Neuer BerichtFreiheit im Netz nimmt beständig ab

Deutschland folgt dem globalen Trend von weniger Freiheiten im Netz. Insgesamt verschlechtert sich dieses Jahr die Lage in 27 Ländern. Das zeigt der aktuelle „Freedom on the Net“-Report.

Landkarte mit bunten Ländern auf dunkelblauem Hintergrund.
Weniger grün gefärbte Länder bedeuten weniger Freiheit. – Alle Rechte vorbehalten Freedom House

Der „Freedom on the Net“-Bericht wird einmal jährlich von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Freedom House herausgegeben. Auch der diesjährige setzt die Tradition der vorausgegangenen Berichte fort. Zum 15. Mal in Folge zieht das Freedom House eine negative Bilanz, wenn es um Zugangsbeschränkungen, Limitationen für Inhalte und Verstöße gegen Nutzerrechte im Internet geht.

Anhand dieser drei Kategorien bewertet das Freedom-House-Team mit externen Fachleuten 72 Länder, in denen 89 Prozent aller Internet-Nutzer*innen leben. Die NGO nutzt dafür einen Fragenkatalog, der Themen wie staatliche Zensur oder die für den Zugang zum Internet nötige Infrastruktur abdeckt. Jedes Land bekommt so einen Wert zwischen 1 und 100 zugeordnet. Damit entsteht auch ein Gesamteindruck der globalen Lage der Freiheit des Internets.

Um die globale Lage steht es laut Bericht schlecht: Den 27 Ländern mit Punktverlusten stehen nur 17 mit Verbesserungen gegenüber. Auch Deutschland büßte drei Punkte ein. Vermehrtes Vorgehen von Politikern gegen Memes und Kritik im Netz, Einschüchterung von Journalist*innen durch Rechtsextreme und Cyberangriffe aus Russland spielten hier laut Freedom House eine Rolle.

Kritik und Zukunftsvisionen

Auch die USA verloren drei Punkte im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings liegt der durch den Bericht untersuchte Zeitraum zwischen Juni 2024 und Mai 2025. Die Untersuchung schließt also nur die ersten vier Monate der zweiten Amtszeit von Donald Trump ein.

Freedom House erhielt bis zur Aussetzung der US-Auslandshilfen finanzielle Unterstützung vom US-amerikanischen Staat. Weitere Unterstützer von Freedom House sind das niederländische Außenministerium und Google. Freedom House betont allerdings seine Unabhängigkeit gegenüber Weisungen von Spendern.

Um die Freiheit des Internets wieder zu stärken, spricht die Organisation sich für eine Zusammenarbeit zwischen Gesetzgebern, Unternehmen und Akteuren aus der Zivilgesellschaft aus. Eine große Chance für den erleichterten Zugang zum Internet sieht Freedom House in satellitenbasierten Internetdienstleistern. Eine mögliche Altersverifikation online und ähnliche Maßnahmen, die Anonymität im Netz abbauen, lehnt die NGO hingegen ab. Zwischen Chancen und negativen Entwicklungen bleibt für Freedom House aber eins klar:

Die Faktoren, die zur Verbesserung der Internetfreiheit führen, sind von Land zu Land unterschiedlich, jedoch ist unabhängiger zivilgesellschaftlicher Aktivismus ein konstanter Motor für Veränderung und der Förderung der Achtung der Menschenrechte.

Noch 296.489 Euro für digitale Freiheitsrechte.

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7 Ergänzungen

  1. Der weitaus größte Faktor, der die Freiheit im Netz einschränkt, wird hier nicht erwähnt:

    Die Kommerzialisierung des Internets.

    Nichts dagegen Geld zu verdienen. Doch Google, Meta (und die „sozialen“ Netzwerke) , Cloudflare, in weiten Teilen Radaktionen und Medien, Amazon und inzwischen sogar die nutzlos wiederkäuende KI, haben das Netz befallen wie ein Pilz. Zusammen mit der EU-Kommission (und Rat), sowie den Regierungen mit ihrer Überwachungswut, vernichten sie das freie Internet.

    Ob ich Pferdesättel aus Island verkaufe oder Amazon heiße ist ein gewaltiger Unterschied. Ob ich der Meinung bin „zeig mir wo du klickst und ich sage dir, wer du bist“ oder ob ich kommuniziere, sind zwei vollkommen verschiedene Dinge. Die Methoden von Industrie und Regierungen sind unredlich und übergriffig.

    Bald bleibt mir nur noch die Freiheit abzuschalten.

