Ein klein wenig überraschend erreichte mich heute eine Mail aus den Innenministerium Sachsen-Anhalt. Hintergrund: Ich hatte im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz am 09.06. bei der federführenden Staatskanzlei nachgefragt, ob man mir nicht ein paar – zugegeben, sehr spezielle – Fragen beantworten wolle. Heute kamen die Antworten, aus dem Innenministerium.
Kleine FAQ zum GlüStV-E
1) über die Webseite der Staatskanzlei kann man einen Entwurf des GlüStV mit Stand vom 14.04.2011 herunterladen.
Ist diese Fassung noch aktuell, oder gab es zwischenzeitlich Änderungen. Falls ja, können Sie mir eine aktuelle Fassung schicken?
Die im Internet verfügbare Fassung des Glücksspielstaatsvertrages vom 14.04.2011 ist derzeit noch aktuell.
Anmerkung: Seit dem 18.04. läuft die dreimonatige Notifizierungsphase bei EU-Kommission, die bei einem – wohl nicht bindenden – Einspruch (laut Udo Vetter gibt zumindest wohl „kritische Fragen“) noch um einen Monat verlängert werden kann. Nach der Sommerpause soll es, wie man hört, u.a. mit einem „Expertengespräch“ weitergehen.
2) In § 4d (2) ist von einer Konzessionsabgabe auf Spieleinsätze die Rede. Bei Sportwetten ist der Begriff „Einsatz“ relativ eindeutig.
Bei Casino-Spielen wie z.B. Poker oder Roulette werden Einsätze mehrfach hingegen umgesetzt. Wie ist „Spieleinsatz“ im Kontext von § 4d (2) und § 20 (3) definiert? Der Einsatz pro Wette oder die Summe der zu Spielbeginn gekauften Spielchips/Jetons?
Hierzu ist festzustellen, dass nach dem derzeitigen Entwurf Grundlage der Berechnung für die Konzessionsabgabe der Spieleinsatz, d. h. die Wetteinsätze, sein soll, während die Abgaben im Bereich der Spielbanken den Bruttospielertrag (Einsätze abzüglich der Gewinn der Spiele) als Bemessungsgrundlage haben.
Anmerkung: Das habe ich bisher tatsächlich anders interpretiert. Allerdings werden die für Sportwetten gedachten §§ 4a bis 4e nach § 2 (2) nicht für Spielbanken. Gleichzeitig gilt allerdings, dass jedes Bundesland „nur eine Spielbank zur Übertragung von Spielen ins Internet ermächtigen“ darf (§ 20 (3)).
Da zudem der Maximaleinsatz pro Monat durch § 4 Abs. 5 (2) gedeckelt wird (750 Euro pro Monat, „Gewinne dürfen nicht mit Einsätzen der Spielteilnehmer verrechnet werden.“), bietet der Entwurf inbesondere für die inzwischen durchaus spielstarken deutschen Pokerprofis und HighStakes-Spieler wohl weiterhin keine legale Basis für ihren Sport (zumal, wenn ihnen der Weg zum internationalen Wettbewerb versagt bleibt, siehe Frage 4).
3) Falls es eine aktualisierte Fassung gibt: Ist im aktuellen Entwurf eine Klausel zur Sperrung unerlaubter Glücksspielangebot im Internet (§ 9 Nr. 5) enthalten und wie lautet sie?
Die im o.g. Entwurf des Glücksspielstaatsvertrages vorgesehene Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ist derzeit noch aktuell.
Anmerkung: Gut, das ist soweit eindeutig. Persönlich gehe ich inzwischen davon aus, dass man derzeit nach einer Sprachregelung sucht, die im Einzelfall Sperrverfügungen ermöglicht, aber nicht den negativen Beigeschmack von „Internetsperren“ hat. Spannend dürfte hier vor allem werden, ob sich die Koalitionspartner, die sich explizit gegen Internetsperren (und zwar pauschal) ausgesprochen haben, behaupten können.
4) In der Version vom 14.04. ist unter § 4a 3d) ist bei Online-Angeboten von einer „Internetdomäne.de“ auf der „obersten Stufe“ die Rede. Wie ist diese Vorgabe zu verstehen? Die Erreichbarkeit eines Angebots ist schließlich nicht von seiner TLD (top level domain) abhängig.
Denkbar wäre zu Beispiel, dass mehrere (auch internationale) TLDs auf eine gemeinsame Plattform verweisen. Wäre dies nach dem GlüStV gewünscht, gestattet?
