Eine Journalistenweisheit besagt: traue keinem Artikel, der den Satz „amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden“ enthält. Auftragstudien und Gefälligkeitsstudien sind in den USA mit ihrem weitgehend privatisierten Forschungssektor verbreitet. Jede Institution kämpft um Forschungsgelder und wie weit sie sich dafür verbiegt oder verbiegen lässt ist unterschiedlich.
Nun ist Hannover nicht in den USA – zumindest nicht dieses – und Christian Pfeiffer vorzuwerfen, dass er oder sein „Kriminologisches Forschungsinstitut“ unseriös arbeiten würde, fände er sicherlich justiziabel und ist sicherlich auch überzogen. Daher unterlassen wir das an dieser Stelle lieber. Ein paar Fragen muss er sich jedoch gefallen lassen.
1.Das Kriminologische Forschungsinsitut Niedersachsen ist ein privates Institut, das der Universität Hannover angegliedert ist. Von wem wird es finanziert und unter welchen Voraussetzungen?
Die Antwort darauf findet sich in den meisten Publikationen wieder. Im Regelfall sind es Gelder von Ministerien, deren Spitzen aus dem Tendenzbetrieb Politik stammen. Warum gibt es darüber keine Liste auf der Homepage, wer das KFN und die Studien finanziert? Es wäre im Fall der Ministerien zudem angemessen, die Ausschreibung (sofern vorhanden) sowie den Bewilligungsbescheid/Zuteilungsbescheid zu veröffentlichen. Hiermit könnte das KFN aktiv die Zweifel ausräumen, die immer wieder an der Seriosität seiner Forschungsergebnisse angeführt werden.
2.Wie erklären Sie das immer wieder in Ihren Studien auftretende Henne-Ei-Problem beim „Konsum gewalthaltiger Medien“?
Ihre Interpretationen sind stets dergestalt, dass sie diese Medien als Einflussfaktor, z.B. auf schulische Leistungen und Jugenddelinquenz, und nicht als Abhängige darstellen. Dies begründen Sie jedoch nicht. Stattdessen muss man aus Ihren Studien lesen, dass „gewalthaltige Medien“ besonders bei Hauptschülern verbreitet sind, dass schlechte Noten und „gewalthaltige Medien“ sowie Delinquenz und „gewalthaltige Medien“ miteinander einhergehen und dass Hauptschulen und „gewalthaltige Medien“ korrelieren. Sicherlich lässt sich hieraus ablesen, dass Knallballer vor allem von Hauptschülern gespielt wird. Doch wie genau stimmt das? Sind Gymnasiasten nicht einfach besser in der Lage, die sozial erwünschten Antworten zu geben? Haben sie nicht schlicht weniger Freizeit? Und ist die Hauptschule als „Resteschule“ nicht ein Brennpunkt der schlechte schulische Leistung, innerfamiliäre Gewalterfahrung, schlechte Betreuung und Delinquenz in einem Maße vereint, dass man froh sein muss, wenn die Herrschaften vor dem Rechner
ballern?
3.Was ist für Sie „gewalthaltig“? „Bei einer multivariaten Analyse zu den Faktoren, die Rechtsextremismus begünstigen“, schreiben Sie, „haben sich … die intensive Nutzung medialer Gewalt sowie Alkoholkonsum als Belastungsfaktoren erwiesen.“ Macht also Counterstrike xenophob und antisemitisch?
Wir hätten da eine Alternative anzubieten: die perspektivlosen Habenichtse in der Einöde zwischen Sächsischer Schweiz und Warnemünde sind zornig auf die Welt. Sie glauben schon bei der Geburt verloren zu haben, sind in die Verlierergesellschaft der früheren DDR geboren („papa was a stasi-rocker“), sehen nichts von blühenden Landschaften sondern nur glühende Sandschaften. Was bleibt einem da übrig, als sich zu besaufen, sich Feindbilder zu suchen und die sinnentleerten Tage vor der Glotze zu verbringen? Besoffene spielen übrigens ziemlich schlecht Counterstrike und Co. Vorsicht: noch mehr Frustrationspotential.
4. Auf 132 tatsächlich lesenswerten Seiten zur Jugenddelinquenz finden gewalthaltige Medien insgesamt vier oder fünf Mal überhaupt Erwähnung. Woraus leiten sich Ihre Aussagen in Bezug auf Amokläufe ab? Im Forschungsbericht zu „Suchtspielern“ haben Sie ja selbst die Annahme getroffen, dass „problematische Computerspiele“ vor allem dann spielen, „wenn es in ihrem Leben gerade ’nicht so gut läuft‘. Woraus leiten sich Ihre Aussagen in Bezug auf Amokläufe ab? War es nicht vielleicht eher so, dass Sie das Thema „irgendwie mit behandeln“ mussten? Sind nach Winnenden betriebserhaltende Forschungsaufträge in dem Bereich auch für das KFN zu erwarten? Die Erwähnungen wirken auf jeden Fall reichlich unmotiviert.
