Fotograf produziere ich visuellen Content, der in vielen Fällen massiv kopiert wird. Um ein faires Geschäftsmodell zu verwirklichen, das private Nutzung und Verbreitung meiner Bilder erlaubt, bei gleichzeitigem Schutz vor Ausbeutung meiner Arbeit durch kommerzielle Nutzung, habe ich seit einer Zeit eine NC basierte Lizenz verwendet.
Das hat bisher mehr Ärger als Erfolg gebracht – Grund dafür ist die sehr freizügige Auslegung von nicht-kommerziell hautpsächlich im US-Rechtsraum. Da wird von eindeutig kommerziellen Blogsites mit Dutzenden von Mitarbeitern und professioneller Redaktion mein Content verwurstet, mit dem Hinweis, redaktionelle Nutzung sei laut CC-Lizenzen nicht lizenz- , geschweige denn bezahlpflichtig.
Eine genaue Definition bzw. eine Einschränkung der NC-Lizenzen ist dringend notwendig. Ansonsten ist das ganze Modul „NC“ völlig überflüssig. Warum sollten ausgerechnet Redaktionen meine Arbeiten kostenfrei verwenden dürfen?
Bis zur Klärung dieser Fragen kann ich guten Gewissens die Verwendung einer CC-BY-NC-SA Lizenz nicht empfehlen, wenn man mit visuellem Content Geld verdienen möchte. Bleibt also nur das gute alte Copyright – und die Tolerierung von privaten Kopien. Das bedeutet aber gleichzeitig, den Abbau des Respekts vor Autorenrechten stillschweigend zu fördern.