Wie morgens berichtet, fanden heute die Abschlussverhandlungen im Ministerrat der EU zur geplanten EU-Datenschutzgrundverordnung statt, nach denen der Trilog zwischen Rat, EU-Kommission und EU-Parlament losgeht, in dem der finale Verordnungstext verhandelt wird. Es war bereits abzusehen, dass der Vorschlag des Rates weniger datenschutzfreundlich ausfallen wird als die Positionen von Kommission und Parlament. Und er fällt tatsächlich in wichtigen Punkten deutlich hinter einem wünschenswerten Datenschutzniveau und sogar hinter dem Ist-Zustand zurück.
Beispielsweise ist das Sammelklagerecht gegen Datenschutzverstöße weggefallen, außerdem ist die explizite Zustimmungspflicht in die Datenverarbeitung im Ratsvorschlag nicht mehr enthalten. Daten könnten so auch zu einem anderen Zweck als dem ursprünglich vom Nutzer zugestimmten genutzt werden. Außerdem werden Fälle geschaffen, in denen der Nutzer gar keine Zustimmung mehr geben muss, sollte der Datenverarbeiter ein schwerwiegenderes „berechtigtes Interesse“ an der Nutzung haben. Der Grundsatz der Datensparsamkeit ist ebenso nicht mehr zu finden. Außerdem würden Datenübermittlungen in Drittstaaten möglich, ohne effektive Kontrolle darüber, ob EU-Datenschutzstandards eingehalten würden. Die NGO Access fasst zusammen: „Einfach ausgedrückt würde es nach dem Ratstext für jemanden unmöglich, nachzuvollziehen, was mit seinen persönlichen Daten passiert oder wer Zugriff darauf hat.“
Joe McNamee, Geschäftsführer der Bürgerrechtsorganisation EDRi in Brüssel, formuliert seine Kritik drastisch:
This agreement is quite simply a brazen effort to destroy Europe’s world leading approach to data protection and privacy […] The Council position is a mixture of reckless disregard for citizens‘ fundamental rights and pandering to special interests that led to draft legislation where the number of exceptions is higher than the total number of articles in the previous Directive.
Umso wichtiger werden nun die Trilogverhandlungen, in denen darum gekämpft werden muss, dass die Schlupflöcher, die der Rat geöffnet hat, nicht in die finale Version der Verordnung eingehen werden.
Es ist schon interessant, daß die Medien, insbesonders der ÖR, das mit der Zustimmungspflicht heute genau andersherum dargestellt haben. Ich hatte mich schon gewundert, daß de Maizère und Maas so zufrieden sein sollen. Wie war das mit der Lügenpresse?
Nachtrag: Diese beiden Artikel hatte ich während des Tages gelesen:
http://heise.de/-2690478
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2015-06/datenschutz-eu-reform-justizminister-luxemburg
Beide schreiben von einer expliziten Zustimmung des Nutzers zu einer Weiterverarbeitung. Das war dann wohl eine gezielte Lancierung von Desinformation, wenn ich Euch Glauben schenken darf.
Lügenpresse ist ein hartes Wort! Ich denke es wird von den Redakteuren nicht ordentlich recherchiert, sondern die Presseerklärungen ungefiltert übernommen. Die Zermürbungstaktik der Politik scheint aufzugehen. Ich merke selbst an mir, wie Zorn und Aggression zunimmt. Insbesondere aufgrund der stetig wachsenden Ohnmacht diesem Tun Einhalt zu gebieten. Der Leidensdruck der Masse der Bevölkerung wird durch die Salamitaktik auf einem niedrigen Niveau gehalten. Ist eine Verordung erst einmal eingeführt kann seitens der Politik ganz unmerklich daran geschraubt werden. Beispiel Kontoauskunftabfragen der Steuerbehörden etc.
Ich bestehe nicht auf diesem Begriff, aber welchen sollte man nehmen, wenn die Presse ihre Arbeit gerade bei einem so kritischen Thema nicht macht? Es ist doch nichts neues, daß bei Datenschutz, TTIP, Gentechnik, Fracking und anderen Themen, die größtenteils zu Lasten der Bürger gehen, seitens der Poltiiker und politischen Institutionen mit einer unglaublichen Schönfärberei gearbeitet wird, sodaß es nicht reicht, die Äußerungen unreflektiert weiterzugeben.
Wie kommt es zu dieser völlig abweichenden Einschätzung von jener des verbraucherpolitisch keineswegs unbeschlagenen Abgeordneten und Juristen Jan Albrecht? http://www.dw.de/albrecht-eu-datenschutzverordnung-ist-gute-grundlage/a-18518612
Anmerkung zu dem Bild: Es handelt sich hier um die Flagge des Europarat. http://www.coe.int/de/ Dies ist keine Organisation der EU; eine Verbindung zu der EU und der EU-Datenschutzreform besteht nicht
hast natürlich recht. ist gefixt.
„Ich fühle mich durch diesen positiven Schritt in Richtung verbesserter und harmonisierter Datenschutzregeln bestärkt. Datenschutz bildet das Herzstück des digitalen Binnenmarkts; und die Grundlage, um Europa dabei zu unterstützen, innovative digitale Dienstleistungen wie Big Data und Cloud Computing besser zu nutzen“, , sagte Kommissionsvizepräsident Andrus Ansip, zuständig für den digitalen Binnenmarkt. http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/13408_de.htm
Das zeigt einmal mehr, das es sich bei der Institution EU um eine reine Wirtschaftsunion handelt. Und nicht um eine solidarische Gemeinschaft, wie Amtsträger aus Brüssel oder Berlin, uns bei zahlreichen Talkrunden und Interviews weis machen wollen. „Die Europäische Idee“ jedenfalls wurde zu gunsten des „Marktes“ und zulasten des gemeinsamen Miteinander und der Völkerverständigung, verkauft.
Hallo Anna, das Council of Europe in Strasbourg (https://en.wikipedia.org/wiki/Council_of_Europe) hat mit dem European Council (https://en.wikipedia.org/wiki/European_council) nichts zu tun. So hier auch von charlyM erläutert. Ist aber ein gern gemachter Fehler, erst kürzlich in der FAZ gesehen.