Wenn Sie auf diese Fragen gute Antworten geben, können Sie Ihren nachhaltigen Beitrag zur Versachlichung dieser Debatte leisten. Das Problem an Institutionen wie der Ihrigen ist doch, dass jeder froh wäre, wenn man sie abschaffen könnte. Außer denen, die dort arbeiten.
Hoffe, die Fragen werden Herrn Pfeiffer auch tatsächlich gestellt. Dennoch würde ich Pfeiffer (als Direktor des KFN) nicht mit dem KFN (und all seinen Mitarbeitern) gleichsetzen.
Die wohl bekannteste Absurdität eines Herrn Pfeiffer, der Jurist ist und kein Psychologe, ist die sog. „Töpfchen-Theorie“:
Im Jahre 199X fiel in den Kriminalstatistiken und von mir aus auch in Dunkelfeld-Untersuchungen auf, dass im Osten der Bundesrepublik mehr (Gewalt-)Delikte von Jugendlichen in Gruppen begangen werden als im Westen. Die Frage nach dem Warum… Herr Pfeiffer kam zu der Eingebung, dass Kinder in der ehem. DDR im Kindergarten zusammen und in der Reihe auf das Töpfchen gesetzt wurden(Tatsache) und damit eine kindliche Ich-Schwächung einhergehen müsse, die sich später in gesteigerten Gruppendynamiken auswirkt und mithin die festgestellten Gruppendelikte erklären würden. Mit dieser mitnichten weiter untersuchten und letztlich wohl ohnehin nicht empirisch oder sonstwie belegbaren These ist er alsbald nach seinem Geistesblitz durch die Republik getourt und hat sie unter viel Beachtung kund getan, seine Theorie.
Ich krieg‘ da heute noch Gehirnherpes von dieser „Töpfchen-Theorie“!
Dennoch findet an dem KFN zweifelsohne gute Arbeit statt, mit oder trotz eines Herrn Pfeiffer. An meinem Lehrstuhl sind diverse Projekt mit Drittmitteln von Bundes- oder Landesministerien finanziert worden und da ist niemand gekommen und hat uns Ergebnisse diktiert. Die Frage stellt sich, wer Kriminalitätsforschung sonst finanzieren sollte? Die Kirche? Gewerkschaften? Die Illuminaten?
Daher finde ich die Gefälligkeitsgutachten- These abwegig. Die Methode und das Untersuchungsdesign liegen bei den KFN-Studien offen und sind für jeden nachvollziehbar. Anlass für Kritik wird’s sicherlich geben. Die Feststellungen zum Phänomen Jugendgewalt (Untersuchungsgegenstand) decken sich allerdings weitestgehend mit dem allgemeinen Kenntnisstand.
Das heißt allerdings nicht, dass man die persönlichen Schlussfolgerungen eines Christian Pfeiffer (siehe oben Töpfchen-Theorie) teilen muss.
Von Gefälligkeitsgutachten kannste ganz sicher ausgehen,das ist gang und gäbe. Zum anderen finde ich solche Gutachten die nach wie vor versuchen den Osten des Landes als Querulanten,Neidhammel, Wendeverlierer und Dunkeldeutsche abzustempeln/diskriminieren echt daneben.
Mit der Bevölkerung der BRD wäre das was 89 in der DDR passiert ist nicht Ansatzweise möglich gewesen…die schwimmen nach wie vor in Konsumverblödung und Re-Education Programm.
Zurück zum Thema…wenn ich mir den neuen Bericht zur Kriminalität von Drehhofer so ansehe ist das ein Schlag ins Gesicht für jeden mitdenkenden Bürger…dieser Bericht ist von vorn bis hinten voll geschönt und spiegelt durch und durch die aktuelle politische Doktrin wieder…auch ein Beispiel für Gefälligkeitsstatistik/Gutachten ist die Arbeitslosenstatistik.
In dieser BananenRepublik wird von vorn bis hinten gelogen,und was nich passt wird passend gemacht…so stell ich mir keine Demokratie vor, das ist Diktatur a la Boneur.
Wenn sich die Meinung eines Herrn Pfeiffer in einer Studie wiederspiegelt, mag deren Aussagekraft wohl so oder so in Zweifel gezogen werden.
Was jedoch nicht prinzipiell an der Studie oder dem erhebenden Institut, sondern eher an seiner nur allzu bekannten Sichtweise liegen mag.
Abgesehen davon dürfte eine neutrale Herangehensweise ansonsten wohl das A und O für eine solche Studie sein, zumindestens wenn sie den Anspruch hat, ernst genommen zu werden. Und das lässt sich wohl nur durch weites gehende Transparenz erreichen.
