Unterschiedliche Meinungen beim DJV, wer eine Presseakkreditierung für Bundestag erhalten soll

In der Frage, ob Blogger Presseakkreditierungen für den Deutschen Bundestag erhalten sollen, haben sich jetzt Journalistenverbände zu Wort gemeldet. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) stellt als Kriterium einen Presseausweis auf, da dieser nur an „hauptberuflich tätige Journalisten, die den Nachweis erbringen, dass sie von ihrer journalistischen Arbeit den überwiegenden Teil ihres Lebensunterhalts bestreiten“ vergeben wird. „In welchen Medien sie veröffentlichen, ist dabei ohne Bedeutung.“

„Für eine Unterscheidung zwischen Blogs und anderen Medien, wie der Bundestag sie offenbar vornimmt, gibt es keine nachvollziehbare Begründung“, kritisierte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Er forderte das Parlament deshalb auf, seine Akkreditierungspraxis umgehend zu überarbeiten

Einen Presseausweis kann man natürlich als Kriterium für eine Presseakkreditierung nehmen, das reicht meiner Meinung nach aber nicht aus und ist auch nicht mehr zeitgemäß. Und wie wir von verschiedenen Journalisten gehört haben, war die Pressestelle bisher auch recht großzügig und hat Jahresakkreditierungen auch dann vergeben, wenn Journalisten keinen Presseausweis besitzen. Ich besitze einen offiziellen Presseausweis, mir wurde eine Jahresakkreditierung bisher verwehrt. Bis vor drei Monaten hatte ich auch keinen, weil ich diesen bisher nie für meine Arbeit benötigt habe und gerne in Museen den Eintritt auch selber bezahle. Ich gehe davon aus, dass ich auch vor dem Besitz eines Presseausweises bereits journalistisch gearbeitet habe.

Progressiver äußert sich der brandebnurgische Landesverband des DJV zu Wort:

In den letzten Tagen verweigerte auch der Bundestag Online-Medien die Jahresakkreditierung ohne eine nachvollziehbare Begründung. Obwohl der DJV hauptberufliche Journalisten vertritt, dürfen wir Journalismus nicht an dieser Hauptberuflichkeit, einem DJV-Presseausweis oder dem Medium festmachen. Das würde der Willkür die Tore öffnen und die Staatsunabhängigkeit des Journalismus gefährden. Es darf nicht sein, dass der Bundestag oder die Stadt Wuppertal Hofschreiber umsorgen und die kritischen Journalisten aussperren. Gerade bei den Internetmedien findet man besonders kritische Berichterstattung und sehr ambitionierten Journalismus. Parteiische oder fehlerhafte Berichterstattung kommt dabei genauso vor, wie wir das auch bei den klassischen Medien finden können. Pressestellen sollten sich daher einen Kodex verordnen, der nachvollziehbar den Umgang mit den Journalisten und Medien verbindlich regelt. Dabei dürfen journalistisch arbeitende Blogger nicht gegenüber klassischen Journalisten benachteiligt werden. Der Presseausweis kann als Nachweis der hauptberuflich journalistischen Tätigkeit dienen, darf aber nicht Bedingung sein.

Telemedicus hatte vergangene Woche schon ausführlich beschrieben, warum ein Presseausweis kein Kriterium für eine Presseakkreditierung beim Bundestag sein sollte: Darf der Bundestag von Bloggern einen Presseausweis verlangen?

