Tagesschau.de hat den Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger gefragt, warum viele heute noch immer „offline“ sind: Wie lebt es sich ohne Internet?
tagesschau.de: Für viele Menschen ist das Internet heute so selbstverständlich wie das Telefon oder der Fernseher. Laut Studien nutzen aber noch immer rund 40 Prozent der Deutschen das Internet gar nicht. Woran liegt das?
Christoph Neuberger: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Die größte Gruppe der so genannten Offliner – etwa die Hälfte – entscheidet sich ausdrücklich gegen dieses Medium. Sie verbinden mit dem Internet eine ganze Reihe von Problemen und Gefahren, von denen sie gehört oder gelesen haben: So etwa das Suchtpotenzial oder das Problem der Pornografie oder der politisch extremen Inhalte, mit denen man im Internet konfrontiert werden kann. Vielen Offlinern fehlt auch einfach die Vorstellung davon, was man mit dem Medium anstellen kann, wo der Mehrwert gegenüber Presse und Rundfunk liegen soll.
Es gibt sogar eine – wenn auch relativ kleine – Gruppe von Aussteigern. Das sind Leute, die das Internet mal genutzt haben, es jetzt aber nicht mehr tun. Häufig hängt das damit zusammen, dass sie in den Ruhestand gegangen sind und im Privatleben keine Verwendung für das Internet haben. Studien zeigen auch ganz klar, dass es immer noch überwiegend die Älteren und die Frauen sind, die keinen Internet-Anschluss haben.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die „ARD/ZDF-Offline-Studie 2006“ (pdf).
So nebenbei bemerkt: „Digitale Spaltung“ suggeriert so ein bißchen den absichtlichen Ausschluss einer Gruppe von Leuten. Als jemand, der kein Fernsehgerät hat, weil ich mit den derzeitigen Fernsehprogrammen nichts anfangen kann, und weil ich Filme auf DVD oder im Kino anschaue, denke ich, dass unterschieden werden muss zwischen „Leute, die Internet eigentlich gut fänden, aber aus irgendwelchen Gründen — zu teuer, zu kompliziert, kein DSL — davon ausgeschlossen sind“ und „Leute, die sich gegen die Nutzung dieses Mediums entschieden haben“. Die Existenz der ersten Gruppe stellt ein (gesellschaftspolitisches) Problem dar, die zweite würde dann ein Problem darstellen, wenn einiges (Wahlen, Behördenkrams, Einkaufen, Kommunikation …) nur noch per Internet möglich wäre. Dazu sollte es nicht kommen — auch das ist eine Möglichkeit, auf das Thema „Digital Spaltung“ politisch zu reagieren.
Ich verbinde mit dem Fernsehen eine ganze Reihe von Problemen und Gefahren, von denen ich gehört oder gelesen habe: So etwa das Suchtpotenzial oder das Problem der Pornografie oder der politisch extremen Inhalte, mit denen man im Fernsehen konfrontiert werden kann.
;)
Till: Ja, da ist was dran – wobei ich auch ein technisches Problem sehe: Dass die Leute sich nicht auskennen / Angst haben zeigt den Mangel an EDV und Medienkompetenz in Deutschland und das ist kein Gesellschaftsproblem, sondern ein Bildungsproblem (Bildung = Wissen und Fähigkeiten der gesamten Gesellschaft).
„Wenn einzelne Merkmale miteinander kombiniert würden, wie zum Beispiel „ältere“, „nicht berufstätige Frauen“ mit „geringem Haushaltsnettoeinkommen“ und „Volksschulabschluss“, komme man in diesem Bevölkerungssegment auf 91,1 Prozent Offliner-Anteil.“ – Zitat von http://www.heise.de/newsticker/meldung/80656