Gerade die Indiskrepanz zwischen einer differenzierten Herangehensweise an das Thema und den Ergebnissen der Studie, ist es, was die Studie selbst in meinen Augen unglaubwürdig erscheinen lässt.
Insofern muss sie sich die Frage, welchem Zweck sie nun eigentlich dient, wohl doch gefallen lassen.
Naja,
man muss die Forschungsmethoden des KFN nicht unbedingt in Frage stellen, die medienwirksame Darstellung ihrer Ergebnisse und Schlussfolgerungen darf man gleichwohl kritisieren.
Ein schönes Beispiel im Dunstkreis des Themas lässt sich unter http://www.kfn.de/versions/kfn/assets/wowthesen.pdf (direkt auf der homepage des KFN verlinkt) finden, wo Pfeiffer und Kollegen 5 Thesen zum Umgang mit Computerspielabhängigkeit und speziell dem allseits beliebten World of Warcraft aufstellen. Ich zieh Tiere:
(1) „Mit der für das Online-Spiel „World of Warcraft“ (WoW) geltenden Alterseinstufung „ab 12“ verbreitet der Staat gegenwärtig an die Eltern von 12- bis 18-Jährigen eine Botschaft, die aus unserer Sicht nicht mehr verantwortbar ist. Allein die Tatsache, dass 15-jährige männliche WoW-Spieler mit diesem Spiel im Durchschnitt pro Tag 3,9 Stunden verbringen und damit hoch gerechnet pro Jahr mehr Zeit in WoW investieren als in ihren gesamten Schulunterricht, ist völlig unakzeptabel.[…]“
(5) „Nach wie vor gibt es zum Problem der Computerspielabhängigkeit eine Fülle ungeklärter Fragen, die im Zuge interdisziplinärer Forschung untersucht werden müssten.[…] Das KFN und die Medizinische Hochschule Hannover beabsichtigen deshalb, gemeinsam einen interdisziplinären Forschungsverbund einzurichten, in dem diese Fragen systematisch geklärt und Wege zur Prävention und erfolgreichen Behandlung von Computerspielabhängigkeit aufgezeigt werden.“
Ganz abgesehen von der zweifelhaften statistischen Darstellung und der imho schwachsinnigen Forderung, WoW für Kids unter 18 zu verbieten – wer „wir haben noch keinen Peil von der Materie, wir gründen mal ne Forschungsgruppe“ als eigene These verkauft, muss schon einen sehr speziellen Zugang zum wissenschaftlichen Arbeiten haben. Nach dem Lesen der ersten These hätte ich auch so meine Zweifel an der unvoreingenommenen, neutralen Herangehensweise an den Forschungsgegenstand im neuen Forschungsverbund. Wenn man dann noch einige Auftritte und Aussagen von Pfeiffer (der laut wikipedia übrigens tatsächlich auch Sozialpsychologie studiert hat) in Funk und Fernsehen mitbekommt, kann man sich als Sozialwissenschaftler eines leichten Gefühls von Fremdschämen nicht erwehren.
Hm… das ist doch das Institut, das (indirekt) behauptet über 100% der Mitglieder Rechtsextremer Parteien wären unter 15
„Knapp 5 Prozent der männlichen Neuntklässler sind nach eigenen Angaben Mitglied einer rechtsextremen Gruppe oder Kameradschaft. Bei den Mädchen sind es 2,6 Prozent. Das ist eines der Ergebnisse einer neuen Studie, die am Dienstag der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts in Niedersachsen (KFN), Christian Pfeiffer, vorgestellt hat.
Glaubt man den Zahlen, wäre demnach fast jeder 20. Fünfzehnjährige Mitglied einer rechtsextremen Gruppe. Bundesweit wären das insgesamt über 20.000 Jungen. Sollte dies wirklich stimmen, müsste der Verfassungsschutz seine Angaben korrigieren. Denn dieser geht bislang insgesamt von etwa 31.000 Mitgliedern in rechtsextremen Parteien und subkulturellen Gruppen aus.“
(Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/starker-zulauf-zu-rechten-gruppen/)
Ich hätte da auch noch ein paar Fragen, da anscheinend die Informationen aus dem Wikipedia-Eintrag gelöscht wurden…
1. Was macht Pfeiffers Frau? Wer sind ihre Auftraggeber? Was ist der Gegenstand ihrer Forschung? In welchen Beziehungen steht sie zum KFN und zum Niedersächsischen Familienministerium?
2. Was macht Pfeiffers Schwester im KFN?
Mit diesen Fragen möchte ich übrigens nicht unterstellen, dass da irgendetwas nicht korrekt läuft. Aber erstens sind diese Informationen m.E. für den Gesamtzusammenhang interessant und zweitens helfen sie das KFN als Institut einzuordnen.