Denkbar wäre ebenso, dass Spieler aus dem Ausland auf einer Plattform spielen, die (ausschließlich) unter der „Internetdomäne.de“ erreichbar ist. Wäre dies nach dem GlüStV gewünscht, gestattet? Oder wird eine Abschottung des Marktes wie z.B. in Frankreich und Italien angestrebt, wie auch § 4a 3e vermuten lässt?
Die in § 4a Abs. 4 Nr. 3 d) des Entwurf enthaltene Regelung soll einen wirksamen Jugend- und Spielerschutz sicherstellen. Es soll insbesondere gewährleistet werden, dass keine Weiterleitung auf andere Seiten, sondern ein direkter Zugriff (nur) auf diese Internetseite möglich ist, um missbräuchliche Verwendungen auszuschließen.
Anmerkung: Vielleicht war meine Frage nicht deutlich genug. Die Antwort jedenfalls ist durchaus interpretierbar. Ich interpretiere sie im Sinne meiner Fragestellung: Internationales Spiel, bzw. internationale Sportwetten sollen nach Möglichkeit verhindern werden.
5) In § 10a, der „Experimentierklausel für Sportwetten“ ist von sieben Konzessionen die Rede. Handelt es sich um die Anzahl der Konzessionen pro Bundesland? Ist diese Grenze noch aktuell?
Die im Entwurf des Glücksspielstaatsvertrages vorgesehenen sieben Konzessionen würden nicht pro Bundesland, sondern bundesweit vergeben.
Gutachten: Glücksspielstaatsvertrag immer noch nicht EU-konform?
Genau, da war noch was. Quasi parallel zum Beitrag, in dem Thomas Mike Peters hier bei Netzpolitik.org am Freitag Fragen rund um die Ratifizierung des Entwurfs in den Bundesländern beantwortet hat, machte ein vom Wettanbieter „Betfair“ in Auftrag gegebenes Gutachten die Runde. Zu finden ist es u.a. bei Heise Online und – leider ohne weiteren Kommentar – bei RA Udo Vetter. Heise Online schreibt:
Der aktuelle Gesetzesentwurf für die Neuregelung des Glücksspiels in Deutschland entspricht nach Ansicht des Staatsrechtlers Bernd Grzeszick nicht den Anforderungen des europäischen Rechts und gerate darüber hinaus in Konflikt mit der deutschen Verfassung
Inhaltlich argumentiert Grzeszick vor allem mit den EU-Vorgaben zum freien Dienstleistungsverkehr und der Niederlassungsfreiheit. Ein weiterer zentraler Punkt sei die fehlenden Kohärenz bei der Behandlung von Automatenspiel und Sportwetten, sowie im Falle unterschiedlicher landesrechtlicher Regelung . Im Ergebnis kommt Grzeszick zu der Bewertung, dass der Entwurf verfassungsrechtlich bedenklich und nicht EU-konform sei.
Nun, auch wenn es mir als juristischem Laien sicher nicht zusteht, das Gutachten zu bewerten: Soweit ich es verstanden habe, kann die Niederlassungs- bzw. Berufsfreiheit durchaus eingeschränkt werden, wenn ihr höhere Ziel (zum Beispiel der Schutz von Spielsüchtigen …) entgegenstehen. Das sag wohl auch der EuGH so. Auch was die Bewertung der Kohärenzkriterien betrifft, findet Grzeszicks Bewertung wohl nicht nur Zustimmung. Hier ins Detail zu gehen, würde die Grenzen dieses kleinen Blogs aber wohl endgültig sprengen ,)
Sei’s drum: [Hinweis für Nichtjuristen]Falls jemand ein neues Hobby sucht oder keine Schafe mehr sehen kann[/Hinweis] Hier ist das Gutachten von Staatsrechtler Bernd Grezszick zum Glückspieländerungsstaatsvertrag (PDF).
Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass der EuGH das akzeptiert. Da gibt’s doch einen Scheinheiligkeits-Test und der besagt hier doch völlig eindeutig, dass der Entwurf zwar eine „Liberalisierung“ / „Marktöffnung“ vorsieht – in Wirklichkeit aber nur die Fortsetzung des Monopols mit anderen Mitteln bedeutet. Der Steuersatz in der geplanten Höhe auf Wetteinsätze würde es privaten Wettanbietern nicht einmal erlauben die gleichen Quoten wie Oddset anzubieten und die sind schon erbärmlich schlecht.