Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Hausdurchsuchung bei Fabian Kienert, Redakteur bei Radio Dreyeckland, nicht mit der Pressefreiheit vereinbar war. Auch Privaträume unterlägen diesem Schutz, wenn dort Redaktionsmaterial aufbewahrt würde. Und ein tragfähiger Anfangsverdacht, der die Hausdurchsuchung gerechtfertigt hätte, habe nie existiert. Es ist eine Entscheidung, die den Schutz von Redaktionen vor dem Zugriff durch Polizei und Staatsanwaltschaft stärkt.
Kienert sagt: „Ich hoffe, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu beiträgt, dass Polizei und Staatsanwaltschaft weniger leichtfertig mit Grundrechten umgehen.“
Die zugrunde liegende Verfassungsbeschwerde hatte Kienert gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) eingereicht. Verfahrenskoordinator David Werdermann sagt: „Durchsuchungen in Redaktionsräumen und Wohnräumen von Journalist*innen gefährden das Redaktionsgeheimnis und den Quellenschutz. Ein so schwerer Eingriff in die Pressefreiheit kann nicht auf vage Vermutungen gestützt werden.“ Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fiel am 3. November, die Gesellschaft für Freiheitsrechte machte das Urteil heute bekannt.
Hausdurchsuchung wegen eines Links auf linksunten.indymedia.org
Auslöser der Hausdurchsuchung bei Kienert war ein Link. Kienert hatte ihn in einer Meldung auf der Website von Radio Dreyeckland gesetzt. Er schrieb darüber, dass Ermittlungen gegen eine Gruppe von Personen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung im Zusammenhang mit linksunten.indymedia.org eingestellt worden waren. Und er schrieb auch, dass die linksradikale, offene Posting-Plattform unter ihrer Adresse weiter als Archiv einsehbar sei.
Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass Kienert mit dem Link eine kriminelle Vereinigung unterstützt. Das Amtsgericht Karlsruhe erließ einen Durchsuchungsbeschluss, das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte ihn später.
Die Polizei durchsuchte Kienerts Wohnung, die Wohnung des Geschäftsführers von Radio Dreyeckland und betrat auch die Redaktionsräume. Bei Kienert stellte sie Laptop, Handys und zahlreiche USB-Sticks sicher.
Kienert siegt auf ganzer Linie
Vor etwas mehr als einem Jahr wurde Kienerts Freispruch rechtskräftig. Weil die verbotene Vereinigung linksunten.indymedia.org zum Zeitpunkt der Link-Setzung gar nicht mehr existiert habe, hätte Kienert sie mit dem Link auch nicht unterstützen können, so die Argumentation des Gerichts. Zuvor waren bereits die Durchsuchungen der Redaktionsräume und der Wohnung des Geschäftsführers für rechtswidrig erklärt worden.
Und nun folgt die nachträgliche Bewertung, dass auch die Hausdurchsuchung bei Kienert ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit war. Kienert hat auf ganzer Linie gewonnen. Ob das Setzen eines Links generell eine verbotene Unterstützungshandlung sein könnte, wird jedoch auch von diesem Urteil nicht geklärt.

Ich finde es gut, dass nun fünf rechte Richter aus dem Staatsdienst entlassen werden. Beamtensold für Verfassungsbrecher, das wäre auch zu albern.
Angesichts solcher Kommentare braucht man sich über die Beliebtheit des Hufeisens nicht wundern…
Zwei Jahre und zehn Monate dauerte es für Fabian Kienert Recht zu bekommen. Wie viel Stress muss das für ihn gewesen sein.
und wie immer wird es keinerlei Konsequenzen für die Akteure geben….🤢
Kienert sagt: „Ich hoffe, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu beiträgt, dass Polizei und Staatsanwaltschaft weniger leichtfertig mit Grundrechten umgehen.“
Ich bin davon überzeugt, dass die zuständige Staatsanwaltschaft sich sehr wohl bewusst war, dass ihr Handeln nicht durch geltendes Recht gedeckt war. Man hat es trotzdem getan, und es war keineswegs leichtfertige Dümmlichkeit, sondern ein ein gezielt gesetzter Akt, politisch motiviert, mit beabsichtigter Symbolwirkung gegen eine unliebsame politische Szene. Also vorsätzliche politische Boshaftigkeit von staatlicher Seite.
Ich habe wenig Hoffnung, dass weisungsgebundene Staatsanwaltschaften daraus „lernen“ wollen. Es ist zu vermuten, dass es sich um eine Gesinnungsclique handelt, die sich staatlicher Organe bedient. Das war kein Einzelfall, sondern dort gibt es eine unrühmliche Historie, die mal gründlich personell aufgearbeitet gehört.
„sieg auf ganzer Linie“ wenn es für die Verantwortlichen Strafen oder eine Amtsenthebung gäbe. Aber immerhin ist die Ehre wieder hergestellt.
Na endlich. Danke für die Berichterstattung.
(Echt komisch, dass es das BVG braucht um sowas offensichtliches festzustellen. Ich hätte schwören können, Pressefreiheit und Quellenschutz stünde im Grundgesetz)
das ist ja alles recht erfreulich, aber was passiert jetzt weiter? wie wird eine wiederhohlung verhindert? gibt es strafen für die verantwortlichen? klare handlungsanweisungen?
Konsequenzen wären noch nett. Gewinnt der nächste dann im Eilverfahren?
Ohne Auswirkung für die staatlichen Akteure – bleibt es leider gefühlt wie in einer Bananenrepublik.
Das Staatsanwaltschaften weisungsgebunden agieren lässt zum Einen hier tief blicken (wer zog denn da an den Fäden der Marionetten?) – und zum Anderen wird das ja seit Jahrzehnten kritisiert, dass dies in anderen Ländern, die als freiheitlich gelten, nicht so gehandhabt wird.
Aber welcher Politiker möchte sich schon Mittel aus der Hand nehmen lassen…