    1. „Das freie Internet“ ist ein Mythos, den es so zu keinem Zeitpunkt gab. Es war immer nur eine Hoffnung, und was für eine naive. Stets waren Akteure am Werk, die Interessen verfolgten. Das Netz als Mittel zum Zweck. Die stärksten (Provider) haben sich durchgesetzt, die schwächsten (User, Konsumente) werden benutzt und ausgebeutet.

      KI (keine Intelligenz) käut nicht nur wieder, sie halluziniert auch.

      Das ist nicht weniger schlimm, wie bei einem Satz an entscheidender Stelle ein Komma wegzulassen:

      Bald bleibt mir nur noch die Freiheit, abzuschalten.

      Ja, die Freiheit der Nutzungsverweigerung haben wir, und sie wäre richtig mächtig, wenn sich sehr viele Menschen dazu entscheiden könnten. Skalierter Boykott trifft die Profiteure ins Mark, denn sie blieben auf enormen Kosten sitzen.

      Mensch kann das in relevanten Teilbereichen üben und sich selbst resilient machen.
      Schließlich wollen wir alle auch bei lang andauernden Stromausfällen überleben können, oder?

      1. Ach, das freie Internet ist ein Mythos?
        Ich sehe das freie Internet immernoch hier auf netzpolitik.org, in der Nutzung von Linux, in Projekten wie Invidious, in der Nutzung von I2P und Tor und die Freiheit kommerzielle Seiten zu vermeiden und stattdessen unabhängige Blogs zu besuchen.

        Sicherlich ist es verboten, anonym das Internet zu nutzen: Für Mobilfunk oder das WLAN zuhause sind Vodafone, Telekom oder O2 verpflichtend, spätestens im Vertrag hast du deine Seele verkauft. Das WLAN beim Burger King abzapfen nur wenn deine Daten für Werbung und Tracking missbraucht werden dürfen. Das WLAN deines Nachbarn per Pentesting zu testen und zu nutzen bedeutet juristische Konsequenzen, wenn du erwischst wirst. Sollen wir das freie Internet trotzdem aufgeben? Nein! Gerade jetzt müssen wir uns eines aufbauen! Just ist ein entsprechender Artikel in netzpolitik.org aufgetaucht. Einfach mal Lesen, zustimmend abnicken und ran an die Sache!

        1. Du scheinst wenig Ahnung zu haben, was der Begriff Internet bedeutet. So wenig, wie jene bedauernswerte Menschen, die glauben Facebook sei das Internet. Selbst wenn Du über Tor auf netzpolitik.org gehst bedeutet das nicht, es gäbe ein „freies Internet“. Du hast Wahlfreiheit das Internet in der Weise zu benutzen, wie es Dir gefällt, bzw. wie weit Deine Fach-Kenntnisse reichen, aber deswegen ist das Internet längst nicht frei. Vollkommen richtig also, „das freie Internet“ als Mythos zu entlarven.

          1. Und was ist dann ein „freies Internet“? Und wie möchtest du beitragen, ein freies Internet zu standardisieren? Bei diesem Temperament in deinen Posts sehe ich, du willst ein freies Internet haben. Ansonsten können wir es gerne bleiben lassen.

          2. @ Pranee
            > Und was ist dann ein „freies Internet“?

            Etwas, was es nicht gibt, und auch nicht geben kann. Ein untauglicher Begriff wie z.B. „Seele“ oder „Gott“. Damit kann man Utopien und Glaubenssysteme konstruieren und einfach gestrickte Menschen verblöden.

            Warum kann das Internet niemals „frei“ sein?
            Weil es eine Infrastruktur ist, die jemand bauen, warten und bezahlen muss. Das betreiben mächtige Akteure geleitet durch ihre Interessen. Diese bestimmen die Regeln der Internet-Nutzung.

            Von der Infrastruktur ist die Internet-Nutzung der Consumer/User zu unterscheiden. Die dürfen sich Nieschen suchen, soweit sie dazu in der Lage sind, und von den sie annehmen, sie wären mehr oder weniger „frei“. Gefühlte Freiheit bedeutet längst nicht vollkommene Freiheit. Die Grenzen der Freiheit der Internet-Nutzung>/em> sind beschränkt durch Fähigkeiten, unter dem Radar der Überwachung fliegen zu können, ohne eine allzu große Wolke digitaler Spuren zu hinterlassen.

            Ein „freies Internet“ zu fordern ist schon eine arge Beleidigung des Intellekts. Vielfach wird das als kostenloses Internet verstanden, nur um eine weit verbreitete Blödheit zu erwähnen. Anstatt davon zu schwadronieren, wäre es ratsam die dicken Bretter zu bohren, um diesen ahnungslosen Consumern/Usern verlässliche Rechte bei der Internet-Nutzung zu geben. Diese wären detailliert darzulegen, und politisch zu erkämpfen.

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