Insofern sind die Akkreditierungsbedingungen des Bundestages unzulässig. Nur solche Journalisten in den Bundestag zu lassen, die einen Presseausweis vorlegen können, ist eine Ungleichbehandlung von Journalisten ohne Presseausweis. Einen Presseausweis als alleiniges Kriterium dafür heranziehen zu wollen, ob jemand „Presse“ ist oder nicht, stellt ein willkürliches Differenzierungsmerkmal dar. Ein Presseausweis kann lediglich dazu dienen, den Nachweis einer journalistischen Tätigkeit zu vereinfachen. Er hat aber keine andere Kriterien ausschließende Wirkung. Soweit der Deutsche Bundestag damit versucht, eine Trennung zwischen hauptberuflichen Journalisten und Bloggern vorzunehmen und letztere von Sitzungen auszuschließen, stellt dies zudem eine Verletzung der staatlichen Neutralitätspflicht gegenüber der Presse dar. Blogs sind keine Presse zweiter Klasse. Blogger sind genauso wie hauptberufliche Journalisten durch die Pressefreiheit geschützt. Unterschiede können nur einzelfallbezogen gemacht werden, nicht aber generell.

Wir sind gespannt, wann wir auf meinen Widerspruch mal eine Antwort erhalten. Und für ehrenamtliche Blogger könnte man einfach mal die Nutzung von Notebooks, Smartphones und Kameras auf der Zuschauertribühne erlauben. 2014 wäre die Zeit echt reif dafür.

4 Ergänzungen

  1. Presseausweis kann ich mir doch auch einfach selber ausstellen ist doch rechtlich nicht geschützt, welche Presseausweise werden dann akzeptiert und welche nicht? Da brauch man dann doch auch Kriterien nach denen man das beurteilt.

  2. Es geht nur darum die Menge zu begrenzen und Privilegien zu verteilen. Ist zwar traurig, aber war und eine besonders gute Lösung sehe ich da auch nicht. Alle können Mengenmäßig nicht Presse sein, aber meist ist der Ansturm auch nicht so groß. Türsteher Mentalität meets Pseudo- Elite. Mir persönlich würde Zertifikat als Nachweis reichen: Wie zitiere ich richtig? Wie gibt man Quellen an? Wie berichtet man neutral? Was ist eine Reportage was Meinung etc. pp. Kann die Person das? Ja, Nein? Dann sollte sie auch einen Ausweis bekommen.

    1. „Ist zwar traurig, aber *wahr*und eine besonders gute Lösung sehe ich da auch nicht.“

      Sortiert wird eh meist über die Akkreditierung …

  3. Ich lese netzpolitik.org oft und gerne. Aber bei diesem Thema überzieht Ihr in meinen Augen völlig. Guter Journalismus zeigt immer auch Alternativen bzw. andere Perspektiven auf, Ihr aber hackt im Augenblick einseitig/einäugig auf dem Thema herum. In einem anderen Blog fand ich einen Hinweis darauf, dass das vielzitierte Urteil über Presseausweise auch regelt, dass Journalisten ohne P-Ausweis sich dann eben anders legitimieren müssen, worin das Gericht offenbar keinen Verstoß gegen das Presserecht sah. Das finde ich auch völlig nachvollziehbar und keinesfalls dikriminierend.

    Am Beispiel des Bundestags wird nur sichtbar, dass es für diese Legitimierung keine verbindlichen Standards gibt (Webadresse und Tätigkeitsnachweis sollten verbindlich reichen). Man kann nicht ein Urteil als letzte Wahrheit heranziehen, solche konträren Passagen aber ausblenden. Wie wäre es, wenn Ihr die Bundestagsverwaltung zum Dialog bittet? Dazu könntet Ihr zur Not auch eine ONline-Petition starten, um der Bitte Nachdruck zu verleihen. Oder habt Ihr schon mal Herrn Lammert angesprochen? Miteinander reden, nicht übereinander. Das wäre der Stil, den ich von Euch erwarte. Nur darauf warten und nörgeln, wann denn mal eine Stellungnahme kommt, reicht nicht aus.

    Den P-Ausweis vergeben inzwischen doch diverse Verbände an nebenberufliche und ehrenamtlche Journalisten. Daran sollte der Bundestag bzw. die Verwaltung erkennen, dass seine Regelung unsinnig und anachronistisch ist.

    Ansonsten: macht weiter so, nur in diesem Thema sollten Ihr mal etwas Dampf rausnehmen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.