Ungarn ist ja eines der umliegenden Länder, wovon man leider wenig Politisches mitbekommt. Bei der Netzeitung habe ich gerade gelernt, dass Ungarn von einer sozialdemokratischen Partei regiert wird, welche 2002 die Konservativen als Regierungspartei ablösten. Nun stehen die nächsten Wahlen an und es gibt einen wasserfesten Skandal, welcher thematisch in dieses Blog passt: Ungarn erlebt sein Watergate.
Und zwar wurde von der konservativen Zentrale aus auf dem Server der sozialdemokratischen Partei eingebrochen und mehr als 3000 Wahlkampfdokumenten kopiert. Dumm nur, dass die Polizei die Angriffe zurückverfolgen konnte. Der konservative Wahlkampfleiter beschwichtigte aber im ungarischen Fernsehen: „Wer auch immer in unserem übermotivierten Wahlkampfteam diesen Fehler begangen hat, die Welt wird dadurch nicht untergehen“. Dann ist ja alles gut.
Update: Bei Telepolis gibt es dazu einen englischsprachigen Artikel: Cyber Politics. Anscheinend wurden der konservativen Partei per Mail Zugangsdaten geschickt, die diese dann nutzten, um die Daten auf ihren Server zu kopieren.
In Ungarn ist alles etwas komplizierter. Die Sozialdemokraten sind die ehemaligen Kommunisten, die inzwischen noeliberale Politik und Vetternwirtschaft betreiben. Fidesz war die antikommunistische Opposition während der Wende. Inzwischen sind die nach rechtsaußen abgedriftet und wurden so zur stärksten konservativen Bewegung. Bei Fidesz sind auch viele christliche Fundamentalisten organisiert und ab und zu kommt auch mal ein antisemtischer Spruch aus der Richtung. Einzig wählbar sind dort eigentlich nur die Liberalen, die sich dort besonders für Bürgerrechte einsetzen – also eher mit den deutschen Grünen vergleichbar als mit der FDP, die ja nur noch wirtschaftsliberal sind.
Ach ja, der Fidesz ist kurioserweise wirtschaftspolitisch übrigens „linker“ als die „Sozialdemokraten“. Die „Sozis“ wollten z.B. die Krankenhäuser komplett privatisieren, wogegen der Fidesz protestierte.
Die GROSSE politische Streitfage, die Ungarn in Ungarn die politischen Lager trennt, ist übrigens der Streit um Ungarns Vergangenheit. Währen die Sozialdemokraten, Ex-Kommunisten, meinen, damals sei alles halb so wild gewesen, vergleicht der Fidesz den damals real existierenden Sozialismus mit Hitler-Deutschland. Die faschistische ungarische Verganenheit (Stichwort Pfeilkreuzler) wird dabei gerne vergessen.